EuGH: Kopftuch kann verboten werden
In Deutschland wehrte sich eine muslimische Informatikerin gegen die Nichtzulassung zum Schuldienst und war erfolgreich vor dem Bundesarbeitsgericht.
Eine öffentliche Verwaltung kann Kopftücher verbieten, um Neutralität herzustellen. Das hat am Dienstag der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) entschieden. Eine Frau aus Belgien war gegen solch ein Gesetz vor das Arbeitsgericht Lüttich gezogen, das sich seinerseits mit einer Vorlagefrage an den EuGH gewandt hat.
Die Frau arbeitet in der Gemeinde Ans als Büroleiterin, überwiegend ohne Publikumskontakt. Nach fünf Jahren äußerte sie den Wunsch, während der Arbeit ein Kopftuch zu tragen. Die Gemeinde verbot es ihr und änderte auch ihre Arbeitsordnung. Allen Arbeitnehmern ist es seitdem untersagt, auffällige Zeichen ideologischer oder religiöser Zugehörigkeit zu tragen.
Mitgliedstaaten verfügen laut EuGH über „Wertungsspielraum“
Am Dienstag stellte der EuGH klar, dass eine „Politik der strikten Neutralität“ in der öffentlichen Verwaltung gerechtfertigt sein könne – Gleiches gelte aber auch für eine gegenteilige Entscheidung. Eine öffentliche Verwaltung könne sich auch dafür entscheiden, religiöse Zeichen „allgemein und undifferenziert“ zu erlauben. Die Mitgliedstaaten verfügten hier über einen „Wertungsspielraum“.
In Deutschland ringt momentan vor allem Berlin um den richtigen Umgang mit religiösen Symbolen. Seit 2005 gilt dort ein Neutralitätsgesetz, das Lehrern, Richtern und Polizisten sichtbare religiöse oder weltanschauliche Zeichen pauschal verbietet. Eine muslimische Informatikerin, die ihr Kopftuch im Unterricht nicht ablegen wollte, wurde deshalb 2017 nicht zum Schuldienst zugelassen, wehrte sich dagegen aber erfolgreich vor dem Bundesarbeitsgericht.
Dessen Richter verwiesen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die auch Berlin berücksichtigen müsse. Karlsruhe hat pauschale Kopftuchverbote für Lehrerinnen schon 2015 verworfen. Bei Rechtsreferendarinnen wiegt das Neutralitätsgebot aus Sicht der Verfassungsrichter dagegen schwerer. Was daraus für das Berlin Neutralitätsgesetz folgt, ist nach wie vor ungewiss.