Nach Mekka-Pilgerreise: Bürgergeld-Empfänger müssen 22.600 Euro an Jobcenter zurückzahlen
Gerichtsurteil
Nach Mekka-Pilgerreise: Bürgergeld-Empfänger müssen 22.600 Euro an Jobcenter zurückzahlen
Wer vom Jobcenter unterstützt wird, kann in begrenztem Maß dennoch Geldgeschenke annehmen. Ein Fall in Berlin zeigte nun, wo die Grenzen liegen.
Berlin – Wer Bürgergeld empfängt, kommt in der Regel ohne den staatlichen Zuschuss nicht über die Runden. Auch ein Ex-Fußball-Millionär wurde zum Bürgergeld-Empfänger. Eine Familie aus Berlin bezog von Juni 2018 bis Dezember 2019 ebenfalls Bürgergeld, muss nach einem Gerichtsurteil aber nun über 20.000 Euro an das Jobcenter zurückzahlen. In dem Fall spielte eine Pilgerreise nach Mekka eine entscheidende Rolle.
Nach Mekka-Pilgerreise und Geldgeschenk: Bürgergeld-Empfänger müssen 22.600 Euro an Jobcenter zurückzahlen
Die Familie war zunächst vor Gericht gezogen. Sie wollte sich gegen die Entscheidung wehren, dass ein teures Geldgeschenk für eine Pilger-Reise nach Mekka als Einkommen auf das Bürgergeld angerechnet wird. Doch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg blieb hart und kam zu dem Urteil: Die Familie muss knapp 22.600 Euro an das Jobcenter zurückzahlen. Das teilte ein Gerichtssprecher am Donnerstag (25. April) mit.
Der Betrag setzt sich aus Leistungen zusammen, die das Ehepaar und dessen Kind von Mitte 2018 bis Ende 2019 erhalten hatte – obwohl sie in dieser Zeit 62.250 Euro von einer Nachbarin geschenkt bekommen hatten. Noch ist das Urteil allerdings nicht rechtskräftig (Az.: L 18 AS 684/22). Eine Revision wurde nicht zugelassen. Die unterlegenen Kläger hat aber noch die Möglichkeit, beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision zu beantragen.
Bildmontage: Links umrunden Muslime die heilige Kaaba, rechts steht eine Frau vor einer Informationstafel im Eingangsbereich der Jugendberufsagentur Berlin
Das Jobcenter hatte laut Angaben des Gerichts zunächst keine Ahnung von dem hohen Geldgeschenk der Nachbarin an die Familie. Erst im Rahmen von Ermittlungen wegen Betruges gegen das Ehepaar wurde die Zahlung entdeckt. Da sie deutlich über der freien Geschenksumme von 16.500 Euro lag, verlangte das Jobcenter Leistungen zurück. Mit der Begründung, die Familie sei damals nicht hilfebedürftig gewesen. Dagegen klagten die Betroffenen und führten an, es habe sich um eine zweckgebundene Zahlung gehandelt. Das Geld hätten sie als Dank dafür erhalten, dass sie sich um die pflegebedürftige Nachbarin gekümmert hätten. Sie habe ihnen damit den langgehegten Wunsch, nach Mekka zu reisen, ermöglichen wollen.
Bürgergeld-Empfänger wollen 55.600 bar bezahlt haben – und konnten keine Quittungen vorweisen
Doch das Sozialgericht Berlin und auch die Berufungsinstanz ließen die Argumente der Familie nicht gelten. Die Richter bemängelten unter anderem, dass es keinerlei Belege für die hohen Kosten der Pilgerreise gebe und die Kläger sämtliche Zahlungen in bar beglichen haben wollten. Es widerspreche der Lebenserfahrung, eine Flugreise mit Kosten von mehr als 5000 Euro in bar zu bezahlen, hieß es. Laut der Familie habe die Pilgerreise nach Mekka insgesamt etwa 55.600 Euro gekostet. Allerdings sei alles bar bezahlt worden, Quittungen konnte die Familie nicht vorlegen.
In einer Mitteilung zur Urteilsbegründung hieß es zudem, dass „Bezieher von Bürgergeld grundsätzlich verpflichtet seien, im Rahmen der Selbsthilfe jegliche Einnahmen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zu verwenden“. Zwar könne „in Fällen, in denen – wie hier – eine Geldzuwendung mit einem objektivierbaren Zweck verknüpft sei“, diese genehmigt werden. Dennoch „seien auch solche Geldzuwendungen nicht in unbegrenzter Höhe privilegiert“, so das Gericht weiter.
Indes gilt: Wer zu Unrecht Bürgergeld bekommen hat, muss ab einem gewissen Zeitpunkt das Geld nicht mehr zurückzahlen. Derweil gab eine Bürgergeld-Empfängerin kürzlich an, sie habe die „Erhöhung nicht benötigt“. (kh mit dpa)