Rallye-Fahrer nach jahrzehntelanger Pause
Thomas Lang aus Perch fährt wieder
Rallye-Fahrer nach jahrzehntelanger Pause
Ein Rallye-Team: Thomas Lang (r.) aus Percha fährt mit seinem BMW 325i aus dem Jahr 1991 wieder Rallyes. Beifahrer ist Tobias Ringlstetter aus Baierbrunn. Beide starten für die Scuderia Magra München.
Thomas Lang (62) aus Percha hat nach längerer Pause wieder mit einem Sport angefangen, den man bei Menschen dieser Altersgruppe eher weniger erwartet – er fährt Rallyes. Das ist alles andere, als nur schnell fahren, sondern eine Frage der genauen Vorbereitung und der Kommunikation.
Percha – Thomas Lang ist bekannt wie ein bunter Hund, nicht nur in Percha. Der langjährige Feuerwehrkommandant und Reifenexperte des Vertrauens für viele Autofahrer in Starnberg und Umgebung kann sich nach mehreren Jahren Pause nicht nur wegen Corona wieder „seinem“ Sport widmen, dem Rallyesport. Am vorigen Wochenende war er bei der Rallye Fränkisches Weinland in Hammelburg. Mit reinem Schnellfahren über Stock und Stein hat das allerdings nichts zu tun.
Lang hat die Liebe zum Rallyesport vom Vater geerbt, der in Gauting ein Autohaus betrieb. Vater Lang fuhr Rallyes, Slaloms und Bergrennen. Sohn Lang fuhr seine erste Rallye 1980, wenige Tage nach der bestandenen Fahrprüfung, mit einem Opel Ascona A. Davor hatte er schon mehrfach bei Orientierungsfahrten auf dem Beifahrersitz gesessen, seit er 16 war. Bis Mitte der 1980er-Jahre fuhr Thomas Lang selbst, danach war Pause wegen Ausbildung, Arbeit und Familie. Erst 2019 setzte er sich wieder ans Steuer – für genau eine Rallye. Dann kam Corona, und Lang musste sich zu allem Überfluss auch am Fuß operieren lassen.
Seit vorigem Jahr ist er wieder fit und fährt. Im Februar 2023 kaufte er sich einen BMW 325i Baujahr 1991 mit Heckantrieb – der könnte auch schon das H für Oldtimer im Kennzeichen haben. Etwa 200 PS bringt der Wagen auf die Straße, ist aber nicht groß umgebaut. Denn: Lang und sein Beifahrer Tobias Ringlstetter (27) aus Baierbrunn starten für die Scuderia Magra München in der Klasse NC 7 für seriennahe Fahrzeuge. „Da darf man nichts verändern“, erklärt Lang. Im Prinzip. Umgebaut ist der feuerwehrrote BMW natürlich schon – er hat stärkere Bremsen, Scheiben mit Splitterschutz, einen Überrollkäfig, Sechs-Punkt-Gurte, einen zentralen Ausschalter für alle Systeme, ein sogenanntes Hans-System. Das kennt man aus vielen Motorsportarten, auch aus der Formel 1. Was das ist? Eine Stütze für Kopf und Halswirbelsäule. Sicherheit wird sowieso großgeschrieben: Die Fahrer tragen feuerfeste Kleidung (auch Unterwäsche), moderne Helme – alles wird vom Motorsport-Weltverband FIA geregelt.
Seriennahes Fahrzeug mit hoher Sicherheit
Während es in der Region praktisch keine Motorsportveranstaltungen gibt, ist das in Niederbayern anders. Dort waren Lang und Ringlstetter zuletzt am Start, genauer: in Tiefenbach. Es waren nur wenige Fahrzeuge aus Langs Klasse gemeldet, weswegen er gegen Fahrer der nächsthöheren Klasse antreten musste. „Gegen die machst du nichts“, räumt er ein. Im Vergleich zu anderen Fahrern seiner Klasse schnitt er gut ab, insgesamt wurde er Fünfter. „Damit bin ich zufrieden.“ Die Rallye hat Lang ausnehmend gut gefallen. „Das war top aufgezogen.“
Wie läuft so eine Rallye ab? Am ersten Tag, in der Regel ein Samstag, werden alle Fahrzeuge inklusive Sicherheitsausstattung technisch abgenommen. Danach fahren die Teilnehmer die Strecke ab. In der Regel werden die Straßen und Wege nur am Renntag gesperrt, im Vorfeld reihen sich die Rallyepiloten in den normalen Verkehr ein und schauen sich jede Kurve und jede Kuppe genau an. Aufgabe des Beifahrers ist dabei, den Streckenverlauf der Wertungsprüfungen genau aufzuschreiben. Eine Rallye für Lang besteht aus mehreren Teilen: Meist sind sie rund 200 Kilometer lang, etwa ein Drittel davon sind die Wertungsprüfungen. Auf der normalen Strecke müssen die Piloten eine Soll-Zeit einhalten – zu schnelles Fahren auf öffentlichen, nicht gesperrten Straßen wird geahndet, und das ordentlich. Nur die Wertungsprüfungen sind das, was die Älteren noch von Walter Röhrl kennen: Auf gesperrten Strecken wird so schnell gefahren wie möglich, also auf Bestzeit.
Und genau für die ist der Beifahrer entscheidend. Denn: Er gibt dem Fahrer in Stichworten den Streckenverlauf an. Beispiel: Es geht auf einer Strecke 80 Meter geradeaus, dann kommt eine Linkskurve. Die Ansage: „80 links 5“. 80 für die Geradeausstrecke, links für die Kurve, 5 für die Einstufung derselben. 1 wäre eine Kehre, 5 ist eine Kurve, die sich mit Vollgas fahren lässt. Es gibt auch Kommandos wie „lang lang“ für eine sehr lang gezogene Kurve oder „Kuppe links 5“. Heißt: Hinter der nächsten Kuppe kommt eine gemäßigte Linkskurve.
Die Rolle des Beifahrers
Der Beifahrer, sagt Lang, muss zudem immer wissen, wo auf der Strecke das Team gerade ist und das mit seinen Aufzeichnungen vergleichen. Zwei Kurven im Voraus würden angesagt, doch halte das jeder Fahrer ein wenig anders. „Das macht jeder, wie er es haben will“, erklärt der Perchaer. Das Tempo sagt der Beifahrer nicht an, das ist Sache des Piloten. Es gibt auch Ansagen wie zum Beispiel „rollt“, wenn der Untergrund aus Kies ist, was selten vorkommt. Meist führen die Wertungsprüfungen über asphaltierte Straßen. Alles in allem eine Kunst. Denn auf den Wertungsprüfungen fahren die Piloten schon mal mit nicht zur Nachahmung empfohlenen Geschwindigkeiten von 160 km/h.
Eine der ersten: 1980 fuhr Thomas Lang erste Rallyes – wenige Tage nach der Führerscheinprüfung.
Nächster Termin im Kalender ist nun die Rallye Fränkisches Weinland in Hammelburg. Das Fahrzeug wird mit einem Transporter hingebracht, den einer der Sponsoren des Lang-Teams, seine Arbeitgeber Michael Mignoli und Martin Harabin mit ihrer in Starnberg ansässigen Firma MM Alles fürs Auto GmbH zur Verfügung stellt, zweiter Sponsor ist BDC Hofmaiers Beschriftungs & Druckzentrum. In Hammelburg allerdings fährt Lang mit einem anderen Beifahrer, einem erst 19-Jährigen. Heuer will er noch in Labertal fahren, in Grabfeld und zumindest den Rallye-Sprint in Deggendorf im Herbst. Tobias Ringlstetter und er sind vor drei Jahren über den Club ein Team geworden. Die Scuderia Magra ist einer der ältesten Clubs in Bayern und einer der fahrerreichsten im Bereich des ADAC Südbayern. Der Vorsitzende könnte zur Not zu Fuß zu seinem Rallyefahrer Lang gehen: Es ist Michael Stock aus Farchach.
Und warum das Ganze? „Ich bin damit aufgewachsen“, sagt Thomas Lang. Und wie Walter Röhrl schon sagte: Rallyefahren sei die höchste Form des Autofahrens – unter anderem wegen der hohen Anforderungen, den laufend neuen Situationen und dem blinden Vertrauen in den Beifahrer. „Das ist das Faszinierende am Rallyesport.“