Darfur: Menschenrechtsorganisation spricht von ethnischen Säuberungen im Sudan
Droht in Darfur ein neuer Völkermord? Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisiert angesichts des Ausmaßes des Tötens im Sudan die weltweite Untätigkeit als »unentschuldbar«.
Darfur: Menschenrechtsorganisation spricht von ethnischen Säuberungen im Sudan
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wirft der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) und ihren Verbündeten ethnische Säuberungen in der sudanesischen Region West-Darfur vor. Das geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht hervor. Das Ausmaß des Tötens führe zu der Frage, ob die RSF große Teil der Volksgruppe der Massalit in West-Darfur töten wolle, so die Menschenrechtsorganisation. Dies würde auf einen möglichen Völkermord hinweisen.
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Die RSF kämpft seit mehr als einem Jahr gegen die Regierungstruppen im Sudan. Ihr Kommandeur Mohamed Hamdan Daglo, genannt Hemeti, liefert sich einen blutigen Machtkampf mit dem sudanesischen De-facto-Machthaber Abdel Fattah al-Burhan. Die beiden Männer hatten sich einst gemeinsam an die Macht geputscht.
Der Konflikt hat in den vergangenen zwölf Monaten die mittlerweile größte Flüchtlingskrise weltweit ausgelöst. Mehr als acht Millionen Menschen sind nach Angaben der Vereinten Nationen auf der Flucht.
Gezielte Angriffe auf Dörfer der Massalit
Schon kurz nach Beginn des Konflikts hätten die RSF gemeinsam mit verbündeten arabischen Milizen von April bis Juni 2023 Dörfer der Volksgruppe der Massalit in El Geneina in West-Darfur gezielt angegriffen, heißt es in dem Bericht von HRW. Anfang November sei es zu einer weiteren Welle der Gewalt gekommen, darunter Vergewaltigungen, Folterungen und Plünderungen. Anfang Juni habe es ein Massaker an flüchtenden Massalit gegeben.
Derzeit häufen sich die Kämpfe um Al-Faschir. Die Hauptstadt von Nord-Darfur ist die letzte größere Stadt in Darfur unter der Kontrolle der Regierungstruppen. Hunderttausende haben dort Zuflucht gefunden. Laut Satellitenbildern und Wärmebildern wurden in der Umgebung in den vergangenen Wochen mehr als zwei Dutzend Dörfer bei Kämpfen zerstört.
Aufgrund der Anzeichen warnen Experten, Diplomaten und Hilfsorganisationen, dass ein Kampf um die Kontrolle über die Stadt bevorstehen könnte. Internationale Beobachter befürchten ein Blutbad mit möglicherweise Zehntausenden Toten.
Wenn die RSF die Kontrolle über Al-Faschir erhalte, sei ein weiteres Massaker programmiert, warnte etwa Hala al-Karib von der Fraueninitiative am Horn von Afrika, einer zivilgesellschaftlichen Organisation. »Wir sind zutiefst besorgt um die Frauen unseres Netzwerks vor Ort«, sagt sie. Bedroht sieht sie auch die Menschen im Flüchtlingslager Zamzam, dem zweitgrößten Darfurs. Es liegt etwa zwölf Kilometer von Al-Faschir entfernt.
Angesichts der Gewalt in West-Darfur hält Human Rights Watch eine neue Uno-Mission zum Schutz von Zivilisten sowie Sanktionen für dringend erforderlich. »Die weltweite Untätigkeit angesichts von Gräueltaten dieses Ausmaßes ist unentschuldbar«, sagte Tirana Hassan, Exekutivdirektorin von Human Rights Watch.