Innovation: Bei welchen Technologien China von Europa abhängig ist
Europa ist in vielen Bereichen auf Produkte aus der Volksrepublik angewiesen. Bei manchen ist es jedoch umgekehrt, wie eine neue Studie zeigt.
Seltene Erden, Elektronikprodukte – in vielen Bereichen ist Europa auf Lieferungen aus China angewiesen. Doch dass es umgekehrt auch zahlreiche Abhängigkeiten der Volksrepublik von europäischen Produkten gibt, zeigt eine am Dienstag veröffentlichte umfassende Studie des europäischen Forschungskonsortiums Digital Power China (DPC).
Die Forscher haben analysiert, bei welchen Technologien Europa gegenüber China besser aufgestellt ist – und wie dieser Vorteil erhalten werden kann. Dahinter steckt auch die Idee, die potenziellen Kosten für eine Abkopplung für China von Europa – etwa durch einen Krieg mit Taiwan – möglichst hoch zu halten. „Ziel sollte es sein, dass die europäische Technologie eine unverzichtbare Rolle im chinesischen Technologie-Ökosystem spielt“, heißt es in der Analyse.
Die europäischen Wissenschaftler analysierten für die Studie zunächst die Diskussionen chinesischer Forscher und welche technologischen Schwachstellen Chinas diese selbst identifizieren. Dann untersuchten sie diese Bereiche näher und schauten, wie Europa dabei aufgestellt ist. Das Ergebnis: Technologien, bei denen Europa einen Vorsprung gegenüber der Volksrepublik hat, sind etwa Lithografie-Systeme.
Diese Technologie wird zur Herstellung von Halbleitern gebraucht. Der niederländische Anbieter von Lithografieanlagen, Advanced Semiconductor Materials Lithography (ASML), habe derzeit ein Monopol auf den fortschrittlichsten Bereich der Lithografiewerkzeuge, die EUV-Scanner (Ex‧treme Ultraviolet), heißt es in der Studie. Die Abhängigkeit Chinas von der technologischen Stärke Europas im Lithografieprozess gehe jedoch weit über ASML hinaus und umfasse auch Lieferanten von optischen Systemen, Lasern und vielen weiteren Technologien, die für den Fortschritt in der Lithografie unerlässlich sind.
Ebenfalls weit vorn ist Europa bei Anwendungen von Quantensensorik im Gesundheitswesen. Diese Technologie wird etwa zur Krebsdiagnostik eingesetzt. Die europäischen technologischen Fähigkeiten im Bereich der Quantensensorik seien „viel ausgereifter“ als die chinesischen, heißt es in der Studie. Angesichts dieses „First-Mover-Vorteils“, den Europa insbesondere bei der Kommerzialisierung habe, hätten die Europäische Union und das Vereinigte Königreich eine echte Chance, ihren Vorsprung zu halten.
Europas Vorteil bei 5G und 6G
Damit das gelingt, empfehlen die Forscher die Schärfung verschiedener Instrumente, bei der Quantensensorik etwa Maßnahmen zur Eindämmung von unerwünschten Technologieabflüssen sowie Investitionen in den Erhalt des europäischen Forschungs- und Marktvorsprungs.
Ein weiteres Feld, wo Europa laut der Forscher einen technologischen Vorsprung vor China hat, ist bei der Energieleistung künftiger drahtloser Netze, also etwa 5G oder 6G.
Drahtlose Netze seien das Rückgrat der digitalen Revolution sowohl in Europa als auch in China, heißt es in der Studie. Um ihr wirtschaftliches Potenzial auszuschöpfen, müsse eine rasch wachsende Zahl von Geräten und Sensoren angeschlossen werden. Dieser schnell wachsende Datenverkehr hat zu einem massiven Anstieg des Energiebedarfs von drahtlosen Netzen geführt – wichtig sind daher Lösungen, die weniger Energie verbrauchen.
Europa nähert sich dem Problem auf eine innovative Weise, die chinesische Forscher laut der DCP-Studie noch nicht gut beherrschen: Der technologische Vorsprung Europas könnte den europäischen Anbietern erhebliche Vorteile verschaffen.