Bogensee in Brandenburg: Berliner Finanzsenator will Goebbels-Villa verschenken
Die Villa des obersten NS-Propagandisten Joseph Goebbels nahe Berlin verfällt seit Jahrzehnten. Nun hat der Finanzsenator gesagt, man würde das Gelände zur Not verschenken. Die Kommune sieht das kritisch.
Bogensee in Brandenburg: Berliner Finanzsenator will Goebbels-Villa verschenken
Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) hat angekündigt, ein Areal am Bogensee mit einer ehemaligen Villa von NS-Propagandaminister Joseph Goebbels in Wandlitz notfalls zu verschenken. »Ich biete jedem an, der das Gelände übernehmen möchte, es geschenkt vom Land Berlin zu übernehmen«, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im Abgeordnetenhaus. Bisher seien aber weder die Kommune Wandlitz noch das Land Brandenburg oder der Bund an einem solchen »großzügigen Geschenk« interessiert gewesen.
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Die Gemeinde, in der die Villa liegt, sieht das kritisch: Der Bürgermeister von Wandlitz, Oliver Borchert, nannte die Äußerungen nun unangebracht und schädlich. Borchert sagte der deutschen Presseagentur, dass rechte Ideologen versuchen könnten, an das Gelände zu kommen. »Ich habe für solche Aussagen kein Verständnis«, sagte Borchert. Die Äußerungen würden der historischen Bedeutung nicht gerecht und seien schädlich für die Liegenschaft. Vor Jahren habe unter anderem bereits das »Königreich Deutschland« versucht, dort Fuß zu fassen. Der Verfassungsschutz rechnet die Gruppierung dem »Reichsbürger«-Milieu zu. »Was ich nicht gerne sehen würde, dass das Land Berlin das Areal an irgendeinen Privaten verschenkt, der dann ideologische Ziele mit der Liegenschaft verfolgt.«
Das rund 17 Hektar große Gelände, auf dem sich Goebbels ein Landhaus bauen ließ, ist seit dem Jahr 2000 ungenutzt und verfällt. Nach dem Ende der NS-Diktatur nutzten die Alliierten das Gelände kurzzeitig als Lazarett. 1946 übergaben die Sowjets dann das Gelände der Freien Deutschen Jugend (FDJ), die dort eine Jugendhochschule gründete.
Sicherung und Unterhalt des Areals würden wohl Millionen kosten
Seit geraumer Zeit wird wieder verstärkt über Nutzungsideen für das Areal diskutiert. Es gehört dem Land Berlin. Berlin erwägt, die Gebäude abzureißen und die Flächen zu renaturieren, weil die jährlichen Kosten für Sicherung und Unterhalt in die Millionen gehen.
Evers versicherte, dass sich die Hauptstadt zielführenden konzeptionellen Überlegungen nicht verschließen werde, wenn sie im Interesse der Stadt lägen und der vielschichtigen historischen Bedeutung des Areals gerecht würden. Vor diesem Hintergrund sei er gespannt auf Vorschläge des Bundes oder aus Brandenburg und auf die Benennung möglicher Geldquellen, etwa Fördergelder.
»Sollte das aber einmal mehr ins Leere führen wie in den vergangenen Jahrzehnten, dann hat das Land Berlin keine andere Möglichkeit, als so den Abriss zu vollziehen, wie er jetzt vorbereitet und von uns adressiert ist«, sagte Evers.
Gemeinde will nun Fördermittel einwerben
Der Landkreis Barnim und die Gemeinde wollen einen Abriss verhindern und künftige Nutzungsmöglichkeiten ausloten. »Eine Vernichtung solcher geschichtlichen Zeugnisse steht unserer Gesellschaft nicht gut zu Buche«, sagte der Wandlitzer Bürgemeister Borchert. Die Gemeinde Wandlitz, auf deren Gebiet das Gelände am Bogensee liegt, hat jetzt nach eigenen Angaben einen Antrag auf Fördergeld aus dem Programm »Nationale Projekte des Städtebaus« gestellt. Dabei geht es in diesem Jahr um Vorhaben, die vor allem die Demokratiebildung fördern sollen. Dafür sei das Gelände genau der richtige Ort, so der 53 Jahre alte Bürgermeister. Er nannte nach einer bislang vorsichtigen Schätzung eine Summe von 500.000 bis 600.000 Euro an benötigten Fördermitteln.
Die Gemeinde will nun ein Konzept für eine Weiternutzung entwickeln. »Wir haben einen weiten Fokus, den wir uns vorstellen können.« Dabei nennt Bürgermeister Borchert unter anderem ein »Zentrum für Resilienzforschung für die Demokratie« sowie einen Hochschul-Campus, eine Reha-Klinik, eine Hotelnutzung oder eine Bundesbehörde als einige Überlegungen.
Doch in welche Richtung eine Entwicklung des Geländes in einigen Jahren wirklich gehen kann, ist noch unklar. »Es gibt ganz viele Fragen zu klären. Wir stehen am Anfang des Prozesses«, sagte Borchert. Mitte Mai stehe nun ein Beratungstermin mit der zuständigen Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM) an. Geplant ist zunächst auch eine Zwischennutzung. So war dafür eine Übungsstätte für die Bundespolizei im Gespräch, die Landkreis und Gemeinde aber ablehnen. Das Gelände am Bogensee sei doch keine »Fighting City« mit Gebäuden für den Häuserkampf, sagte Bürgermeister Borchert.