Feuerpause im Gazastreifen: Ägypten fordert „Flexibilität“ von Hamas und Israel
Rauch steigt nach einem Raketeneinschlag in Rafah auf.
In den Verhandlungen über eine Feuerpause im Gazastreifen und die Freilassung von Geiseln hat das Vermittlerland Ägypten die islamistische Palästinenserorganisation Hamas und Israel aufgefordert, „Flexibilität“ zu zeigen. Der ägyptische Außenminister Samih Schukri sagte nach Angaben seines Ministeriums in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen Antony Blinken, es sei wichtig, die Parteien zu ermahnen, „Flexibilität zu zeigen“.
Es sei außerdem wichtig, dass sie „alle notwendigen Anstrengungen unternehmen“, um eine Vereinbarung über eine Waffenruhe zu erreichen und damit die „humanitäre Tragödie“ im Gazastreifen zu beenden.
In der ägyptischen Hauptstadt Kairo laufen seit einigen Wochen Verhandlungen. Am Donnerstag hatte der den ägyptischen Behörden nahestehende Sender Al-Kahera News unter Berufung auf eine „hochrangige Quelle“ berichtet, dass die Delegationen der Hamas und Israels nach zweitägigen Gesprächen Kairo wieder verlassen hätten. Die Bemühungen der internationalen Vermittler sollten dessen ungeachtet weitergehen.
Die Hamas macht Israel für ein Voranschreiten der Gespräche verantwortlich. Israel habe einen von den Vermittlern vorgelegten Vorschlag, den die Hamas akzeptiert habe, abgelehnt, erklärte die islamistische Organisation am Freitag. Daher „liegt der Ball nun vollständig“ bei Israel.
Die Hamas hatte am Montag erklärt, einem Vorschlag Ägyptens und Katars für eine Feuerpause im Gazastreifen zugestimmt zu haben. Dieser sehe eine dreistufige Feuerpause mit dem Ziel eines dauerhaften Waffenstillstands vor. Jede der drei Phasen würde 42 Tage dauern. Zudem enthalte die Vereinbarung Pläne für einen vollständigen Rückzug Israels aus dem Gazastreifen, die Rückkehr der durch den anhaltenden Krieg vertriebenen Palästinenser sowie einen Austausch von Geiseln und Gefangenen.
Das Büro von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte daraufhin mit, dieser Vorschlag sei „weit von den wesentlichen Forderungen Israels“ entfernt. Am Dienstag erklärte Netanjahu, er habe seine Delegation angewiesen, „weiterhin hartnäckig an den Bedingungen festzuhalten, die für die Freilassung der Geiseln“ notwendig und für die Sicherheit Israels „wesentlich“ seien.
Israel will sich auch durch wachsenden Druck seines engsten Verbündeten USA nicht von seinem Kriegskurs im Gazastreifen abbringen lassen. „Wenn wir für uns alleine stehen müssen, dann werden wir für uns alleine stehen“, sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in einer am Donnerstag veröffentlichten Videobotschaft. Sein Armeesprecher Daniel Hagari sagte, man verfüge über genügend Waffen und Munition, um den Einsatz in der Stadt Rafah fortzusetzen. Die US-Regierung hatte gedroht, Waffenlieferungen im Falle einer großangelegten Invasion in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt einzuschränken. Nun appellierte sie erneut an Israel, von einer umfassenden Bodenoffensive in der an Ägypten grenzenden Stadt im Süden Gazas abzusehen und so auch eine Beschränkung amerikanischer Waffenlieferungen abzuwenden.
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen soll unterdessen an diesem Freitag über eine Stärkung der Rechte der Palästinenser innerhalb des größten UN-Gremiums abstimmen. Der Resolutionsentwurf räumt dem bisherigen Beobachterstaat Palästina eine aktive Teilnahme an den Sitzungen der Vollversammlung ein, gibt ihm aber kein reguläres Stimmrecht. Die Palästinenser wollen sich mit der Beschlussvorlage gleichzeitig weltweiten Rückhalt für eine UN-Vollmitgliedschaft sichern. Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges handelt es sich bei dem Vorstoß in der UN-Vollversammlung mit ihren 193 Mitgliedstaaten in New York auch um ein internationales Stimmungsbild zum Nahostkonflikt. Diplomatinnen und Diplomaten gehen davon aus, dass die Resolution die notwendige Mehrheit von zwei Dritteln aller abgegebenen Stimmen erreicht.