Jeden Monat braucht es 14 neue Klassen – der Familiennachzug von Flüchtlingen überfordert die Schulen in Wien

jeden monat braucht es 14 neue klassen – der familiennachzug von flüchtlingen überfordert die schulen in wien

An den Primarschulen in Wien sind zwei Drittel der Kinder nichtdeutscher Muttersprache, und manche Flüchtlingskinder besuchten zuvor noch gar nie eine Schule. ; Georges Schneider / Imago

Gleich zwei seriöse österreichische Medien bemühten in den vergangenen Wochen in grossen Lettern das berühmteste Zitat der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. «Schaffen wir das noch?», fragten sowohl die Zeitung «Der Standard» wie das Magazin «Profil» über ausführlichen Recherchen zur prekären Situation an den Schulen in Wien.

Schon seit vielen Jahren kennt die österreichische Hauptstadt die Herausforderung, dass eine Mehrheit der Primarschüler eine andere Muttersprache als Deutsch hat und dem Unterricht teilweise nur ungenügend folgen kann. In den vergangenen Monaten hat sich die Situation aber zugespitzt: Nachdem in den vergangenen zwei Jahren rund 4000 Kinder aus der Ukraine im Wiener Schulsystem aufgenommen worden sind, kommen derzeit Tausende weitere über den Familiennachzug von anerkannten Flüchtlingen dazu – hauptsächlich aus Syrien.

Im ganzen Land werden Lehrerinnen und Lehrer gesucht

Einer der Gründe ist ein pandemiebedingter Rückstau von Visumsanträgen bei den Botschaften, die nun abgearbeitet werden. Ein anderer, dass für vorläufig Aufgenommene eine dreijährige Wartefrist für den Familiennachzug gilt, die nun für viele abgelaufen ist. Von den rund 7000 Asylanträgen im ersten Quartal dieses Jahres wurden mehr als die Hälfte (3649) von Minderjährigen gestellt. Auch der Anteil von Frauen ist gegenüber dem Vorjahr stark angestiegen.

Betroffen davon ist vor allem Wien, weil es einen Grossteil der Flüchtlinge spätestens nach Abschluss ihres Asylverfahrens in die Hauptstadt zieht. Für die Schulen heisst das, dass derzeit jeden Monat rund 350 Kinder und Jugendliche zusätzlich aufgenommen werden müssen – das entspricht 14 ganzen Schulklassen. Gleichzeitig werden im ganzen Land verzweifelt Lehrerinnen und Lehrer gesucht, weil die Generation der Babyboomer in Pension geht.

Die hohen Zahlen sind dabei nur ein Teil des Problems. Viele der neu ankommenden Kinder lebten in den vergangenen Jahren in Flüchtlingslagern und sind teilweise selbst in ihrer Muttersprache nicht alphabetisiert, hatten kein geordnetes Leben und leiden an Traumata. Sie müssen nicht nur Deutsch lernen, sondern auch Fähigkeiten wie den Umgang mit Stiften oder Scheren, die hierzulande spätestens Kindergartenkindern beigebracht werden.

Gegenüber dem ORF-Radio berichtete dieser Tage die Direktorin einer Mittelschule in Wien Simmering, dass sie jede Woche zwei oder drei neue Schülerinnen und Schüler erhalte. Es gebe pro Klasse rund fünfzehn verschiedene Sprachniveaus und Kinder ebenso vieler Nationen an der Schule. An den Wiener Primarschulen sprachen im Schuljahr 2022/23 fast zwei Drittel der Kinder im Alltag nicht Deutsch, während es österreichweit nur ein Drittel ist. 36 Prozent der Erstklässler in der Hauptstadt werden sogar als ausserordentliche Schüler geführt, das heisst, sie sprechen so schlecht Deutsch, dass sie dem Unterricht nicht folgen können. Betroffen sind bei weitem nicht nur die Neuzuzüger: Die grosse Mehrheit dieser Kinder ist hier geboren und besuchte bereits den Kindergarten.

Für besonderes Aufsehen sorgte ein sozialdemokratischer Lehrergewerkschafter, der gegenüber dem «Standard» sagte, man könne die Kinder kaum noch befähigen, einmal jenes Reservoir an Fachkräften zu stellen, das dringend benötigt würde. In ein paar Jahren werde das Problem noch viel grösser sein. Ihm falle nichts ein, was einen optimistischen Blick in die Zukunft erlaube.

Dabei ist es nicht so, dass die Politik tatenlos blieb. Das Bildungsministerium hat das Personal für psychosoziale Unterstützung an Schulen stark ausgebaut, und in Wien wurden achtwöchige Orientierungsklassen eingeführt für Kinder mit wenig oder keiner Schulerfahrung. Der zuständige Stadtrat plant zudem für das kommende Schuljahr mobile «Containerklassen» an fünf Standorten in Wien, die allerdings auf viel Widerstand stossen.

75 Prozent der arbeitslosen Schutzberechtigten leben in Wien

Das ist allerdings primär Symptombekämpfung. Sinnvoller wäre, dass nicht alle anerkannten Flüchtlinge nach Wien ziehen – zum einen, weil gerade schulpflichtige Kinder grundsätzlich eine leicht integrierbare Gruppe wären, sofern sie die nötige Aufmerksamkeit der Lehrkräfte bekommen. Zum anderen, weil Wien landesweit die höchste Arbeitslosenquote verzeichnet, während etwa in den Tourismusregionen von Tirol und Salzburg Betriebe mangels Personal ihr Angebot reduzieren müssen. Dort wäre man um stellensuchende Flüchtlinge froh, doch 75 Prozent aller beim Arbeitsamt (AMS) gemeldeten Asyl- und Schutzberechtigten leben in Wien.

Dass die Metropole besondere Anziehungskraft auf Migranten hat, ist logisch. Sie ist die einzige Grossstadt des Landes, die Anonymität verspricht grössere Akzeptanz, Flüchtlinge finden bereits grosse Communitys, und die Unterstützungsangebote sind im seit Jahrzehnten links regierten Wien grösser. Hier rühmte sich die Politik in den letzten Jahren auch ihrer Willkommenskultur, doch kürzlich hat das städtische Parlament mit Unterstützung des sozialdemokratischen Bürgermeisters Michael Ludwig eine unverbindliche Resolution für eine sogenannte Residenzpflicht für Flüchtlinge beschlossen. Eine solche Auflage für den Wohnsitz soll die Hauptstadt entlasten.

jeden monat braucht es 14 neue klassen – der familiennachzug von flüchtlingen überfordert die schulen in wien

Migranten zieht es traditionell in die Anonymität der Grossstadt, und in Österreich ist Wien die einzige. Aufnahme aus Wien Favoriten. ; Alex Halada / Imago

Rechtlich ist die Forderung indes heikel: Asylsuchende werden zwar für die Dauer des Verfahrens einem Bundesland zugewiesen, nach der Anerkennung geniessen sie aber wie Inländer Niederlassungsfreiheit. Europarechtlich ist eine Wohnsitzauflage für Schutzberechtigte auch nur zulässig, wenn sie die Integration fördert. Der AMS-Chef Johannes Kopf schlägt deshalb eine Vereinbarung der Bundesländer vor, dass Flüchtlingen für eine bestimmte Dauer die Sozialhilfe nur dort ausbezahlt wird, wo auch ihr Asylverfahren durchgeführt wurde.

Die Bundesregierung lehnt solche Überlegungen aber ab: Der grüne Sozialminister will stattdessen eine landesweite Vereinheitlichung der Sozialhilfe und leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt. Die konservative Integrationsministerin verlangt dagegen von Wien, die Unterstützungsleistungen zu reduzieren. Tatsächlich erhalten vorläufig Aufgenommene nur in Wien und Tirol die volle Sozialhilfe – das betrifft jedoch Syrerinnen und Syrer nicht, die in den allermeisten Fällen als Flüchtlinge anerkannt werden.

Eine Entlastung Wiens ist damit unrealistisch. Die ÖVP, die in sechs der neun Bundesländer die Regierungen führt, hat kein Interesse daran, Flüchtlinge aus Wien zu übernehmen. Und selbst in der SPÖ ist eine bessere Verteilung ausserhalb Wiens unerwünscht – zumal in einem Wahljahr. So werden in der Hauptstadt wohl vorläufig weitere «Containerklassen» eröffnet, während im Westen des Landes Restaurants an manchen Tagen wegen Personalmangel schliessen müssen.

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