Hass und Hetze gegen Lokalpolitiker

hass und hetze gegen lokalpolitiker

«Als Amtsträger muss man heutzutage damit rechnen, dass man auch mal Morddrohungen bekommt», sagt René Wilke (Die Linke), Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder).

Wenn Götz Ulrich in seinem Landratsamt E-Mails und Briefe öffnet, ist er auf Beleidigungen und Bedrohungen schon gefasst. Erst vor wenigen Tagen wurden der CDU-Politiker und seine Verwaltung wieder aufs Übelste mit Stasi-Vorwürfen überzogen und beschimpft. Ulrich hat Strafanzeige gestellt. «Solche Schreiben erhalte ich oft», sagt der Landrat des Burgenlandkreises in Sachsen-Anhalt. Inzwischen kämen die Pöbeleien gegen ihn aus ganz Deutschland.

Ulrich wurde im März bundesweit bekannt, als er sich gegen einen geplanten Demonstrationszug der AfD zu seinem Wohnhaus in Bad Bibra wehrte. Aber die Erfahrung mit Beschimpfungen, Anfeindungen, Bedrohungen und sogar Übergriffen teilen viele, die ein kommunales Amt bekleiden. Rund 22.000 Mandate gibt es nach Angaben des Städte- und Gemeindebunds bundesweit in Kreistagen und Stadträten, knapp 170.000 in Gemeinderäten. In diesem Frühjahr werden Zehntausende dieser Ämter bei Kommunalwahlen in neun Bundesländern neu besetzt. Aber nicht nur Bürokratie und leere Stadtkassen vermiesen die Lust auf Lokalpolitik. Hass und Hetze haben ein Ausmaß erreicht, dass sich viele fragen: Warum soll man sich das antun?

Auch Ehrenamtler angefeindet

Nach neuen Zahlen der Körber-Stiftung gaben 40 Prozent von gut 1500 ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern an, dass sie oder Personen aus ihrem Umfeld schon einmal wegen ihrer Tätigkeit beleidigt, bedroht oder tätlich angegriffen wurden. 28 Prozent der Betroffenen hätten schon darüber nachgedacht, sich aus der Politik zurückzuziehen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beobachtet das seit Jahren mit Sorge und lädt immer wieder Lokalpolitiker ins Schloss Bellevue, um ihnen den Rücken zu stärken, zuletzt vergangene Woche. «Demokratie beginnt vor Ort», sagte Steinmeier da. «Aber Demokratie wird auch vor Ort bedroht. Und wir müssen sie deshalb auch vor Ort verteidigen.»

Der Städte- und Gemeindebund hielt Anfang 2024 in einem Positionspapier fest: «Während einige Kommunalpolitiker*innen den Anfeindungen Stand halten und erst recht weiter machen, trauen sich andere nicht mehr, ihre Meinung frei zu äußern, einige ziehen sich aus ihren Ämtern zurück, andere treten gar nicht mehr an.» Nach einer Erhebung für den Kommunalverband erwog mehr als jeder zehnte von Aggression und Hass Betroffene, sein Amt niederzulegen oder nicht mehr anzutreten. «Die ohnehin anspruchsvollen Ämter werden zunehmend unattraktiver», heißt es in dem Papier.

Landrat will sich nicht ausbremsen lassen

Landrat Ulrich reagierte auf die Demo-Pläne der AfD, die er klar als Einschüchterungsversuch einschätzte, auf seine eigene Weise. Er suchte die Öffentlichkeit und erreichte, dass die Route des Aufzugs geändert wurde – nicht mehr vorbei an seinem Wohnhaus. Der CDU-Politiker will sich nicht ausbremsen lassen. Das Engagement für Andere sei seine Antriebsfeder, sagt der Landrat. Trotz einer «Verrohung des gesellschaftlichen Klimas» würde er jeden dazu ermutigen, sich kommunalpolitisch zu engagieren.

Ein ähnlich flammender Appell kam jüngst vom Ostbeauftragten Carsten Schneider (SPD): «Kann ich Menschen raten, in die Politik zu gehen? Absolut!», sagte Schneider vor einigen Wochen der Deutschen Presse-Agentur und warb dafür, für Kommunalparlamente anzutreten. Zugleich mahnte er mehr Schutz für Lokalpolitiker an. «Es kann nicht sein, dass Menschen politische Ämter aufgeben, weil sie Angst haben», sagte der SPD-Politiker.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nahm den Faden vor einigen Tagen auf und kündigte an: «Wir werden das Melderecht ändern, damit Privatadressen von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern wirksam geschützt sind.» Es sei nicht hinnehmbar, dass Kommunalpolitiker Drohgebärden und Einschüchterungsversuche bis zu ihrer Haustür erleben müssten. In Brandenburg soll im Mai ein Online-Meldeportal der Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität für Amts- und Mandatsträger starten. So sollen Betroffene unkompliziert Strafanzeigen erstatten können, sagt Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU).

Grüne vor AfD als Hass-Ziel Nummer eins 

Nach der Studie für die Böll-Stiftung treffen die Beleidigungen, Bedrohungen und tätlichen Angriffe übrigens Frauen wie Männer und Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in ähnlichem Maße, und zwar sowohl in ost- als auch in westdeutschen Ländern sowie über alle Parteigrenzen hinweg.

Auffällig ist aber ein Trend, den die Bundesregierung jüngst auf eine Kleine Anfrage der AfD im Bundestag offenlegte – nicht speziell zu Kommunalpolitikern, sondern gemünzt auf alle politischen Ebenen: Waren noch 2019 vor allem Vertreter der AfD Ziel von Anfeindungen, so verlagerte sich der Hass vermehrt auf die Grünen. Für die AfD wurden 2023 nach vorläufigen Zahlen bundesweit 478 Fälle aktenkundig, für die Grünen 1219. Für alle Parteien zusammen wurden von 2019 bis 2023 nach Regierungsangaben 10 537 Straftaten gemeldet.

Amt geht an die Substanz

Zurück zu den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern, denen ihr Amt bisweilen an die Substanz geht. Der Oberbürgermeister von Frankfurt an der Oder, René Wilke, erzählte im März bei «Markus Lanz» im ZDF: «Als Amtsträger muss man heutzutage damit rechnen, dass man auch mal Morddrohungen bekommt.» Ihm seien bei einer Diskussionsveranstaltung schon Prügel angedroht worden. Damit nicht genug: «Es gab Leute, die mir Fantasien geschickt haben, wie sich mich mit der Axt zerstückeln.»

In Thüringen verübten Unbekannte im Februar einen Brandanschlag auf das Haus des SPD-Kommunalpolitikers Michael Müller, nachdem er eine Demo gegen Rechtsextremismus organisiert hatte. Verletzt wurde niemand, doch der Schock saß tief. Müller schilderte später, wie ihn das Ereignis noch Tage später prägte. Er sei vorsichtiger und umsichtiger geworden, er habe «Angst um mich und um mein Eigentum», sagte er. Und es mache ihn traurig, dass es inzwischen Mut erfordere, sich in der Politik zu engagieren.

Die Polizei kann nicht jeden schützen

Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer weiß: «All diejenigen, die auf kommunaler Ebene und im ländlichen Raum sich auch politisch engagieren, werden plötzlich zum Ziel von Hass, Hetze, Beleidigungen, Angriffen und Ausgrenzungen.» Die Polizei könne nicht jeden beschützen – man müsse sich als Gesellschaft überlegen, wie man solidarisch sein könne.

Einschüchterung gehöre zur «bekannten Methode im Bereich Rechtsextremismus», sagt Kramer. Durch Angsträume in der Gesellschaft wollten Rechtsextremisten Menschen mit Haltung aus dem aktiven politischen Spektrum drängen. «Wir werden erfahrungsgemäß in diesem Superwahljahr ganz massiv mit diesen Einschüchterungen zu tun haben.» Kommunalwahlen finden am 9. Juni in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, im Saarland, in Sachsen und Sachsen-Anhalt statt. Thüringen wählt bereits am 26. Mai.

Wie viele mögliche Bewerberinnen und Bewerber sich von Feindseligkeit oder bösen Vorahnungen abschrecken lassen und wie viele Plätze auf örtlichen Wahllisten frei bleiben, ist nach Angaben des Städte- und Gemeindebunds nicht erfasst. Die Linke in Sachsen machte sich auf Anfrage die Mühe, ihre Bewerberzahlen für kommunale Ämter zu vergleichen: 2019 waren es noch 2300, in diesem Jahr etwa 1700. Damit steht die Partei nicht allein da. «In Deutschland könnten bald Hunderte Bürgermeisterposten unbesetzt bleiben», mutmaßt das Portal Kommunal.de.

«Wir wurden Nestbeschmutzer genannt»

Einer, der nach Bedrohungen sein Amt niedergelegt hat, ist Markus Nierth. Er trat 2015 als Bürgermeister von Tröglitz in Sachsen-Anhalt zurück, weil er sich von Protesten der rechtsextremen NPD gegen ein Asylbewerberheim bedroht fühlte. «Bei uns war es damals die NPD, die gleichen Nazi-Methoden wendet heute die AfD an, wenn sie beispielsweise am Haus von Landrat Ulrich vorbeiziehen und damit genauso eine Familie bedrohen will», sagt Nierth heute. «Die Maske der AfD ist gefallen.»

Nierth fühlte sich im Stich gelassen von Akteuren vor Ort. «Wir standen ein Dreivierteljahr unter Polizeischutz, wurden Nestbeschmutzer genannt, weil wir Interviews gaben», erinnert er sich. «Aber eben diese Medienöffentlichkeit hat uns letztlich geschützt, nicht die Einwohner.»

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