„Diese Bösartigkeit sollte zeigen: Höcke darf niemals Ministerpräsident werden“

Der Thüringer Co-Chef der Partei Bündnis Sahra Wagenknecht sagt: Die Leute im Freistaat hätten genug von „Stillstand und Unregierbarkeit“. Einer Zusammenarbeit mit der AfD erteilt er eine klare Absage. Steffen Schütz sieht den rechtsextremen Björn Höcke nach dem WELT TV-Duell „entzaubert“.

„diese bösartigkeit sollte zeigen: höcke darf niemals ministerpräsident werden“

Vorstand des Thüringer Landesverbandes des BSW, Steffen Schütz Christian Fischer

Steffen Schütz, 57, führt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen, gemeinsam mit der Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf. Er ist Marketing-Unternehmer und lebt in Erfurt.

WELT: Herr Schütz, Ihr BSW hat in Thüringen zweistellige Umfragewerte – und noch kein Programm. Wie erklären Sie das?

Steffen Schütz: Die Leute haben den Stillstand und die Unregierbarkeit in Thüringen satt. Es fühlt sich an wie eine zweite Wendezeit. Nach dem Mauerfall herrschte Aufbruch, eine Phase voller Hoffnung. Dieser Tage erlebe ich da ein Déjà-vu: Am Mittwoch war Sahra Wagenknecht für eine Buchlesung in der Alten Oper in Erfurt, ein Abend voller Euphorie. Das erfüllt mich mit Demut. Derzeit erarbeiten wir unser Programm. Bis vor vier Monaten war meine Lebensplanung komplett anders. Ich hatte nie vor, in die Politik zu gehen, eine Versorgung durch Ämter hat mich nie interessiert.

WELT: Sondern?

Schütz: Ich erkenne dieses Land nicht wieder. Vieles funktioniert nicht mehr, beispielsweise die Bahn oder das Bildungssystem. Gerade in den ländlichen Teilen Thüringens fühlen die Menschen sich abgehängt, im Stich gelassen. Mich sprechen wildfremde Leute auf der Straße an und drücken ihre Unterstützung aus. Es gibt ein großes Bedürfnis, unsere Demokratie weiterzuentwickeln.

Der Frieden ist im Moment das Wichtigste. Die Leute wollen keine Waffenlieferungen an die Ukraine mehr, sie fürchten sich vor den weiteren Folgen des Kriegs. Und dann sehen sie im Fernsehen, wie die Politik über Cannabis-Freigabe und Drogenprobleme im Görlitzer Park in Kreuzberg diskutiert.

WELT: Sie haben selbst lange in Berlin gelebt und als Unternehmer die Werbekampagnen großer Unternehmen entwickelt – etwa der Berliner Verkehrsbetriebe. Nun führen Sie einen Parteiverband. Wieso?

Schütz: Ich bin in Eisenach aufgewachsen. Mit meiner heutigen Co-Vorsitzenden, der Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, habe ich die Bewerbung für das „Zukunftszentrum Deutsche Einheit“ gestaltet. Das war mein erster wirklicher Kontakt mit der Politik, bis auf wenige Wochen in der SPD. Ansonsten habe beruflich Projekte für Pharmaunternehmen, für Theater oder für das Land Brandenburg gemacht.

Das Interesse am BSW kam Ende vergangenen Jahres, mein Ehemann kümmert sich jetzt maßgeblich um das Unternehmen. Ich habe unsere Kampagne „Klartext für Thüringen“ mitentwickelt, bei der man seine Interessen und Probleme, was einen vom Land bis in die Kommune belastet, an uns weitergeben kann. Über 4500 Bürger haben schon mitgemacht, das fließt in unsere Programmarbeit ein.

„diese bösartigkeit sollte zeigen: höcke darf niemals ministerpräsident werden“

Die Thüringer BSW-Vorsitzenden Steffen Schütz und Katja Wolf kickern in der Erfurter Parteizentrale Christian Fischer

WELT: Wie wird das Programm aussehen?

Schütz: Wir wollen eine politische Lücke füllen. Der linksliberale Mainstream führt zunehmend Debatten, die nur im Prenzlauer Berg in Berlin relevant sind – in Zossen haben die Leute andere Probleme. Die Leute fühlen sich nicht mehr gesehen. Die Migration etwa ist für viele Kommunen eine große Belastung. Darüber müssen wir diskutieren, ohne gleich in die Kategorien „Nazi“ oder „Gutmensch“ einzuteilen. Wir brauchen wieder mehr Vernunft.

WELT: Was heißt das konkret?

Schütz: Unsere 16 Bildungsministerien blicken voller Sorge auf den nächsten Pisa-Report. Das Problem ist bekannt, aber es ändert sich nichts. Die Schulen müssen die Kinder und Jugendlichen wieder aufs Leben vorbereiten. Unsere Unternehmer fragen sich, wieso ihre Azubi-Bewerber ohne ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache aus der Schule kommen. Wie wäre es mit einer verpflichtenden Vorschule? Darüber diskutieren wir derzeit in der Partei.

Es geht uns im Kern aber um ein neues Politikverständnis, statt vor den Wahlen mit großen Versprechen um uns zu werfen. Es sollten viel mehr Experten angehört werden, wir brauchen mehr Vernunft und Wahrhaftigkeit.

WELT: Nur erwarten die Wähler Handfestes vor einer Landtagswahl.

Schütz: Das kriegen sie auch. Mich regt es zum Beispiel auf, dass Renten versteuert werden müssen. Das würde ich gerne ändern. Ein Beispiel, wie wir arbeiten: Katja Wolfs Eltern waren gerade in Budapest, der ÖPNV ist für Rentner dort nahezu kostenlos. Eine tolle Idee. Wenn wir das aber jetzt in Thüringen umsetzen, kommen am nächsten Tag Schüler, dann Azubis, dann Studenten. Alle wollen es kostenlos, und alle haben recht damit.

Wir analysieren ein Problem und sehen eine mögliche Lösung. Hier könnte man mit Expertenkreisen und Fachleuten eine Gegenfinanzierung prüfen. Bei uns gibt es diese Zusammenarbeit schon: Wir haben ehemalige Leute von der FDP, den Grünen, der Linken und viele Parteilose.

WELT: Sahra Wagenknecht, Katja Wolf und viele weitere BSW-Funktionäre waren früher in der Linken. Wieso sind Sie nicht schon dort eingetreten?

Schütz: Die Linke war für mich eine Partei non grata. Ein rotes Tuch, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hätte mir nie vorstellen können, mit Leuten aus der Linken zusammenzuarbeiten oder befreundet zu sein. In Eisenach hatte ich zu DDR-Zeiten große Probleme mit der Stasi. Für mich war die PDS und später die Linke immer die Partei derjenigen, die noch vom Honecker-Staat träumen. Heute sehe ich das etwas differenzierter, auch wegen Leute wie Bodo Ramelow oder Gregor Gysi.

WELT: Der Ministerpräsident warf Ihnen kürzlich vor, keine klare Haltung zur AfD zu haben. Sie hatten bei der ersten Pressekonferenz Ihres Landesverbands die Frage gestellt, wie sinnvoll es ist, Gespräche auszuschließen. Ramelow schrieb: „BSW ist wie eine Sandale – nach allen Seiten offen.“

Schütz: Nicht für blaue Füße. Da wurde in einer Weise interpretiert, in der es nicht gemeint war. Ich habe mich klar von einer Koalition mit der AfD distanziert. Gleich am ersten Tag so missverstanden zu werden, hat mich schwer getroffen. Wer sich in den Sturm stellt, der muss sich wohl auch nicht wundern, wenn dann der Wind da ein bisschen rauer bläst.

WELT: Ihr Parteifreund Andrej Hunko sagte kürzlich, dass er einen inhaltlich unterstützenswerten AfD-Antrag im Bundestag zukünftig nicht mehr ablehne, sondern sich enthalte. Können Sie verstehen, wieso an Ihrer Position gezweifelt wird?

Schütz: Die AfD will die Demokratie auflösen und will einen autoritären Staat. Sie ist also keine normale Partei. Wie wir uns konkret verhalten, müssen wir dann im Landtag diskutieren. Aber eine Zusammenarbeit wird es nicht geben, auch keine Zustimmung zu Anträgen.

WELT: Die AfD steht in Umfragen bei rund 30 Prozent in Thüringen. Am Donnerstag diskutierte der CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt auf WELT TV mit dem rechtsextremen AfD-Kandidaten Björn Höcke. Wie haben Sie die Diskussion erlebt?

Schütz: Respekt an Mario Voigt, dass er sich dieser Diskussion gestellt hat. Ich habe allerdings Themen für Thüringen vermisst. Und bei aller Kritik am Verbrennerverbot: Wir brauchen die EU. Höcke hat sich spätestens jetzt entzaubert. Dass er sich nicht mehr an seine Ausweisungsforderung gegenüber der stellvertretenden Bundestagsvorsitzenden, Aydan Özoğuz (SPD), erinnern wollte, war peinlich und billig. Höcke vertritt eine eiskalte Politik, zu der wir keinerlei Verbindung haben. Diese Bösartigkeit sollte jedem zeigen: Höcke darf niemals Thüringens Ministerpräsident werden.

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