Medienforscher Kaltenbrunner: „Wir sind nach Ungarn abgebogen“
Medienforscher Kaltenbrunner: „Wir sind nach Ungarn abgebogen“
Noch nie war die Pressefreiheit in Österreich so eingeschränkt wie im Jahr 2023. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls der gemeinnützige Verein Reporter ohne Grenzen (RSF, reporters sans frontièrs) mit dem jährlichen Pressefreiheits-Index. Im Jahr 2023 verschlechterte sich Österreich um drei Plätze – auf Rang 32. Im Vorjahr lag Österreich auf Platz 29, davor auf Platz 31 – allenfalls im „zufriedenstellenden“ Bereich laut dem Index.
Der Index nimmt Rücksicht auf den politischen Kontext in den Ländern, bewertet aber auch, wie sicher es für Journalisten und Journalistinnen ist, ihre Arbeit auszuüben. Zum Absturz auf Platz 32 haben laut RSF-Präsident Österreich Fritz Hausjell eine Reihe an „hausgemachten“ Ursachen geführt: „Eine zunehmend besser funktionierende Justiz leuchtet hochproblematisch enge Verhältnisse und mutmaßlich korruptive Vorgänge zwischen der Regierungspartei ÖVP und etlichen großen Medien noch deutlicher aus. Zugleich machen ÖVP und FPÖ verstärkt Druck auf kritischen Journalismus, indem einzelne Journalist:innen als vermeintliche Aktivist:innen öffentlich angegriffen werden.“
Weiters lasse sich die „regierende Medienpolitik“ (Hausjell meint unter Medienministerin Susanne Raab, ÖVP, Anm.) zu viel Zeit bei der Stärkung der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen ORF. Auch der Verfassungsgerichtshof kam zum Schluss, dass die Besetzung der Gremien im ORF zu regierungsnahe sei.
Besonders schlecht schneidet Österreich bei der finanziellen Lage der Medien ab. Die Branche ist von Kündigungswellen und anderen Sparmaßnahmen geprägt. Im Vorjahr wurde mit der „Wiener Zeitung“ die älteste noch in Druckform erscheinende Tageszeitung eingestellt. Vor allem junge Journalist:innen beklagen prekäre Anstellungsverhältnisse und unsichere Zukunftsaussichten im Journalismus.
Sind die Medien noch zu retten? profil lud den renommierten Medienforscher Andy Kaltenbrunner zu einem Gespräch. Im Interview erklärt er, was die Herausforderungen sind und warum es eine doppelt so hohe Medienförderung braucht.