Das Wandbild ist jetzt am richtigen Ort
Bern hat mit dem Wandbild aus dem Wylergut-Schulhaus einen guten Weg eingeschlagen: Den Betroffenen zuhören bringt alle weiter.
2023 hing das Bild noch im Berner Schulhaus Wylergut: Thomas Pauli-Gabi (Direktor Historisches Museum) mit Vera Ryser und Fatima Moumouni vom Verein «Das Wandbild muss weg».
Das Wandbild aus dem Wylergut-Schulhaus ist im Museum gelandet. Damit ist das Projekt des Vereins «Das Wandbild muss weg!» umgesetzt. Es ging siegreich aus dem Wettbewerb der Stadt hervor – und die Jury hat damals den richtigen Entscheid gefällt: Sie hat jenen die Stimme gegeben, die etwas von der Sache verstehen: Menschen, die – leider – wissen, was Rassismus ist, weil sie ihn immer wieder erfahren.
Die Debatte in den letzten Jahren zu diesem Thema war mühselig und zum Teil so gehässig, dass die Kommentarfunktion unter den Artikeln dieser Redaktion geschlossen werden musste. Es wurde behauptet, Rassismus existiere hier nicht und sei schon gar nicht an einem mit gutem Willen gefertigten Wandbild festzumachen.
Jetzt befindet sich das Wandbild im Historischen Museum.
Dabei ist der Fall klar: Ein Alphabet auf einer Schulhauswand ist auch ein Lehrmittel, wie die Initiatorinnen und Initiatoren der jetzigen Lösung sagen. Wir können unseren Kindern nicht mit einem rassistischen Bild die Welt erklären. Dieses Argument wird nun höher gewichtet als etwa die – angebliche – Unantastbarkeit der Kunst. Zu Recht.
Unbestrittenermassen ist die Kunstfreiheit hoch zu gewichten, die Meinungsfreiheit genauso. Doch besteht ein breiter Konsens, dass Rassismus nicht nur den Einzelnen schadet, sondern Gift ist für die Gesellschaft. Rassismus hat mit der Begründung der Meinungs- oder Kunstfreiheit keine grössere Daseinsberechtigung. Rassismus ist keine Meinung.
Bei aller Mühsal ist das Wandbild letztlich ein Glücksfall für die Stadt, die sich mit 40’000 Franken an den Kosten beteiligt hat. Weil es uns zwingt, genau hinzuschauen und andere Perspektiven einzunehmen. «Rassismus gedeiht da, wo er geleugnet wird», sagte der ehemalige UNO-Sonderberichterstatter für Rassismus, Doudou Diène. Rassismus bekämpft man, indem man zuallererst jenen zuhört, die davon betroffen sind.
Gewissermassen ist die Messlatte gelegt für den Umgang mit gesellschaftlichen Fragen aller Art: Wer bereit ist, die Argumente und Erfahrungen des Gegenübers anzuhören, lernt eine andere Sicht kennen und findet Lösungen, die von gegenseitigem Respekt geprägt sind.
Starten Sie jeden Tag informiert in den Tag mit unserem Newsletter Guten Morgen. Melden Sie sich hier an.