Berlin-Neukölln: Was habe ich in einem arabischen Supermarkt bloß falsch gemacht? – Kolumne
Besagter Beutel aus dem arabischen Supermarkt
Es war früh am Morgen, ich wollte vor der Arbeit noch ein paar Einkäufe in der Nachbarschaft erledigen: Meine Runde führte mich auch in einen arabischen Supermarkt auf der Sonnenallee in Neukölln. Dort brauchte ich nur ein Bund glatte Petersilie.
Normalerweise herrscht hier Gedränge. Nicht so an diesem Morgen. Sie waren noch dabei, Gemüse aufzuschichten. Ich liebe die kleinen Auberginen dort, man bekommt sie nirgendwo anders, und die mit Zatar umhüllten Käsebällchen, sie heißen Shanklish, wie mir der Mann hinter der Theke einmal erklärte.
An der Kasse war niemand vor mir. Ich legte die Petersilie hin, zahlte und bekam vom Kassierer eine Plastiktüte hingelegt. „Brauche ich nicht“, sagte ich. Hatte ich etwas schroff reagiert? Dann entdeckte ich die Beutel im Regal hinter dem Kassierer. Auf ihnen prangte der Kopf einer roten lachenden Kuh, umgeben war sie von arabischen Fliesenmustern, wie ich sie aus der Alhambra in Granada kenne.
„Die Taschen sind schön“, sagte ich und fragte, was der arabische Schriftzug über dem Kuhkopf bedeute. „Lachen“, sagte der Kassierer. Was sonst bei diesem Symbol für die arabische Variante der international so erfolgreichen Schmelzkäsemarke aus Frankreich, deren französischer Name auf Deutsch „Die Kuh, die lacht“ bedeutet und für die diese Tasche wohl Werbung macht.
Ich war schon halb aus der Tür, als der Kassierer mich zurückrief. In zuckte zusammen: Was habe ich bloß falsch gemacht? – Aber nein, er hatte die Tasche in der Hand, er schenke sie mir. – Ich wehrte ab: Das sei zu viel. Ich bin hier wirklich keine gute Kundin, wenn ich mir die Massen angucke, die andere hier herausschleppen.
Und an diesem Morgen hatte ich gerade 99 Cent ausgegeben. – Der Kassierer drängte mir die Tasche auf. – Hatte ich einen kulturell bedingten Fauxpas begangen? Setzte ich den Kassierer mit meiner Bewunderung unter Druck, sodass er sich verpflichtet sah, sie mir zu schenken? – Da lächelten wir uns beide aber längst freundlich an, ich bedankte mich sehr für die Tasche und machte mich beglückt auf den Weg in den Tag.