Denkzettel für Degen: Aber die Basis schenkt den Bossen des FC Basel weiter das Vertrauen
David Degen verliert Stimmanteile.
An der 130. ordentlichen Mitgliederversammlung des FC Basel wird dem in der Kritik stehenden Verwaltungsrat weiter das Vertrauen ausgesprochen. Doch die Stimmanteile für David Degen sinken. Zwei Frauen ergänzen ausserdem den Vereinsvorstand.
Um 18.28 Uhr betreten unter grossem Applaus der 1150 Anwesenden die Spielerinnen und Spieler der ersten Männer- und Frauen-Teams des FC Basel die Bühne im Kongresszentrum der Messe, wo die 130. ordentliche Mitgliederversammlung stattfindet. Es ist eine, die überdurchschnittlich gut besucht ist. Denn nach einem Jahr, in dem der FC Basel sportlich abstürzte und die Klubbesitzer durch geheime Firmen und undurchsichtige Geldflüsse an Vertrauen einbüssten, warteten viele gespannt auf den Abend, an dem die Mitglieder ihre Meinung kundgeben können.
In einer kurzen Fragerunde bekam zunächst Frauen-Trainerin Kim Kulig die Gelegenheit, Werbung für den anstehenden Playoff-Halbfinal gegen den FC Zürich zu machen: «Jetzt sind sie fällig», sagt die Deutsche und die Halle lacht. Ihr Pendant Fabio Celestini beschwört dann ein weiteres Mal die Kämpfermentalität, die es im Saisonendspurt braucht. Dann endet ihr Arbeitstag um 18.34 Uhr und die Versammlung kann starten.
Vereinspräsident Reto Baumgartner beginnt mit einem klaren Statement: «Die Unruhen haben in den letzten Wochen ungeahnte Dimensionen angenommen. Dabei sind Grenzen überschritten worden.» Der Ex-Fussballer und heutige Präsident des Gewerbeverbands Basel-Stadt spricht damit vermutlich auch die Kampagne an, welche von einem Ex-Capo der Muttenzerkurve orchestriert wurde, der seit Monaten vehement den Abtritt des Verwaltungsrates um David Degen fordert.
Der Vereinspräsident fordert Ruhe im Klub
Baumgartner nimmt in seiner Rede die in die Kritik geratenen Bosse in Schutz. Er lobt: «Sie wollen nur das Beste für den FCB. Es ist nicht normal, dass die Klubbesitzer ihre Geschäfte so sehr offenlegen.» Und fordert: «Jetzt braucht es Ruhe, damit wir etwas aufbauen können. Der FCB kann nur wieder erfolgreich sein, wenn wir alle am selben Strang ziehen.» Dafür gibt es Applaus.
Vereinsvorstand mit Dominik Donze mit Männer-Cheftrainer Fabio Celestini.
Im späteren Verlauf des Abends stimmen die Mitglieder dann darüber ab, ob die Delegierte des Vereins an der Generalversammlung der AG, an der der Verein 25 Prozent hält, für oder gegen die amtierenden AG-Verwaltungsräte stimmen soll. Diese waren zwar anwesend, blieben aber ohne Auftritt auf der Bühne.
Bei den Abstimmungen erhalten alle vier Klubbesitzer weniger Stimmen als noch vor einem Jahr. Damals lag die Zustimmung zwischen 95,7 und 98,6 Prozent (siehe Tabelle). Am deutlichsten sinken die Stimmanteile von David Degen. Das absolute Mehr von 576 Stimmen erreichen aber auch in diesem Jahr sowohl Degen (936 Ja-Stimmen/81,4 Prozent, 122 Nein-Stimmen, 92 Enthaltungen), Ursula Rey-Krayer (1056 Ja/91,8 Prozent, 47 Nein, 47 Enthaltung), Andreas Rey (1068 Ja/92,9 Prozent, 37 Nein, 45 Enthaltungen) und Dan Holzmann (1038 Ja/90,2 Prozent, 51 Nein, 61 Enthaltungen) problemlos. Die Mitglieder des FC Basel sprechen den Klubbesitzern damit weiter ihr Vertrauen aus.
Degen muss auch bei der Abstimmung zum VR-Präsidenten (817 Ja/76,1 Prozent, 168 Nein, 106 Enthaltungen) deutliche Abstriche hinnehmen. Vor einem Jahr stimmten noch 95 Prozent für den starken Mann beim FCB.
Auch die diversen Anträge, welche zwei Mitglieder schriftlich eingereicht hatten, werden mit grosser Mehrheit (mindestens 94 Prozent) abgelehnt. Sie forderten unter anderem eine Sonderprüfung des Geschäftsberichts, die Nichtannahme des Lageberichts, die Ablehnung der Jahresrechnung und Einsicht in die Finanzen.
Der Verein will in Zukunft kein Defizit mehr schreiben
Neben der Vertrauensfrage werden an der 130. Mitgliederversammlung des FC Basel auch andere offene Fragen erklärt oder über Traktanden entschieden. So freut sich der Verein im Jahr 2023 über 766 neue Mitglieder. Die gestiegenen Vereinskosten von knapp einer halben Million fussen grösstenteils auf den personellen Verstärkungen im Frauenfussball, der erst ab dem 1. Juli 2024 – wie 2023 an der GV beschlossen – auch formell in die AG ausgegliedert ist. Ab dann soll der Verein keinen Verlust mehr schreiben, kündigt Vorstandsmitglied Edward Turner an.
Die Profiabteilung konnte dank Spielerverkäufen von über 55 Millionen ebenfalls eine Schwarze Null schreiben (die bz berichtete) und dank Abschreibungen auf Transferrechte sogar Reserven aufbauen. Diese bereits bekannten Zahlen erläutert FCB-Finanzchef Mirko Brudermann auch den anwesenden Mitgliedern.
Geschlechtergleichheit im Vereinsvorstand
Auch das beim Joggeli entstehende FCB-Museum wird in einem Film vorgestellt. Für das Projekt sind gemäss Mitgründer Beni Pfister bereits zwei Drittel der Kosten von 3,6 Millionen Franken beisammen.
Andrea Häner-Roth und Nicole Leuthard.
Verabschiedet wird nach 15 Jahren unter lang anhaltendem Applaus Dominik Donzé, der aus privaten und beruflichen Gründen abtritt. Die vom Vorstand vorgeschlagenen Nachfolgekandidatinnen Andrea Häner-Roth (drei Gegenstimmen) und Nicole Leuthardt (4) werden mit Glanzresultaten gewählt. Sie ersetzen damit in Zukunft Donzé und den 2023 abgetretenen Benno Kaiser und sorgen für Geschlechtergleichheit im Vereinsvorstand. Auch Baumgartner (5 Gegenstimmen), Turner (0), Carol Etter (2) und Tobias Adler (1) werden ebenfalls wiedergewählt und Baumgartner als Präsident (6) und Etter als Delegierte des Vereins (5) in der AG bestätigt, womit die Mitgliederversammlung nach 2:20 Stunden ohne grossen Wirbel um 20.48 Uhr zu Ende geht.
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