Dem FC Zürich misslingt der Neustart in der Meisterrunde – YB ist dank dem 2:0 im Letzigrund praktisch Meister
Was hat ihm gefallen an seiner Mannschaft? «Eigentlich gar nichts, wir haben verloren» – der neue FCZ-Coach Ricardo Moniz ;nach dem 0:2 gegen die Young Boys. Ennio Leanza / Keystone
Jeweils am 5. Mai feiert Ancillo Canepa Geburtstag. 71 Jahre alt ist der FCZ-Präsident am Sonntag, dem Matchtag gegen die Young Boys, geworden. Er steht im unterdessen 18. Jahr, in dem er gemeinsam mit seiner Gattin Heliane die Geschicke des FC Zürich lenkt. Er hat viel geleistet, mit Herzblut, Leidenschaft – und mit Geld.
Unter Canepa hat der FCZ Meistertitel gewonnen, Cup-Siege gefeiert, sogar in der Champions League war der Klub dabei. Doch Canepa schaut nicht zurück. Canepa ist Fussballer. Er schaut nach vorn. Deshalb verkündete er für diese Saison: «Wir wollen den FC Zürich neu erfinden.»
Der Match gegen die Young Boys gab einen guten Eindruck über den Stand der Neuerfindung: Es war das erste Spiel in der neuen Meisterrunde, der erste Match im Kampf um das Erreichen eines Europacup-Platzes, die erste Partie mit dem neuen Trainer Ricardo Moniz. Man darf es vorwegnehmen, von Neuerfindung war nichts zu sehen. Und ein Geburtstagsgeschenk für ihren Präsidenten hielt die Mannschaft auch nicht bereit.
0:2 verlor der FCZ gegen YB in einem zunächst ziemlich ereignislosen Match. Bis der YB-Stürmer Silvère Ganvoula vor der Pause mit einem prächtigen Fallrückzieher sein Team in Führung brachte. Kurz nach Wiederanpfiff flog der FCZ-Mittelfeldspieler Cheick Condé vom Platz, weil er seine Verwarnung beklatscht hatte.
In Unterzahl fand der FCZ keine Mittel, mit denen die Wende hätte gelingen können. Cedric Itten traf zum 2:0, das war’s. Mit acht Punkten Vorsprung vor dem FC Lugano hat YB den Meistertitel fast auf sicher. Der FCZ bleibt Sechster, einen Punkt hinter dem FC Winterthur, dem Gegner am Sonntag.
In dieser Saison war YB ein gern gesehener Gast beim FCZ – zumindest bis zu Canepas Geburtstag: Die Zürcher gewannen Ende November als Tabellenzweite 3:1 gegen die Berner, damals zeigten sie die beste Saisonleistung. Nicht nur die NZZ spekulierte, ob nach 2022 vielleicht ein nächstes Meistermärchen möglich wäre. Die Spekulation erwies sich als voreilig. Der Coach Bo Henriksen rieb sich an internen Vorgängen auf und ging im Februar nach Mainz.
Moniz ist unzufrieden mit seiner Mannschaft
Beim 1:0 Anfang März war YB immer noch Leader, nach 12 Sekunden hatte Ifeanyi Mathew getroffen, YB konnte danach nicht reagieren. Es war das letzte Spiel von Raphael Wicky als YB-Trainer; Canepa und der Sportchef Milos Malenovic lagen sich nach dem Sieg in den Armen.
Nach dem dritten Gastspiel des designierten Meisters sagte der vierte FCZ-Trainer in dieser Saison auf die Frage, ob ihm etwas gefallen habe an der Leistung seiner Mannschaft: «Eigentlich nichts. Wir haben das erste von fünf Finalspielen verloren. Wir haben nicht gezeigt, was ich wollte – wir müssen viel mehr zeigen, wenn wir das reparieren wollen.»
Das sind klare Worte von Ricardo Moniz nach dem ersten Auftritt an der Seitenlinie als FCZ-Cheftrainer. Sein Auftrag ist es, dem FCZ die Europacup-Teilnahme zu sichern. Das ist die Voraussetzung für die Neuerfindung des FC Zürich, die der Sportchef Malenovic im Auftrag der Canepas vorantreiben soll. Denn nur im Europacup bekommt der Klub die Sichtbarkeit, um seine Spieler für Transfers und erhoffte Gewinne zu präsentieren.
«Mindestens Platz 5» solle es zum Saisonende werden, hatte Moniz am Freitag gesagt, als er sich im Home of FCZ auf dem Heerenschürli den Journalisten präsentierte. Für ihn ist klar: «Der FCZ gehört auf die europäische Bühne, nach der ersten Saisonhälfte gibt es keinen Zweifel daran: Wir können Giganten sein.» Gegen YB waren sie Zwerge.
Moniz kennt Malenovic aus gemeinsamen GC-Zeiten
Der Niederländer wird im Juni sechzig Jahre alt; er wirkt auch nach der Niederlage straff wie ein Vierzigjähriger und gibt sich offen wie ein Zwanzigjähriger.
Moniz machte vor dem ersten seiner fünf Finalspiele kein Hehl aus seiner Ambition, den Rest der Saison als Bewerbung zu nutzen, um auch in der kommenden Saison FCZ-Trainer zu sein. «Selbstverständlich will ich das, es wäre für mich eine grosse Ehre in diesem phantastischen Klub.» Und: «Ich brenne jeden Tag für den Fussball.» Es ist ein Satz wie von seinem Vorgänger Bo Henriksen.
Zum FCZ ist Moniz im vergangenen Oktober gestossen. Zuerst als Talententwickler, dann hat er die U 21 übernommen, nachdem Genesio Colatrella abgesetzt worden war. Und nachdem mit dem blassen Co-Cheftrainer-Duo Murat Ural und Umberto Romano in neun Spielen nur sieben Punkte resultierten, soll es mit Moniz nun wieder aufwärts gehen.
Er sei «hart wie Felix Magath und positiv verrückt wie Pep Guardiola», so hat ihn der FCZ-Sportchef Milos Malenovic charakterisiert. Moniz schmunzelt, «ich bin ich», sagt er, er lasse sich nicht vergleichen mit solchen Trainern. Als Niederländer lässt er nur «Johan Cruyff als grosses Vorbild» zu. Nach einer langen, bunten Trainer-Vita weiss Moniz, wie man sich verkauft.
Vor zwanzig Jahren hatte er bei den Grasshoppers als Athletiktrainer den jungen Stürmer Milos Malenovic kennengelernt. Später arbeitete Moniz weltweit in der Organisation von Red Bull und gewann 2012 mit Salzburg das Double. Bevor ihn Malenovic zum FCZ holte, arbeitete er an elf verschiedenen Stationen, lange hielt er es nirgends aus. «Ich bin geradeaus und direkt», sagt er, «manchmal kommt es zum Clash, manchmal passt es, manchmal nicht.» Am Geburtstag des FCZ-Präsidenten hat es ein erstes Mal nicht gepasst.