Israel-Gaza-Krieg: Israel startet Evakuierung von Rafah
Die Menschen im Flüchtlingslager von Rafah sollen einem Medienbericht zufolge in Zeltstädte gebracht werden, die die israelische Armee vorbereitet hat. Dort soll es Lazarette und Lebensmittel geben.
Israel-Gaza-Krieg: Israel startet Evakuierung von Rafah
Das israelische Militär hat einem Medienbericht zufolge mit einer Evakuierung palästinensischer Zivilisten aus Rafah begonnen. Die Grenzstadt im Süden des Gazastreifens ist mit Kriegsflüchtlingen überfüllt. Die Evakuierungen konzentrierten sich auf einige Randbezirke von Rafah, von denen aus die Menschen in Zeltstädte in den nahe gelegenen Städten Chan Junis und Al Mawasi am Mittelmeer gebracht werden sollten, berichtet das israelische Armeeradio am Montag.
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»Heute Morgen (…) haben wir mit einem Einsatz von begrenztem Umfang begonnen, um die Bewohner im östlichen Teil von Rafah vorübergehend zu evakuieren«, sagte ein Militärsprecher in einer Online-Pressekonferenz. Der Armee zufolge sind »etwa 100.000 Personen« von der Evakuierung betroffen. Rafah gilt als letzte Bastion der militant-islamistischen Palästinenser-Organisation Hamas im Gazastreifen.
Die dort verblieben Bataillone der islamistischen Terrororganisation Hamas will Israel zerschlagen. Es werden auch Geiseln in der Stadt an der Grenze zu Ägypten vermutet. Indirekte Verhandlungen Israels mit der islamistischen Terrororganisation Hamas in Kairo über eine neue Feuerpause im Gazakrieg und die Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge waren zuvor ohne Ergebnis geblieben.
In Rafah haben mehr als eine Million Palästinenser vor den Kämpfen zwischen der israelischen Armee und den Extremisten Zuflucht gesucht. Sie harren seit Monaten unter immer prekären Bedingungen auf engstem Raum aus. Seit Wochen wird Israel deswegen aus Sorge um zivile Opfer international aufgefordert, auf eine Rafah-Offensive zu verzichten. Israel hatte zur Vorbereitung eines Angriffs Zehntausende Zelte beschafft, um Zivilisten außerhalb von Rafah unterzubringen.
Israelische Medien berichten, die Armee hätte mit dem Abwurf von Flyern begonnen, um die Zivilbevölkerung aus dem Flüchtlingslager zu leiten. Außerdem würden Textnachrichten verschickt und Bewohner telefonisch informiert. Auf X (ehemals Twitter) teilte die israelische Armee mit, die Menschen in Rafah sollten in eine Schutzzone gebracht werden, wo Zelte, Lazarette und Lebensmittel bereitgestellt würden.
Israel will Bodenoffensive offenbar in Etappen durchführen
Vor Kampfeinsätzen in Rafah will Israel die Stadt nach eigenen Angaben zunächst evakuieren. Es wird erwartet, dass dies mehrere Wochen dauern könnte. Die Hamas habe ihre Kämpfer in Rafah auf den Einsatz gegen Israel vorbereitet und sie mit Proviant und Waffen versorgt, hieß es aus Israel dazu. Auch die Zahl der Wächter für die Geiseln ist nach Medienberichten verstärkt worden.
Nach Informationen des »Wall Street Journal« will Israel seine Bodenoffensive in Rafah in Etappen durchführen. Das Blatt schrieb von zwei bis drei Wochen Evakuierung und sechs Wochen Offensive.
Die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazakrieg waren zuletzt wieder ins Stocken geraten. Auch am Wochenende gab es keinen Durchbruch. Die Hamas und die israelische Regierung beharrten auf ihren gegensätzlichen Positionen und warfen sich gegenseitig eine Behinderung der Gespräche vor. Die Hamas erklärte, die jüngste Verhandlungsrunde sei beendet. Man werde nun über das weitere Vorgehen beraten. Die Hamas fordert etwa, dass eine Feuerpause in ein vollständiges Kriegsende münden müsse.
Das lehnt Israel ab. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu bekräftigte, Israel sei bereit, die Kämpfe im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Extremisten pausieren zu lassen. Der Militäreinsatz werde aber erst beendet, wenn die Hamas entmachtet sei.
Auch über die Offensive in Rafah war beraten worden. Ranghohe israelische Geheimdienst- und Militärbeamte waren im vergangenen Monat in Kairo unter anderem mit dem ägyptischen Geheimdienstchef zusammengetroffen, um Israels geplanten Einsatz in Rafah zu besprechen. Zuvor hatte der Vorsitzende des ägyptischen Staatsinformationsdiensts SIS, Diaa Raschwan, noch erklärt, man führe keine Gespräche mit Israel über dessen mögliche Militäroffensive in Rafah. Ägypten lehne Pläne für solch eine Offensive entschieden ab und habe diese Position auch mehrfach klargestellt.
Ägypten befürchtet unter anderem, es könnte bei einem Einsatz Israels in Rafah zu einem Ansturm von Palästinensern über die Grenze kommen. In Rafah liegt der Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten, es ist auch ein wichtiges Tor für humanitäre Hilfslieferungen in den abgeriegelten Küstenstreifen. Heftige Kämpfe in Rafah könnten die Lieferungen von Nahrungsmitteln, Medikamenten und Treibstofff weiter erschweren.