Pilot-Gehalt: Wie viel Gehalt zahlen Lufthansa und Eurowings?
Nach langem Ringen ist nun der letzte Tarifkonflikt mit Piloten der Lufthansa-Gruppe gelöst: mit dem Cockpit-Personal des Ablegers Eurowings. Ein Vergleich zeigt die deutlichen Unterschiede beim Pilotengehalt.
Eine Sorge konnte Carsten Spohr den Lufthansa-Aktionären bei der Hauptversammlung im Mai nehmen. Das Personal wird den Flugbetrieb nicht mehr so schnell mit Streiks lahmlegen. „Die Tarifabschlüsse, die wir abgeschlossen haben, laufen lange – zwei Jahre, manche auch drei Jahre und noch länger“, versicherte der Lufthansa-Chef.
Als Letztes einigten sich Anfang Mai die Verhandler von Eurowings und der Vereinigung Cockpit (VC) über die Bezahlung der Piloten für den Ableger Eurowings. Damit ist eine Streikwelle beendet, wie sie Europas größte Luftfahrtgruppe bisher noch nicht erlebt hat. Seit Jahresbeginn hatten sich die verschiedenen Beschäftigtengruppen mit ihren Arbeitskämpfen abgelöst. Die Kosten der Ausstände bezifferte Spohr auf Nachfrage von Aktionären auf 350 Millionen Euro allein im ersten Quartal und wahrscheinlich weitere 100 Millionen Euro im laufenden Vierteljahr.
Dabei sind diese Einmalkosten nur eine Folge der Tarifkonflikte. Eine andere sind dauerhaft steigende Personalkosten – auch bei den Piloten. Lufthansa zahlt dem Cockpitpersonal im Schnitt gute Gehälter. Doch es gibt gravierende Unterschiede. Das zeigt ein Vergleich der Pilotengehälter der Premiummarke Lufthansa und des Ablegers Eurowings.
So hoch ist das Pilot-Gehalt bei Lufthansa und Eurowings aktuell
Nach Angaben des Unternehmens steigt ein First Officer bei der Kernmarke Lufthansa mit einem Fixgehalt von 88.600 Euro im Jahr ein. Als Kapitän in der höchsten Senioritätsstufe – sie drückt die Zahl der aktiven Einsatzjahre aus – können sogar bis zu 281.300 Euro drin sein. Damit zählt diese Berufsgruppe zu den Spitzenverdienern – im Konzern selbst, aber auch jenseits von Lufthansa.
Dazu kommen Zulagen und Dinge wie zum Beispiel eine Gewinnbeteiligung, sofern die Airline profitabel ist. Laut den Daten des Portals Pilotjobnetworks kann das Gehalt eines Kapitäns nach 30 Jahren mit allen Zulagen auch schon mal die Schwelle von 300.000 Euro pro Jahr überschreiten.
Zum Vergleich: Eurowings-Piloten starten nach Angaben des Unternehmens als First Officer mit rund 70.200 Euro, immerhin fast 20.000 Euro weniger als bei Lufthansa. Auf höheren Karrierestufen wächst der Gehaltsunterschied zu den Kapitänen der Kranich-Airline weiter.
Ein Kapitän kann bei Eurowings beim Fixgehalt auf maximal knapp 202.300 Euro kommen – und damit rund 80.000 Euro weniger als beim Mutterkonzern. Auch hier gilt: Zulagen sind nicht berücksichtigt. Beispielsweise können Eurowings-Piloten ihr Gehalt durch Geld für Mehrflugstunden oder Zulagen etwa für Ausbilder aufbessern.
Was beeinflusst das Pilot-Gehalt bei Eurowings und Lufthansa?
Generell hängen Pilotengehälter von mehreren Faktoren ab. Da ist einmal das Flugzeug, das sie fliegen. Und da ist die Zahl der Berufsjahre – die schon erwähnte sogenannte Seniorität. Auch die Zahl der monatlich geflogenen Blockstunden spielt manchmal eine Rolle. Damit ist die Zeit zwischen dem Entfernen des Bremsschuhs vor dem Losrollen am Startflughafen und dem Anlegen dieses Schuhs am Ziel gemeint.
Alle diese Faktoren erschweren den Gehaltsvergleich zwischen Lufthansa und Eurowings grundsätzlich. So sind bei der Konzernmutter bei den Gehaltsangaben auch Langstreckenpiloten enthalten, die in der Regel besser verdienen als ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Kurzstrecke. Eurowings fliegt hingegen nur Kurz- und Mittelstrecke.
Hinzu kommt: Einige Zahlen in den Gehaltstabellen sind eher theoretisch. So kann auf dem Papier ein First Officer mit 30 Dienstjahren bei Lufthansa mit 234.447 Euro mehr verdienen als ein Kapitän mit weniger Dienstjahren. Tatsächlich erreicht ein First Officer diese Dienstzeit aber nicht, er ist dann längst vom rechten auf den linken Pilotensitz gewechselt – den des Kapitäns.
Es gibt bei den Piloten der Lufthansa-Gruppe eine Zweiklassengesellschaft.
Dennoch findet Gerald Wissel vom Luftfahrtberatungsunternehmen Airborne Consulting in Hamburg: „Es gibt bei den Piloten der Lufthansa-Gruppe eine Zweiklassengesellschaft.“ Das beginne beim Geld und ende bei Extrazulagen.
Lufthansa-Piloten mit weiter vielen Sonderrechten gegenüber Eurowings
So war eine Zeit lang für die Piloten der Kernmarke Lufthansa eine Mindestflottengröße festgelegt. Sie lag bei 325 Jets. In der Pandemie hat das Management diese sogenannte Perspektivvereinbarung allerdings einseitig gekündigt. Sie war insofern für die Piloten wichtig, weil Co-Piloten auf ihrem Weg zum Kapitän viel fliegen konnten, eine recht sichere Karriereplanung hatten und Gehaltssprünge einkalkulieren konnten.
Zwar konnte die Lufthansa-Führung mit der Pilotenvertretung VC im vergangenen Jahr einen lang laufenden Tarifabschluss erreichen. Doch eine neue Perspektivvereinbarung und damit eine Mindestgröße für die Flotte der Kernmarke gibt es bisher nicht.
Dem Lufthansa-Management sind die Gehälter der Kernmarke auf der Kurzstrecke schon seit Längerem zu hoch. Gleichzeitig braucht sie diese Flüge aber, denn es handelt sich um Zubringer nach Frankfurt und München, um dort die Langstreckenflugzeuge zu füllen.
Deshalb sollen diese Flüge in Kürze von der neuen Tochter Lufthansa City übernommen werden. Die startet zunächst in München, später dann auch in Frankfurt. Die neue Fluggesellschaft soll 40 Airbus A220-300 erhalten, eine Option für weitere 20 Jets ist unterschrieben. Passagiere sollen den Wechsel nicht spüren, die Flugzeuge bieten innen das Gleiche wie die Kernmarke. Aber die Kosten sollen niedriger sein – unter anderem weil das fliegende Personal anders bezahlt wird.
Experten wie Wissel räumen durchaus ein, dass die Piloten der Kernmarke seit einigen Jahren ihrerseits auf Privilegien verzichten mussten. „Die Einstiegsgehälter von Piloten bei Lufthansa sind heute niedriger als noch vor zehn Jahren. Auch wurden einige Privilegien gestrichen oder eingeschränkt, etwa das vergünstigte private Fliegen.“
Experte zu Unterschieden bei Pilot-Gehalt: „Raus aus dem Tarif-Wirrwarr“
Hinzu käme zum einen, dass es immer schwieriger für die Piloten werde, auf ihren Einsatzplan Einfluss zu nehmen, das sogenannte Requesten. „Zum anderen kommen immer mehr administrative Aufgaben neben dem eigentlichen Fliegen hinzu, sodass daher auch ein Teil des aktuellen Frustes kommt“, so Wissel.
Dennoch hätten die Piloten der Kernmarke noch viele Sonderrechte, die immer wieder für Neid innerhalb der Gruppe sorgten. Für Wissel steht daher fest: „Lufthansa muss aus diesem Tarif-Wirrwarr raus.“
Niemandem solle etwas weggenommen werden, aber mittelfristig brauche das Unternehmen attraktive, verständliche und transparente Tarifregelungen. „Wir werden in Zukunft einen engen Arbeitsmarkt haben. Da ist Chancengleichheit für die Neuen umso wichtiger.“
Erstpublikation: 05.08.2022, 10:09 Uhr, (zuletzt aktualisiert: 08.05.2024,12:15 Uhr)