Ebay-Nutzer wollen Nike-Turnschuhe oder Louis-Vuitton-Taschen verkaufen. Doch Betrüger ziehen sie mit gestohlenen Identitäten und simulierten E-Mails über den Tisch
Unbekannte Hintermänner gaben auf Ebay beispielsweise an, sie interessierten sich für eine Tasche von Louis Vuitton. ; Gene J. Puskar / AP
Zwischen Oktober 2020 und April 2021 hat es eine Gruppe von Betrügern mit einigem Aufwand auf Opfer abgesehen, die über Ebay hochpreisige Produkte verkaufen. Der Tatzeitraum liegt also schon etwas zurück.
Das Tatvorgehen ist immer gleich: Unbekannte Hintermänner nehmen über Ebay Kontakt mit Verkäufern in Deutschland auf, die eher teure Produkte wie Schuhe, Taschen oder Mobiltelefone anbieten. Die Betrüger verwenden dabei gestohlene Identitäten, die sie bei anderen Geschäften über das Internet erlangt haben, und geben an, in der Schweiz zu wohnen.
Im Verlaufe der Kommunikation schlagen die Täter eine Lieferung an einen Paketservice an der deutschen Grenze sowie eine Zahlungsabwicklung über ein sogenanntes Käuferschutzverfahren bei der Credit Suisse oder der Postfinance vor. In Tat und Wahrheit existieren solche Käuferschutzverfahren aber weder bei der Credit Suisse noch bei der Postfinance.
Zwei 22-jährige Männer, die beide in Winterthur wohnhaft sind, sind nun mit Strafbefehlen wegen mehrfachen, teilweise versuchten Betrugs als Mittäter zu bedingten Geldstrafen und Bussen verurteilt worden. Sie fungierten als Paketabholer. Beide Strafbefehle sind kürzlich rechtskräftig geworden. Die Hintermänner sind allerdings unbekannt geblieben.
«Gestalterisch hochwertige» E-Mail-Fälschungen
Angegeben wird, dass die Zahlung des Käufers von der ausführenden Bank so lange zurückbehalten werde, bis der Verkäufer die Ware verschickt habe und eine Versandbestätigung vorliege. Die Betrüger kreierten – laut den Strafbefehlen – ein «gestalterisch hochwertiges» E-Mail-Layout mit Logos und entsprechenden gefälschten E-Mail-Adressen. Diese lauteten zum Beispiel auf [email protected].
Als Versandadressen werden den Anbietern immer Adressen eines Paketservices in Konstanz oder Singen angegeben. Dort eröffnen die Betrüger Kunden-Accounts auf die Namen der gestohlenen Identitäten. Die beiden jungen Winterthurer werden gegenüber den Paketdiensten als autorisierte Paketabholer angegeben.
Die Verkäufer bekommen dann die falschen E-Mails, wonach Zahlungen auf dem Käuferschutzkonto der Bank eingegangen seien. Es wird in Aussicht gestellt: «Sobald die Sendungsverfolgungsnummer überprüft wurde, wird das Geld sofort Ihrem Bankkonto gutgeschrieben.» Und es heisst: «Senden Sie die Sendungsverfolgungsnummer nur an unsere Kundenbetreuung unter dieser E-Mail-Adresse.»
Durch die Zusendung der Paketversandbestätigungen der Verkäufer an die E-Mail-Adressen der angeblichen Banken ist die Täterschaft stets über den aktuellen Standort der Pakete informiert. Sobald diese beim Paketservice in Singen oder Konstanz ankommen, werden die Abholer aus Winterthur aktiviert. Geld fliesst gar nie. Die Täter kommen so an die teuren Artikel, ohne dafür zu bezahlen.
Gucci-Taschen und iPhones
In den beiden Strafbefehlen sind verschiedenste Produkte aufgeführt: Nike-Off-White-Air-Jordan-Turnschuhe für 1250 Euro, McQueen-Sneakers für 290 Euro, Prada-Schuhe für 550 Euro, eine Louis-Vuitton-Jacke für 650 Euro, eine Louis-Vuitton-Tasche für 1200 Euro, eine Gucci-Handtasche für 350 Euro, ein Gucci-Cap für 270 Euro, ein iPhone 12 Pro Max für 1230 Euro, ein iPhone 11 für 700 Euro.
Zum Teil bleibt es nur bei Betrugsversuchen, weil die Pakete an der Lieferadresse zurückbehalten werden, nachdem die Verkäufer erkannt haben, dass etwas nicht stimmt.
Der eine 22-jährige Winterthurer wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 30 Franken (4500 Franken) und einer Busse von 900 Franken bestraft. Er muss zusätzlich 1250 Franken Gebühren und Auslagen der Polizei bezahlen. Ihm konnten insgesamt acht Betrugsdelikte oder Versuche dazu nachgewiesen werden.
Sein Komplize, der an weniger Fällen beteiligt war, ist mit einer bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 40 Franken (2400 Franken) und einer Busse von 500 Franken bestraft worden. Hier kommen noch 800 Franken Gebühren dazu.