„Die linksautonome Szene ist Geschichte“

Die sogenannte „Revolutionäre 1. Mai-Demonstration“ führte in diesem Jahr mitten durch Neukölln. Vereinzelt brannte Pyrotechnik, insgesamt spricht die Berliner Polizei von einer der friedlichsten Mai-Demonstrationen überhaupt. Für kleinere Spannungen sorgte jedoch der Nahost-Konflikt.

„die linksautonome szene ist geschichte“

Teilnehmer der “Revolutionären 1. Mai-Demonstration” haben zum Teil Pyrotechnik gezündet picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Am Ende steht die Berliner Mai-Demonstration dort, wo sie gestartet ist: auf dem Südstern in Berlin-Kreuzberg. In der Mitte des Platzes erhebt sich die Garnisonkirche im neugotischen Stil. Drumherum auf den Straßen tummeln sich Tausende Menschen und zwischen ihnen immer wieder Polizisten. Die ersten Demonstranten rollen ihre Transparente wieder ein. Eine Frau auf dem Lautsprecherwagen versucht noch einmal die Massen anzuheizen. „Die Bullen“ würden jetzt die Demo „kesseln“.

Ein Paar, eingehüllt in Palästinensertücher, schlendert am Lautsprecherwagen vorbei. Sie schüttelt den Kopf und sagt zu ihm im Vorbeigehen: „Hier ist doch gar kein Kessel.“

Ein paar Meter weiter verlässt eine Gruppe junger Frauen, alle um die 20, die Veranstaltung. Sie haben Glitzer im Gesicht und überlegen, was sie mit dem angebrochenen Abend, kurz nach halb zehn, anfangen können. Eine sagt: „Das hat mir heute so richtige Festival-Vibes gegeben!“ Es sind Szenen, die sinnbildlich für den diesjährigen 1. Mai stehen.

„die linksautonome szene ist geschichte“

Teilnehmer der „Revolutionären 1. Mai-Demonstration“ vor der Kirche am Südstern in Berlin-Kreuzberg Sebastian Gollnow/dpa

Die vom Lautsprecherwagen schallende Rhetorik während der Demonstration wirkt oft martialisch. Doch so recht zum Verlauf der Veranstaltung passen, will sie nicht. „Die linksautonome Szene ist Geschichte“, fasst ein Beamter die Lage zusammen. Heißt. Vorbei scheinen die Tage, an denen sich schwarz vermummte Autonome am 1. Mai stundenlang Straßenschlachten mit der Polizei liefern.

Positive Bilanz der Polizei

Denn Zwischenfälle oder Gewaltausbrüche blieben am Mittwochabend weitestgehend aus. Die Polizei schätzt rund 11.600 Teilnehmer bei der Demo. Die Veranstalter schreiben auf der Onlineplattform X von 25.000 bis 30.000 Demonstranten. Begleitet wurde die Demonstration von einem Großaufgebot der Polizei.

Insgesamt waren in der Stadt über den Tag verteilt mehr als 6000 Beamte im Einsatz, darunter 2400 Kräfte aus anderen Bundesländern und der Bundespolizei. Die Polizei hatte auch Räumfahrzeuge, Wasserwerfer, einen Polizei-Hubschrauber und Lichtmasten zum nächtlichen Ausleuchten der Straßen im Einsatz.

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik zog am Abend dann auch ein positives Fazit. Der 18-Uhr-Protestzug und etwa 20 weiteren Demonstrationen seien friedlich verlaufen. Es habe nur einzelne Störungen und Festnahmen gegeben. Ein großer schwarzer Block sei dieses Mal ebenfalls nicht zu erkennen gewesen, bilanzierte Slowik. Es seien aber viele propalästinensische Demonstranten unterwegs gewesen.

Der Blick auf die Straßen bestätigte den Eindruck. Viele junge Menschen hüllten sich in schwarz-weiß gemusterte Pali-Tücher und trugen sie mal als Kleid, mal als Kopfbedeckung. Immer wieder skandierten sie „Free, free Palestine“. Bei der Mai-Demonstration waren auch viele Palästina-Fahnen und große Anti-Israel-Plakate zu sehen. Unter anderem war darauf zu lesen: „Keine Waffen für Israel“. Polizeisprecherin Anja Dierschke sprach von einer „besonderen Emotionalisierung“ in Verbindung mit dem Nahost-Konflikt. Polizei und Staatsschutz waren mit Dolmetschern vor Ort. Immer wieder kam es auch zu antisemitischen Sprechchören, darunter auch „from the river to the sea“.

Palästina-Fahnen und Sprechchöre

Besonders auf der Sonnenallee war es nach dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober vergangenen Jahres an mehreren Tagen zu antisemitischen Ausschreitungen gekommen. Die Strecke wurde nach Einschätzung der Polizei gezielt gewählt, um einen möglichst großen Zulauf von propalästinensischen Demonstranten zu provozieren.

Der befürchtete Knall – er blieb zumindest am Mittwochabend aus. Und so wirkten die Szenen eher surreal als brenzlig. Etwa kurz bevor der Demonstrationszug in die Neuköllner Sonnenallee einbog. Polizisten setzten ihre Helme auf und marschierten neben den Demonstranten entlang. Zeitgleich waren die Shishabars gut gefüllt. Viele Männer und ein paar Frauen saßen vor Cafés, tranken Tee, aßen Falafel mit Pommes. Ein paar von ihnen schlossen sich der Demonstration an, die meisten jedoch standen nur als Schaulustige am Straßenrand und filmten das Spektakel mit ihren Handys.

Auf einigen Gebäudedächern entlang der Route zündeten Menschen Feuerwerk. Auch in der Demonstration selbst brannten an manchen Stellen bengalische Feuer. Auf einem Balkon hisste ein Anwohner eine Deutschlandfahne. Ein Böller wurde aus dem Demonstrationszug auf den Balkon geschleudert und explodierte dort. Der Bewohner blieb unverletzt.

Einmal flog auch ein Böller quer über die Straße auf die Polizisten. Die sprangen zur Seite. Der Böller detonierte neben einer Gruppe junger Menschen. Einer von ihnen rief: „Sind die bescheuert, die hätten uns treffen können! Warum denn hier?“ Ein Demonstrant filmte die Szenen mit seinem Handy und rief in Richtung der Polizisten: „Ey, danke, dass ihr uns beschützt!“

„die linksautonome szene ist geschichte“

Laut Polizei zogen mehr als 11.000 Menschen vom Südstern nach Neukölln, von wo der Zug im Laufe des Abends wieder zum Ausgangspunkt zurückkehrte picture alliance/dpa/Hannes Albert

Ein paar hundert Meter weiter verteilte ein Mann mittleren Alters Flyer mit Einladungen zu Treffen der „Letzten Generation“ an Demonstranten. Doch die meisten ignorierten ihn einfach. Er wirkte enttäuscht, versuchte es hartnäckiger bei einem anderen jungen Mann: „Aber es ist doch nur ein Treffen.“ Das Klima spielte an diesem Tag keine Rolle.

Das Bündnis der Demonstrations-Veranstalter hatte vorab mitgeteilt, man werde unter anderem demonstrieren „in Solidarität mit den Menschen in Gaza“. Das Bündnis warf der Polizei vor, eigenmächtig zu entscheiden, „was von dem grundgesetzlich verbrieften Recht auf Meinungs- und Demonstrationsfreiheit gedeckt ist und was unmittelbar mit Gewalt unterbunden wird“.

Der Anmelder der Demonstration ist polizeibekannt und hatte bereits in den vergangenen Jahren Mai-Kundgebungen angemeldet. Zuletzt hatte er Anfang März eine Solidaritätskundgebung für die verhaftete mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette organisiert. Entlang der Wegstrecke wurde an einem Haus auch ein großes Banner entrollt. Auf diesem stand: „Freiheit & Glück, Solidarität mit den Untergetauchten und Gefangenen.“

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