„Ländliche Räume nicht Mob überlassen“: Göring-Eckardt kritisiert nach Blockade ihres Dienstwagens Polizei scharf
Die Sicherheitskräfte müssten sich dringend Gedanken machen, wie sie politische Veranstaltungen schützen, sagt die Bundestagsvizepräsidentin. Pöbler hatten sie nach einem Termin bedrängt.
Vizepräsidentin des Bundestags: Katrin Göring-Eckardt (Grüne)
Demonstranten hatten das Auto von Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) nach einer Partei-Veranstaltung in Lunow-Stolzenhagen im Oderbruch in Brandenburg bedrängt und an der Abfahrt gehindert. Göring-Eckardt kritisiert nun das Verhalten der Polizei scharf und fordert mehr Schutz für politische Veranstaltungen in ländlichen Regionen.
„Die Landespolizeien müssen sich dringend Gedanken darüber machen, wie sie politische Veranstaltungen auf dem Land absichern, und sich auf einheitliche Kriterien verständigen, welche Standards sie dabei eigentlich anwenden“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Dieser Vorfall war ja keine Ausnahme.“
Göring-Eckardt verwies auf die Blockade einer Fähre in Schlüttsiel (Schleswig-Holstein), auf der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck saß, Angriffe am Rande einer Veranstaltung in Biberach (Baden-Württemberg) mit der Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie ähnliche Ereignisse in den letzten Tagen.
Verstärkung kam erst wieder, als wir eingekesselt wurden und eine Dreiviertelstunde lang nicht wegkonnten.
Katrin Göring-Eckardt, Bundestagsvizepräsidentin (Grüne)
„Das kann unser Rechtsstaat nicht hinnehmen“, betonte die Grünen-Politikerin. „Deshalb muss bei der Polizei jetzt ein anderes Bewusstsein her. Demonstrations- und Meinungsfreiheit sind genauso zu gewährleisten wie die ordnungsgemäße Durchführung politischer Veranstaltungen und der Schutz von politisch Engagierten. Wir können die ländlichen Räume nicht einem Mob überlassen.“
Die örtliche Polizei habe gewusst, dass die Veranstaltung in Lunow-Stolzenhagen mit ihr und einer örtlichen Kandidatin für die bevorstehende Kreistagswahl stattfinde, so Göring-Eckardt. Sie habe auch gewusst, dass eine Gegendemo angemeldet worden war. Zudem habe im Ort ein Plakat gehangen mit der Aufschrift: „Lieber ein Ort im Grünen als ein Grüner im Ort.“ Die Polizei hätte also entsprechend vorbereitet sein können.
Tatsächlich sei unmittelbar vor der Veranstaltung ein Einsatzleiter der Polizei mit einer Handvoll Kollegen dagewesen – zum Ende der Veranstaltung jedoch nur noch zwei, die allein gar nichts hätten ausrichten können. „Verstärkung kam erst wieder, als wir eingekesselt wurden und eine Dreiviertelstunde lang nicht wegkonnten“, so die Bundestagsvizepräsidentin.
„Alkoholisierte Pöbler standen vor unserem Fahrzeug, in dem ich saß, hielten uns auf, fuchtelten mit Bierflaschen herum. Ich bin ein unerschrockener Mensch, aber ich hatte Sorge um die anderen um mich herum.“ Zwar habe die übergroße Mehrheit der rund 100 Anwesenden zuhören wollen, doch eine laute Minderheit von knapp 50 Personen habe die Mehrheit übertönt. Nach der Veranstaltung hätten zirka 15 Personen die Redner bedrängt.
Zuvor hatte ihr Büro mitgeteilt, dass das Auto mit Göring-Eckardt und ihrem Fahrer an der Abfahrt gehindert worden sei: „Mehrere Personen schlugen dabei in aggressiver Stimmung auf das Fahrzeug.“ Nach Angaben der Polizei wurde in Lunow-Stolzenhagen gegen zwei 19 und 26 Jahre alte Männer eine Anzeige wegen Nötigung aufgenommen. Medienberichten zufolge ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Männer.
Innerhalb eines Tages waren am Wochenende Berichten zufolge an vier Orten in Sachsen Grüne attackiert worden, die Wahlplakate klebten.
In Brandenburg, Sachsen und Thüringen finden in diesem Jahr Landtagswahlen statt. Am 9. Juni sind die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zudem zur Europa-Wahl aufgerufen. (lem)