Bürgergeld-Empfänger machen angeblich für 55.000 Euro Mekka-Reise – und müssen jetzt 22.600 Euro zurückzahlen
Nach einer angeblichen Pilgerreise nach Mekka muss eine Familie mehr als 22.000 Euro an Sozialleistungen zurückzahlen.
„Widerspricht Lebenserfahrung“
Bürgergeld-Empfänger machen angeblich für 55.000 Euro Mekka-Reise – und müssen jetzt 22.600 Euro zurückzahlen
Weil Bürgergeldempfänger ein großzügiges Geldgeschenk erhielten, wurden sie vom Jobcenter zur Rückzahlung verdonnert. Ein Gericht gab dem Amt nun Recht.
München – Längere Reisen dürften für die meisten Familien, die Bürgergeld bekommen, eine absolute Seltenheit darstellen. Manche Bürgergeld-Empfänger schaffen es aber doch regelmäßig, Urlaub zu machen, etwa an der Ostsee. Eine Familie, die von Bürgergeld lebte, konnte sich sogar eine Pilgerreise nach Mekka gönnen. Jetzt muss die dreiköpfige Familie jedoch rund 22.600 Euro Bürgergeld an das Jobcenter zurückzahlen.
Nach Mekka-Pilgerreise: Bürgergeld-Empfänger müssen 22.600 Euro an Jobcenter zurückzahlen
Bei den mehr als 20.000 Euro handelt es sich um die Summe an Leistungen, die das Ehepaar und ihr Kind von Mitte 2018 bis Ende 2019 erhalten hatten. In dieser Zeit hatten sie jedoch 62.250 Euro von einer Nachbarin als Geschenk erhalten. Die Familie hatte sich vor Gericht gewehrt, da sie nicht einverstanden war, dass die großzügige Geldspende für eine Pilgerfahrt nach Mekka als Einkommen auf das Bürgergeld angerechnet wurde.
Trotz ihrer Bemühungen entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, dass die Familie fast 22.600 Euro an das Jobcenter zurückzahlen muss. Das wurde am Donnerstag (25. April) von einem Gerichtssprecher bekannt gegeben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az.: L 18 AS 684/22). Eine Revision wurde nicht zugelassen, aber die unterlegenen Kläger können beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.
Geld für vermeintliche Reise war ein Geschenk, sagen die Bürgergeldempfänger
Das Jobcenter war ursprünglich nicht über das großzügige Geldgeschenk der Nachbarin an die Familie informiert. Erst während der Ermittlungen wegen Betrugs gegen das Ehepaar wurde die Zahlung entdeckt. Da sie deutlich über dem Freibetrag von 16.500 Euro lag, forderte das Jobcenter die Rückzahlung der Leistungen. Sie begründeten dies damit, dass die Familie zu diesem Zeitpunkt nicht hilfsbedürftig war. Ein ehemaliger deutscher Torhüter und nunmehriger Bürgergeldbezieher soll sich hingegen nur dank Freunden einen kleinen Luxus erlauben können.
Die Betroffenen klagten dagegen und argumentierten, dass es sich um eine zweckgebundene Zahlung handelte. Sie hätten das Geld als Dank dafür erhalten, dass sie sich um die pflegebedürftige Nachbarin gekümmert hätten. Sie wollte ihnen damit ihren lang gehegten Wunsch erfüllen, nach Mekka zu reisen. Die Familie behauptete, dass die Pilgerreise nach Mekka insgesamt etwa 55.600 Euro gekostet habe. Sie hätten jedoch alles bar bezahlt und konnten keine Quittungen vorlegen.
Familie kann keine Belege für Pilgerreise vorlegen – Gericht lehnt Argumente der Bürgergeldempfänger ab
Das Sozialgericht Berlin und die Berufungsinstanz lehnten die Argumente der Familie jedoch ab. Die Richter kritisierten unter anderem, dass es keine Belege für die hohen Kosten der Pilgerreise gab und dass die Kläger behaupteten, alle Zahlungen in bar geleistet zu haben. Es widerspreche der Lebenserfahrung, eine Flugreise mit Kosten von mehr als 5.000 Euro in bar zu bezahlen, so das Gericht.
In der Mitteilung zur Urteilsbegründung wurde festgestellt, dass „Bezieher von Bürgergeld grundsätzlich verpflichtet seien, im Rahmen der Selbsthilfe jegliche Einnahmen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zu verwenden“. „In Fällen, in denen – wie hier – eine Geldzuwendung mit einem objektivierbaren Zweck verknüpft sei“, könnte diese zwar genehmigt werden. Das Gericht stellte jedoch klar, dass „auch solche Geldzuwendungen nicht in unbegrenzter Höhe privilegiert“ seien.
Es ist zu beachten, dass Personen, die zu Unrecht Bürgergeld erhalten haben, ab einem gewissen Zeitpunkt das Geld nicht mehr zurückzahlen müssen. Für manche Bürgergeldempfänger lohnt es sich indes nicht, zurück in den Arbeitsalltag zu wechseln. (kh/jm/dpa)