«Die Frau soll alle Rechnungen bezahlen»: So ticken «Soft Boys»
Auf Tiktok macht die «Soft Boy Era» die Runde. Dabei wünschen sich Männer Frauen, die sie verwöhnen und finanziell umsorgen. Letztlich gehe es ihnen um Gleichberechtigung.
«Männer bezahlen nicht mehr alle Rechnungen (…) Wir sind auf der Suche nach einer Frau, die alle Rechnungen bezahlen will, während wir zu Hause sitzen. Wir können morgens zum Fitness und sicherstellen, dass das Essen bereit steht. Es ist so einfach zu kochen und zu putzen, wer würde es nicht lieben, das zu tun?» Das fragt der User scarfacemark, Mittelpunkt der Soft-Boy-Bewegung, in einem Tiktok-Video mit knapp 500’000 Views.
In einem anderen Video rät er seinen Viewern: «Hör auf, dich mit Frauen zu begnügen, die pleite sind» oder «ich mache nicht mehr 50/50 mit Frauen.»
«Zum Glück habe ich eine Frau mit zwei Jobs gefunden, die mir alle Spiele kauft, die ich will»
Die Soft Guy Era ist auf Social Media in aller Munde. Dabei wehren sich Männer gegen klassische Rollenbilder und die Erwartung, dass sie die Rechnungen der Frauen bezahlen müssen. Sie nennen sich «Soft Boys», also «Sanfte Jungen» und fordern, dass Frauen für die finanzielle Sicherheit sorgen und sie dafür vermehrt Haushaltsaufgaben übernehmen. Die Begründung: Gleichberechtigung.
So wie Männer der Bewegung es sehen, haben sich die Zeiten geändert. Frauen machen immer häufiger einen Hochschulabschluss und bekommen gut bezahlte Jobs. Warum also nicht die Vorteile nutzen? Nun wollen die Männer verwöhnt und finanziell umsorgt werden, so die Soft Boys. «Wir zeigen den Frauen, wie lächerlich ihre Forderung ist, dass wir alles bezahlen sollen, indem wir die Rollen einfach umtauschen.»
«Ihr macht alle noch 50/50? Ich bin bei 100/0. Jemand muss mir meine Playstation 5 kaufen und ich werde das nicht sein», schreibt User Willy Beamen.
Die Kommentare darunter sind zustimmend. User Willy Beamen schreibt: «Ihr macht alle noch 50/50? Ich bin bei 100/0. Jemand muss mir meine Playstation 5 kaufen und ich werde das nicht sein.» User Zakai meint: «Zum Glück habe ich eine Frau mit zwei Jobs gefunden, die mir alle Spiele kauft, die ich will.»
Und User Zakai meint: «Zum Glück habe ich eine Frau mit zwei Jobs gefunden, die mir alle Spiele kauft, die ich will.»
Es gibt aber auch viel Kritik an der Bewegung, sowohl von männlicher als auch weiblicher Seite. Man solle keine Menschengruppe für Dating-Probleme verantwortlich machen, sondern sich fragen, warum man beispielsweise immer wieder Menschen mit bestimmten, problematischen Charakterzügen anzieht, meint beispielsweise User «thedaddyacademy».
Die Bewegung ist eine Reaktion auf die vorangegangene Soft Girl Ära. Frauen dieser Bewegung wollen einen Lebensstil fördern, der weniger draufgängerisch daherkommt, sich wieder vermehrt geschlechtlich-traditionellen Aufgaben im Haushalt widmen, während der Partner das Geld verdient und die Frau finanziell umsorgt. Die «Soft Boys» kehren das also um und fordern, von der Frau finanziell umsorgt zu werden.
«Ich erlebe immer häufiger, dass Männer zu Hause bleiben wollen»
Die Entwicklung, dass Männer vermehrt ein neues Rollenbild fordern, nimmt auch Beziehungsexpertin Martina Rissi wahr. «Ich erlebe es immer häufiger, dass Männer zu Hause bleiben wollen, statt nur zu arbeiten. Vielleicht nicht unbedingt um Haushaltsaufgaben zu übernehmen, aber um mehr Zeit mit den Kindern oder im Garten zu verbringen und den eigenen Leidenschaften nachgehen zu können.» Gleichzeitig sei es Frauen heutzutage mehr möglich, konkret anzusprechen, wenn sie mehr arbeiten möchten.
«Heutzutage sind alle Beziehungsformen möglich», so die Paarberaterin, «sowohl das klassische Rollenmodell von früher, als auch solche Formen, wie bei der Soft Boy Bewegung beschrieben. Das ist sehr individuell und alles legitim, solange es für das Paar stimmt.»
Dass die Haushaltsarbeit aber als die «einfachere Arbeit» als die Lohnarbeit angesehen wird, dem stimmt Rissi nicht zu. «Insbesondere, wenn Kinder im Spiel sind: Nichts bringt so viele Punkte mit, die zum Burn-out führen können, wie das Hausfrau- und Muttersein.»
«Rollenbilder sollten schon beim Kennenlernen geklärt werden»
«Grundsätzlich ist es wichtig, dass sich jedes Paar intensiv mit solchen Themen auseinandersetzt – idealerweise schon beim Kennenlernen.» Es sei wichtig, früh zu besprechen, welches Rollenmodell man leben möchte. Konkret sollte man möglichst vor Ãœbergängen, also beim Zusammenziehen, bei der Heirat und dem Kinderkriegen, solche Details klären. «Vor dem Zusammenziehen ist ein gemeinsamer Budgetplan unerlässlich.» Wenn man dies nicht alleine tun möchte, könne man auch Hilfe bei Banken oder Paarcoachings beziehen.