Neue Anti-West-Achse? Russland und Putins Verbündete treffen sich immer öfter
Schoigu in Astana umtriebig
Neue Anti-West-Achse? Russland und Putins Verbündete treffen sich immer öfter
Sergei Schoigu (l.) schüttelt Dong Jun die Hand, Wladimir Putin (r.) hebt die Hand
Mit dem Westen will Wladimir Putin nichts mehr zu tun haben. Dennoch weiß der russische Präsident zahlreiche Verbündete an seiner Seite.
Moskau – Um Wladimir Putin und sein Russland ist es einsam geworden. Das betonen westliche Politiker wiederholt im Zuge des vom Kreml-Chefs befohlenen Ukraine-Kriegs. Doch hinter diesen Einlassungen steckt offensichtlich mehr Wunsch als Wahrheit. Denn der Machthaber in Moskau hat auch abseits der Landesgrenzen noch zahlreiche Verbündete. Wie sich immer wieder offenbart.
Putin und seine Verbündeten: Engere Zusammenarbeit mit China, Iran & Co. gegen den Westen?
Die Vereinigung der BRICS-Staaten, deren Vorsitz Putin aktuell innehat, wurde zuletzt um vier auf neun Länder erweitert. Auf dem afrikanischen Kontinent weitet Russland seinen Einfluss bereits seit Jahren aus, nicht zuletzt dank der Wagner-Söldner.
Nun berichtet das Institute for the Study of War (ISW) von einer zunehmenden Zahl von Treffen zwischen russischen Funktionären und ihren Partnern aus China, dem Iran, Nordkorea und Belarus. Mindestens zehn bilaterale Meetings auf hoher Ebene hätten zwischen diesen Staaten allein zwischen dem 22. und 26. April stattgefunden. Im Vordergrund stand demnach, das Miteinander zu intensivieren, um gemeinsam dem Westen entgegenzutreten.
„Auch wenn die Details und Ergebnisse dieser Meetings nicht bekannt sind, ist ihre steigende Zahl bemerkenswert und unterstreicht die zunehmende Bereitschaft der Gruppe, ihre militärische und politische Zusammenarbeit im Wettbewerb mit dem Westen öffentlich zur Schau zu stellen“, schreibt die US-Denkfabrik.
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Putin und der Ukraine-Krieg: Tod und Zerstörung scheinen Kreml-Chef kaum zu schaden
Formiert sich in diesen Tagen also eine neue Anti-West-Achse? Zumindest scheint es Putin zu gelingen, wichtige Partner um sich zu scharen. Es hat tatsächlich den Eindruck, als würde es ihm kaum schaden, dass er die Ukraine pausenlos mit Luftangriffen überziehen lässt und Zehntausende in den Tod schickt.
Das ISW erwähnt ein Treffen von Generalmajor Waleri Rewenko, Leiter der Abteilung für internationale militärische Zusammenarbeit im belarussischen Verteidigungsministerium, am 22. April in Minsk mit Mehdi Jafari, dem stellvertretenden iranischen Verteidigungsminister und Rektor der Malek-Ashtar-Universität der Technologie. Wie die belarussische Nachrichtenagentur BeITA unter Berufung auf das Verteidigungsministerium berichtete, ging es in den Gesprächen um einen Austausch im Bereich der Militärwissenschaft und -bildung.
Einen Tag darauf besuchte eine nordkoreanische Delegation unter Führung von Yun Jong, dem Minister für außenwirtschaftliche Beziehungen, den Iran.
Nikolai Patruschew (l.) und Michail Bogdanow
Russland und die Nähe zu China: Moskau und Peking erörtern engere Verzahnung
Um eine engere Zusammenarbeit der Geheimdienste ging es ebenfalls am 23. April in St. Petersburg, wo sich Russlands Sicherheitsstaatssekretär Nikolai Patruschew und Chen Wenqing, Mitglied des Politbüros der Kommunistischen Partei Chinas, am Rande eines internationalen Sicherheitstreffens austauschten. Laut der russischen Zeitung Iswestija einigten sich beide Seiten darauf, die Koordinierung auf internationaler Ebene zu stärken.
Nur einen Tag nach diesem Treffen kam Patruschew mit Ali Akbar Ahmadian zusammen, dem Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrates des Iran. Die russische Nachrichtenagentur Tass zitierte den Pressedienst des russischen Sicherheitsrates, wonach eine Absichtserklärung unterzeichnet worden sei. Zudem wurden demnach Fragen einer Kooperation im Bereich der Sicherheit erörtert.
Moskau hatte nach dem Anschlag auf die Crocus City Hall im März mit mindestens 144 Toten viel Kritik einstecken müssen. So sollen die Warnungen von US-Geheimdiensten nicht ernst genommen worden sein, zudem gelang den Angreifern zunächst unbehelligt die Flucht vom Ort der Bluttat, ehe Sicherheitskräfte ein Auto viele Kilometer entfernt stoppten und die mutmaßlichen Täter festnahmen.
Schoigu reist nach Astana: Internationale Sicherheit und Zusammenarbeit der Verteidigung
Am 26. April besprachen laut Tass Michail Bogdanow, Sonderbeauftragter des russischen Präsidenten für den Nahen Osten und afrikanische Länder und stellvertretender Außenminister, und Ali Bagheri Qani, Irans stellvertretender Außenminister für politische Angelegenheiten, die erneute Eskalation in Nahost. Weiteres Thema war die Herbeiführung eines „umfassenden und nachhaltigen Friedens in Syrien sowie andere relevante regionale Fragen“.
Auch Sergei Schoigu war an jenem Freitag damit beschäftigt, für Moskau wichtige Hände zu schütteln. Wie das Verteidigungsministerium via Telegram informierte, reiste der wegen der Misserfolge im Ukraine-Krieg zumindest außerhalb des Kreml schwer in die Kritik geratene 68-Jährige zu einem Treffen der Verteidigungsminister der Mitgliedsstaaten der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) in die kasachische Hauptstadt Astana. Dabei gehe es um „Fragen der internationalen und regionalen Sicherheit und die weitere Zusammenarbeit der Verteidigungsabteilungen“.
Bei diesem Termin kam Schoigu auch mit Chinas Verteidigungsminister Dong Jun zusammen, dabei habe er das „beispiellose“ Niveau der Beziehungen zwischen beiden Ländern betont. Gegenüber dem iranischen Verteidigungsminister Mohammed Reza Ashtiani habe er unterstrichen, dass Russland bereit sei, die militärische und militärisch-technische Kooperation auszubauen. Bekannt ist unter anderem, dass Teheran Drohnen für Putins Ukraine-Krieg liefert.
Sergei Schoigu (l.) lächelt Wiktar Chrenin an
Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit: Beim Treffen geht es auch ums Militär
Der Iran nahm erstmals an einem SOZ-Treffen teil, nachdem er erst im vergangenen Jahr als neuntes Mitglied aufgenommen worden war. Zuvor waren 2017 bereits Indien und Pakistan in die Runde eingeführt worden, als Gründungsmitglieder gelten China, Kasachstan, Kirgisistan, Russland, Tadschikistan – allesamt einst zuvor in der Vorgängerorganisation Shanghai Five verbündet – sowie Usbekistan.
Auch Dong und Ashtiani versicherten sich demnach, bezüglich Verteidigung und Militär noch enger zusammenzurücken. Wie das belarussische Verteidigungsministerium auf Telegram dokumentierte, tauschte sich auch Generalleutnant Wiktar Chrenin mit seinen Amtskollegen aus China und dem Iran aus.
Schoigu erörterte laut seinem Ministerium eine engere militärische Zusammenarbeit auch mit seinem kasachischen Kollegen Baktybek Bekbolotow. Es wurden demnach Vereinbarungen über einen Informationsaustausch und eine „Interaktion im Bereich des chemischen und biologischen Schutzes“ getroffen.
Russland und seine Verbündeten rücken also enger zusammen. Ähnlich, wie es die westlichen Staaten auch für sich propagieren. Wie harmonisch die Gespräche in beiden Lagern tatsächlich ausfallen, bleibt mutmaßlich im Geheimen. Ob sie Früchte tragen, wird sich in der Zukunft zeigen müssen. (mg)