Protectas-Mitarbeiter sollen Minderjährige misshandelt haben
Im Bundesasylzentrum Les Rochat stehen Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Protectas unter Verdacht, jugendliche Asylbewerber misshandelt zu haben.
Im Kanton Waadt wird zurzeit der Fall von sechs minderjährigen Migranten untersucht, die im Bundesasylzentrum Les Rochat in der Gemeinde Provence durch Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Protectas misshandelt worden sein sollen. Zwischen März und Mai 2023 haben die zwischen 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen, darunter unbegleitete Minderjährige, schwere Vorwürfe wie Körperverletzung, Nötigung und Amtsmissbrauch gegen mehrere Sicherheitsbeamte erhoben.
Die Klagen beinhalten Berichte über physische Übergriffe wie Armverriegelungen, Bodenwürfe, Einsatz von Pfefferspray sowie unrechtmässige Inhaftierungen. Die Staatsanwaltschaft des Bezirks Nordwaadt hat die Ermittlungen aufgenommen, während die beschuldigten Sicherheitskräfte ihre Unschuld beteuern. Sowohl das Staatssekretariat für Migration (SEM) als auch die Firma Protectas haben sich zu den Anschuldigungen bisher nicht geäussert, wie Radio Télévision Suisse RTS berichtet.
Die Vorwürfe sind schwerwiegend
Die betroffenen Minderjährigen berichten von Vorfällen, bei denen Sicherheitskräfte übermässige Gewalt angewendet haben sollen. In einem Fall sei ein junger Afghane von drei Sicherheitsbeamten zu Boden gerissen und dort festgehalten worden, ohne dass zuvor ein Versuch zur Deeskalation unternommen worden sei.
Laut SEM-Richtlinien sind solche Massnahmen nur in Fällen «unmittelbarer Gefahr» und als «Ausnahmefälle» zulässig. Weiterhin wird berichtet, dass einige der Jugendlichen gewaltsam in einen Raum gebracht worden seien, der laut SEM für die isolierte Unterbringung von stark alkoholisierten oder aggressiven Personen vorgesehen ist und nicht als Strafmassnahme dienen sollte. Die Beschwerdeführer berichten weiter, dass dieser Raum abgeschlossen worden sei, obwohl das SEM in einem E-Mail-Austausch mit dem RTS betonte, dass die Tür zu solchen Räumen jederzeit offen bleiben sollte.
Sicherheitskräfte klagen gegen Beschwerdeführer
Die Situation im Bundesasylzentrum Les Rochat hat weiterhin für Aufsehen gesorgt, da die Beschwerden der Minderjährigen die Befolgung der internen Vorschriften des SEM und der Bestimmungen der Kinderschutzkonvention in Frage stellen. Die Anwältin Milena Peeva, die zwei der sechs Beschwerdeführer vertritt, bekräftigte, dass die Handlungen der Sicherheitskräfte eine Verletzung grundlegender Rechte darstellen.
Während die juristische Prüfung der Vorfälle weiterläuft, bleibt die Reaktion von SEM und Protectas auf die Vorwürfe aus. Die Vertreter der Sicherheitsfirma weisen laut RTS die Anschuldigungen zurück und behaupten, dass «verhältnismässige Gewalt» angewandt worden sei. Auch stehen weitere rechtliche Schritte aus, da drei Sicherheitskräfte Anzeige gegen einen der Beschwerdeführer wegen Bedrohung und Beleidigung erstattet haben.