Die Goldgräberstimmung in Liechtenstein ist verflogen – statt des Booms kommt das Kasinosterben
Liechtenstein wird vorläufig nicht zum «Las Vegas der Alpen». Peter Klaunzer / Keystone
Wer sich auf ein abendliches Vergnügen mit möglichem Geldsegen gefreut hatte, fand letzte Woche den Zugang zum «Plaza Casino» in Schaan versperrt vor. Ein Schild an der Eingangstüre erklärte den Grund: «Das Casino ist dauerhaft geschlossen.» Eine Vorankündigung hatte es nicht gegeben, doch auf Anfrage teilte die Geschäftsleitung mit, man habe sich angesichts der «Dynamik am Geldspielmarkt» zu diesem Schritt entschlossen.
Die erst Ende 2022 eröffnete Spielbank ist bereits das dritte Glücksspielunternehmen, das nach kurzer Zeit wieder den Rückzug antritt. Die einstige Goldgräberstimmung, die dem Land in kurzer Zeit neun Spielbanken bescherte, ist einer realistischeren Einschätzung der Marktchancen gewichen. Nur noch sechs Kasinos locken derzeit Spieler an. Im Verhältnis zu den rund 40 000 Einwohnern verfügt Liechtenstein damit aber immer noch über eine rekordverdächtige Kasinodichte.
«Aktionismus der Regierung» kritisiert
Ob es bei diesem Angebot bleibt, wird von vielen bezweifelt. Auch Markus Kaufmann, Präsident des Casino-Verbandes Liechtenstein, rechnet mit einer weiteren Bereinigung: «Wir sind immer davon ausgegangen, dass mittelfristig drei, maximal vier Kasinos bestehen können.» Die Befürchtung, Liechtenstein könnte zu einem «Las Vegas der Alpen» werden, hat sich bisher nicht bewahrheitet. Vielmehr scheinen die Marktkräfte und die verschärfte Regulierung zu einer Flurbereinigung zu führen.
«Die Marktregulierung ist im Gang», schreibt die Geldspielaufsicht in ihrem Jahresbericht. Die Regulierungsmassnahmen zeigten bereits erste Wirkungen, die gewünschte Konsolidierung werde aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Ãœber diese Massnahmen gehen die Meinungen allerdings auseinander. Der Casino-Verband sträubt sich nicht grundsätzlich gegen Massnahmen, die dem Ãœberangebot an Spielmöglichkeiten entgegenwirken. Kritisiert wird jedoch der «Aktionismus der Regierung», mit dem ein weiteres Wachstum der Kasinolandschaft gebremst werden soll.
«Wir haben heute in vielen Bereichen eine strengere Regulierung, als dies in der Schweiz der Fall ist», gibt Markus Kaufmann zu bedenken. Philipp Nossek, Vizepräsident des Casino-Verbandes, sagte in einem Interview, man könne den Eindruck gewinnen, mit den Verschärfungen solle «ein Kasinoverbot durch die Hintertür eingeführt» werden.
Die verschärften Regulierungsmassnahmen wie die Erhöhung der Geldspielabgabe und die Reduktion des Verhältnisses zwischen Spieltischen und Geldspielautomaten sollen nach Ansicht der Regierung die Attraktivität des Spielbankenmarktes senken und die Dichte der Spielbanken reduzieren. Ein absolutes Spielbankenverbot, wie es eine Volksinitiative vor einem Jahr gefordert hatte, strebt die Regierung nicht an.
Diese Verteidigung des Geldspielstandortes hat einen handfesten Hintergrund: Mit der Geldspielabgabe leisten die Kasinos mittlerweile einen beachtlichen Beitrag an die Staats- und die Gemeindekassen. Zwischen 2017 und 2023 flossen dem Staat und den Gemeinden 117 Millionen Franken zu. Zudem bieten die Spielbanken rund 500 Arbeitsplätze an und treten als Sponsoren für gemeinnützige und wohltätige Projekte auf.
Um die Befürworter eines Spielbankenverbotes zu besänftigen, verfügte die Regierung vor der Volksabstimmung ein bis 2028 geltendes Bewilligungsverbot für neue Spielbanken. Dieses befristete Verbot dürfte dazu beigetragen haben, dass die geforderte Aufhebung aller Spielbanken in der Volksabstimmung scheiterte. Angesichts des laufenden Marktbereinigungsprozesses dürfte dieses Moratorium kaum mehr eine Wirkung entfalten, da potenzielle Bewerber die Marktchancen nach der Schliessung von drei Spielbanken innerhalb von nur zwei Jahren wohl genau analysieren.
Auch für die bestehenden Anbieter habe die Regulierung nicht motivierend gewirkt, beklagte sich der Casino-Verband wiederholt. In den letzten fünf Jahren sei die Branche mit rund zwanzig neuen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen konfrontiert worden, was mit dem Grundsatz der Planungs- und Rechtssicherheit kaum vereinbar sei. Zudem seien die Spielbanken in Liechtenstein einem dynamischen Verdrängungskampf ausgesetzt, während die Kasinos in der Schweiz und in Österreich einen Gebietsschutz genössen.
Gesperrte Schweizer Spieler weichen aus
Ein hoher Anteil der Spielerinnen und Spieler stammt aus der Schweiz und Österreich. Viele von ihnen, so die Kritik, stünden in ihren Wohnsitzländern auf einer Sperrliste. Auf Druck dieser Kritiker hat Liechtenstein die Schweiz um den automatischen Austausch der Listen gesperrter Spielsüchtiger ersucht. Das am 20. Oktober 2022 in Bern unterzeichnete Abkommen ist noch nicht in Kraft getreten, da die innerstaatlichen Verfahren noch nicht abgeschlossen sind. Besorgte Parlamentarier wollten nach dem Abschluss des Abkommens mit der Schweiz wissen, wie es mit dem Sperren österreichischer Spieler stehe.
Laut Antwort der Regierung gibt es in Österreich keine bundesweite anbieterübergreifende Sperrdatenbank, was die Voraussetzung für den Abschluss eines Abkommens ist, wie es mit der Schweiz besteht. Ferner dämpfte die Regierung allfällige Hoffnungen auf einen Sperrlistenaustausch mit anderen Ländern: Ein vergleichbares Abkommen wie jenes zwischen der Schweiz und Liechtenstein gebe es derzeit auch zwischen anderen europäischen Staaten noch nicht. Doch auch ohne Abkommen nehmen die Spielbankenbetreiber in Liechtenstein offensichtlich den Spielerschutz ernst. Ende 2023 standen total 4715 Spielerinnen und Spieler auf einer Sperrliste, was einer Zunahme von 927 Personen gegenüber dem Vorjahr entspricht.