Bei einer Frage schweigen die russischen Kriegsgefangenen

bei einer frage schweigen die russischen kriegsgefangenen

Russische Kriegsgefangene in einem Lager im Westen der Ukraine: Kiew lässt den Besuch von Journalisten zu, um zu zeigen, dass die Gefangenen gut behandelt werden. Es sind Momentaufnahmen.

Mit gesenkten Köpfen, die Hände auf dem Rücken, stehen die Männer in den blauen Häftlingsuniformen schweigend in einer Dreierreihe. Einer nach dem anderen tritt vor, hebt die Arme, lässt sich von einem der Wärter mit einem Metalldetektor untersuchen. Manche nesteln ihre Kreuze hervor, die sie unter den Jacken tragen. Anspannung und eine bedrückende Stille liegen über der Szenerie.

Vereinzelt brüllt jemand Befehle. Es ist Luftalarm, die Gefangenen müssen in den Bunker, einen großen, stickigen, düsteren Raum, in dessen Schatten fließen sie zu einer gesichtslosen Masse zusammen. Keiner spricht. Nach einer halben Stunde stapfen sie wieder die Treppen hoch, trotten in Dreierreihen zurück zu den Werkstätten, in denen sie arbeiten. Die Männer sind russischeKriegsgefangene, inhaftiert in einem Camp im Westen der Ukraine – das Land, das sie überfallen haben.

Lesen Sie auch:Klitschko – Darum kämpfen seine Söhne nicht in der Ukraine

Das Gefängnis befindet sich in einer dünn besiedelten Region – wo genau, darf aus Sicherheitsgründen nicht geschrieben werden. Zu Sowjetzeiten waren dort Häftlinge untergebracht, die für leichtere Vergehen verurteilt worden waren. Zwei weiß getünchte und stacheldrahtbewehrte Mauern und ein Zaun umgeben das Areal, dazwischen liegen Sandstreifen. Auf Wachtürmen stehen Bewaffnete. An den Gebäuden hat der Zahn der Zeit genagt. Das Camp ist die größte Einrichtung dieser Art in der Ukraine.

Ukraine: Ein Besuch bei russischen Kriegsgefangenen ist heikel

Wie viele Kriegsgefangene hier genau untergebracht sind, will Petro Yatsenko nicht verraten. Er ist der Repräsentant der Kommission für die Behandlung von Kriegsgefangenen. Nur so viel: „Jeden Tag kommen Dutzende neue Kriegsgefangene an.“ Es ist ein journalistisch schwieriger Besuch. Die ukrainischen Behörden wollen zeigen, dass sie die Kriegsgefangenen aus Russland gut behandeln – besser, als die ukrainischen Gefangenen von den Russen behandelt werden. Es ist eine inszenierte Momentaufnahme.

Aber das Rote Kreuz besucht die Einrichtung regelmäßig. Berichte über Misshandlungen der russischen Kriegsgefangenen gibt es nicht. Hinter der Schleuse steht auf einer Wand die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Wir haben vor einigen Monaten mit einem jungen Mann gesprochen, der in Mariupol gekämpft hatte, in russische Kriegsgefangenschaft geriet und eine monatelange Tortur durchleiden musste. Artikel 5 der Menschenrechtsdeklaration verbietet Folter. In dem ukrainischen Lager, beteuert Yatsenko, halten sie sich daran.

Andry, Mitte 30, ist seit Juni vergangenen Jahres in diesem Camp. Er steht in einer der Werkhallen, in denen die Gefangenen arbeiten müssen. Sie flechten, hämmern und schrauben Gartenmöbel für eine ukrainische Firma zusammen. Durch die hohen Fenster ist die ukrainische Fahne zu sehen. Andry ist bei Awdijiwka in Gefangenschaft geraten, erzählt er, und dass er aus Irkutsk ganz im Süden Russlands stamme. Viele der Häftlinge kommen aus entlegenen Provinzen.

  • Sicherheitsrisiko: GPS-Attacken auf Flugzeuge: Stört Russland Urlaubsflieger?
  • Ukraine-Krieg: Diese neuen Raketen soll Spanien liefern
  • Militärexperte: Putin rüstet auf: „Es wird nicht bei der Ukraine bleiben“
  • US-Waffen: ATACMS-Lieferung an die Ukraine: Das können die Raketen
  • Charkiw: Kommt die neue Offensive? Putin will seine Blamage vergelten

Keiner der Kriegsgefangenen beschwert sich über die Haftbedingungen

Andry erzählt, er sei mobilisiert worden, davor habe er als Helfer in der Landwirtschaft gearbeitet. Ob er bedauere, Teil des Krieges gewesen zu sein? „Ich kann die Vergangenheit nicht ändern“, sagt er. „Es macht keinen Sinn, etwas zu bedauern, was in der Vergangenheit geschehen ist.“ Alle Männer, mit denen wir in dem Camp sprechen, sind wortkarg. Keiner beschwert sich über die Haftbedingungen. Auf die Frage, ob sich ihre Sicht auf den Krieg verändert hat, ob sie ihn kritisieren, schweigen sie.

Möglicherweise haben sie Angst vor Repressalien, ob im Camp oder in der Heimat, aus der sie in den Krieg gezogen sind. Andry sagt, er habe ab und an Kontakt mit seiner Familie, über das Rote Kreuz oder telefonisch. Die Möglichkeit zu telefonieren sei aber eingeschränkt worden. Yatsenko berichtet, früher hätten die Gefangenen alle zwei Wochen jeweils 15 Minuten mit ihren Angehörigen sprechen können, jetzt nur noch für fünf Minuten einmal im Monat. „Wir haben von den Russen erwartet, dass sie auch unsere Jungs mit ihren Familien sprechen lassen. Das haben sie nicht getan. Vielleicht stoppen wir die Telefonate jetzt ganz.“

Auf einem der Höfe stehen Häftlinge in gestreiften Pyjamas. Es sind Verletzte, die auf der Krankenstation behandelt werden. Manche humpeln auf Krücken, anderen ragen Fixateure aus den Gliedmaßen. Ein Mann schleppt sich an einem Rollator voran, andere sitzen in Rollstühlen. Auf der Krankenstation führen Ärzte Verbandswechsel durch, geben Medikamente aus. Sie haben auch eine Zahnarztpraxis hier, einfach eingerichtet – aber voll ausgestattet. Es riecht nach Desinfektionsmittel, Bohnerwachs, den Wunden. Die medizinische Versorgung sei gut, sagen die Männer.

Russland-Reportagen von Jan Jessen

  • Frontstadt: Hölle von Tschassiw Jar – „Wisst ihr, was wir durchmachen?“
  • Ukrainische Brigade: Soldat in Awdijiwka – „Wäre drei oder vier Mal gestorben“
  • Nukleares Desaster: „Ich kann ohne Tschernobyl nicht leben“
  • Mobilisierung: Der Jobvermittler, der Soldaten für die Armee gewinnt
  • Hilfspaket: Melnyk: Deutschland sollte Waffenlieferungen verzehnfachen

Talib hat zwei Kinder in Russland: „Das Beste ist es, zu Hause zu sein“

Talib, 29, steht auf dem Flur vor dem Verbandszimmer. Sein linkes Bein ist eingegipst, es ist gebrochen, die Folge eines Drohnenangriffs. Seine Zehen sehen bläulich aus. Sie sind bei Krasnohoriwka in der Region Donezk erfroren. Talib kommt aus Tadschikistan, seit zehn Jahren lebt er in Russland. Petro Yatsenko sagt, unter den Kriegsgefangenen seien generell viele Ausländer. Männer aus Armenien, Belarus, Indien, Kasachstan, Kuba, Nepal, Sierra Leone, Somalia, Sri Lanka, Tadschikistan und Usbekistan.

Lesen Sie auch:CIA schockiert mit Warnung – Sieg Putins noch in diesem Jahr?

Eigentlich ist Talib Schweißer. Wie er zur Armee gekommen ist, will er nicht sagen. Und wie es mit ihm weitergehen wird, weiß Talib nicht. „Das Beste ist es, zu Hause zu sein.“ Er hat zwei Kinder und eine Frau, die auf ihn warten. Immerhin: Er lebt und ist in Sicherheit. Alexej sitzt auf seinem Bett in einem der Krankenzimmer. Er stammt aus dem sibirischen Krasnojarsk. Vor seinem Gesicht hat er eine Maske, er nuschelt, ein Granatsplitter hat ihm einen Teil seiner Lippe weggerissen.

Seine beiden Beine sind bei einem Sturmangriff bei Luhansk durchschossen worden. Vier Stunden hat er bei minus 20 Grad hilflos dagelegen, erzählt er. Das reichte aus, um die Finger der linken Hand erfrieren zu lassen. Sie sind amputiert worden. Vielen Männern hier fehlen Finger oder die Zehen. „Es ist Zeit zu verhandeln. Dieser Krieg dauert schon viel zu lange“, sagt Alexej.

Fluchtversuche gab es nicht: „Wohin sollen die Männer auch fliehen?“

Ukrainische Kriegsgefangene, die nach Hause kommen, sehen oft unterernährt aus. In dieser Einrichtung scheinen die Männer ausreichend zu essen zu bekommen. In der Kantine stehen ab 12 Uhr Gruppen von Häftlingen an, andere Kriegsgefangene geben das Mittagessen aus. Heute gibt es Borschtsch, Maisbrei mit Fleischklößen, Brot, das sie in der Camp-Bäckerei backen.

Schweigend sitzen die Männer an Vierertischen zusammen, das Blechgeschirr klappert. Nach zehn Minuten steht ein Tisch nach dem nächsten auf. „Danke für das Essen“, sagen die Männer zusammen. Auf Ukrainisch. Aufstände oder Fluchtversuche, sagt Petro Yatsenko, habe es im Camp noch nie gegeben. „Wohin sollen die Männer auch fliehen?“

Oleksandr aus Orenburg im Westen Russlands, könnte sich vorstellen, nach seiner Freilassung nach Deutschland zu gehen. Er hat da Verwandte, sagt er. Der 38-Jährige hat sich freiwillig zur Armee gemeldet. Auch er ist bei Awdijiwka in Gefangenschaft geraten, vor sechs Monaten war das. Seine Einheit wurde bei einem Sturmangriff zusammengeschossen, ihn hat es am Bein erwischt. Ob er nochmal kämpfen würde, wenn er ausgetauscht würde? „Nein.“

Was er anderen raten würde, wenn sie ihn fragen würden, ob es ratsam sei, in die Armee einzutreten? „Ich würde ihnen erklären, was sie erwartet“, sagt Oleksandr. „Dann müssen sie selbst entscheiden.“ Zuletzt haben die Russen und die Ukrainer Anfang Februar jeweils 100 Gefangene ausgetauscht.

OTHER NEWS

16 minutes ago

Classifications Giro d'Italia 2024: These are the standings following fantastic wall stage

16 minutes ago

Sage boss says firm has no plans to ditch UK listing amid London market exodus

16 minutes ago

Warren Buffett and The Big Short’s Michael Burry: Why are they selling Apple and buying gold?

16 minutes ago

Menzies hits another dead end

16 minutes ago

What Causes Swollen Lymph Nodes in the Armpit?

16 minutes ago

‘We perhaps changed a couple of times too many’ – How chasing ‘quick’ performance cost Mercedes

16 minutes ago

UCT expected to announce Prof Moshabela as new VC

16 minutes ago

Sunday Times Rich List: Top 10 sportspeople as Sir Jim Ratcliffe pays price for Man Utd takeover

16 minutes ago

Florida authorities remove massive alligator from road: 'Absolute dinosaur'

17 minutes ago

A Dermatologist Told Me That This Serum “Smooths and Firms” Skin Better Than Retinol

17 minutes ago

Trump vs. Biden: How the Dow’s Performance Compares

17 minutes ago

Months after second Maugean skate extinction alarm issued, concerns raised that fish farms aren't changing practices fast enough

17 minutes ago

Tuchel confirms Bayern exit after no deal reached to stay on

18 minutes ago

The GTA 6 release date has been announced amid delay speculation

19 minutes ago

First aid shipment has been driven across newly built US pier into the Gaza Strip, US military says

20 minutes ago

‘Clarkson’s Farm’ Executive Producer Andy Wilman: Ratings Success Has Been Unexpected, But We May Walk Away After Season 4

20 minutes ago

Repeal of a dead law to use public funds for private school tuition won't be on Nebraska's ballot

20 minutes ago

Jurgen Klopp has spent nine glorious years at Liverpool turning doubters into believers. After almost 500 games and 10 trophies, he deserves to put his feet up, writes LEWIS STEELE

20 minutes ago

You've been eating afternoon tea all wrong! Etiquette guru reveals the do's and don'ts, from the 'royal' sandwich shape to why the pinkie is NEVER lifted (and the food that, if missing, is 'tantamount to treason')

20 minutes ago

Wetherill Park traffic: Several people injured as bus and truck collide in Sydney's west

20 minutes ago

TikTok is testing the ability for users to post HOUR-long videos - as it continues to take on YouTube

21 minutes ago

Camera IconCloth In Brick: Socials from new fashion boutique opening party in Mount Hawthorn

21 minutes ago

First Black Marine officer to lead an infantry company into combat dies

21 minutes ago

Fuming pro-Israel Democrats blast "shameless" GOP vote to force Biden send arms to Israel

21 minutes ago

London travel news LIVE: Elizabeth line and trains blocked from Heathrow Terminal 5

21 minutes ago

Manchester United suffer FA Cup final setback as Luke Shaw injury return delayed

21 minutes ago

Kielburger mom's defamation lawsuit against Canadaland to go to trial

21 minutes ago

There's a surprising reason why many schools don't have a single Black teacher of color

21 minutes ago

Liverpool injury update: Diogo Jota and Andy Robertson latest news and return dates

21 minutes ago

3 Boxers Make Forbes' Highest-Paid Athletes for 2024

21 minutes ago

The Fortune Hotel contestants Adam and Michael share racist and misogynistic jokes as they rack up over quarter of a million followers on social media with double act 'The Naked Builders'

21 minutes ago

Is Giovanni Pernice about to poached by ITV for I'm A Celeb? BBC face further blow in the wake of dancer's Strictly exit after he ignored Anton Du Beke's plea for him to stay

22 minutes ago

Immigration detainee freed after High Court ruling lodges writ to sue Commonwealth for false imprisonment

25 minutes ago

Uni takes action against protesters

25 minutes ago

Pro Golf Tour Started By Major Champion Sanctioned By OWGR

25 minutes ago

Kate Garraway tells GMB co-presenter Rob Rinder she ‘assumed’ he uses hair dye

26 minutes ago

Julia Fox asks Hoda Kotb about her using Ziploc bag as a clutch: ‘Why?’

26 minutes ago

More ServiceOntario locations potentially moving to retail stores after Staples deal

26 minutes ago

Lauren Boebert alarms internet with 'pretty' comment about Trump

26 minutes ago

The best fashion at Cannes Film Festival so far