Repräsentantenhaus billigt erweiterte Antisemitismusdefinition
Propalästinensische Protestler an der Columbia-University in New York am Dienstag
Angesichts der propalästinensischen Proteste an amerikanischen Universitäten hat das Repräsentantenhaus am Mittwoch eine umstrittene Resolution verabschiedet, welche die Definition von Antisemitismus erweitert. Die Einbringung der Resolution des Republikaners Michael Lawler wurde von 61 Abgeordneten, darunter 15 Demokraten, unterstützt. Angenommen wurde sie mit einer Mehrheit von 320 zu 91 Stimmen. 133 Demokraten, also die Mehrheit der Fraktion, stimmten für sie.
Jerry Nadler, Jamie Raskin und Dan Goldman, drei proisraelische Demokraten, die selbst jüdischer Herkunft sind, kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung die Resolution hingegen als „jüngsten, unseriösen Versuch der Republikaner, den Schmerz des jüdischen Volkes und das ernste Problem des Antisemitismus als politische Waffe einzusetzen, um auf billige Weise zu punkten“.
Der Entwurf sieht vor, dass das Bildungsministerium sich künftig an der Antisemitismus-Definition der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken (IHRA) orientiert. Danach ist Antisemitismus „eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen“.
Es sei auch eine Form von Antisemitismus, dem jüdischen Volk das Recht auf Selbstbestimmung abzuerkennen, etwa „durch die Behauptung, die Existenz des Staates Israel sei ein rassistisches Unterfangen“, heißt es in der Erläuterung der Definition der IHRA. Dies zielt auf die – von vielen Demonstranten für sich beanspruchte – Unterscheidung zwischen Antizionismus und Antisemitismus. Kritiker betrachten das als Wortklauberei, welche die wahren Motive verdecken soll. Sollte der Entwurf auch vom Senat gebilligt und von Präsident Joe Biden unterzeichnet werden, würde die Definition in den „Civil Rights Act“ von 1964 aufgenommen, welche Diskriminierung aufgrund von ethnischer und nationaler Herkunft verbietet.
Sie würde auch „Doppelmoral“ beinhalten beziehungsweise Versuche, Israel und andere demokratische Staaten an zweierlei Maß zu messen, und Vergleiche zu ziehen zwischen der gegenwärtigen israelischen Politik und jener der Nazis. Schilder mit der Aufschrift „Intifada“, die einen Aufstand gegen Israel fordern und gegenwärtig an amerikanischen Universitäten zu sehen sind, würden demnach als antisemitisch eingestuft, woraufhin das Bildungsministerium der Universität Bundesmittel entziehen könnte, wenn deren Leitung derartiges Verhalten der Studenten nicht sanktioniert.
Der Abgeordnete Nadler, der sich seit Jahrzehnten für die Bekämpfung von Antisemitismus engagiert, sieht in der weiten Auslegung des Antisemitismus-Begriffes eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Auch die Bürgerrechtsorganisation ACLU sieht das Grundrecht in Gefahr. Nadlers Fraktionskollege Josh Gottheimer wies das zurück: Kritik an Israel sei weiterhin erlaubt. Nicht aber Aufrufe, den Staat Israel zu vernichten.