Beat Jans’ ambitionierte Sparpläne: 700 Millionen Franken weniger fürs Asylwesen – vor allem für Geflüchtete aus der Ukraine
Die Zauberworte beim Sparen heissen offenbar «Pendenzen abbauen» und «arbeiten». Anthony Anex / Keystone
Beat Jans muss im Asylwesen sparen. Der Bundesrat hat dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) aufgrund der klammen Bundesfinanzen einen Sparauftrag erteilt. Am Mittwoch nun hat Jans erste Massnahmen vorgestellt.
Derzeit gibt der Bund etwa 3,6 Milliarden Franken für das Asylwesen aus. Jeder Geflüchtete kostet den Staat etwa 20 000 Franken, wie die «NZZ am Sonntag» 2022 ausgerechnet hat. Ungefähr 80 Prozent davon übernimmt laut Schätzungen der Bund. Enthalten sind darin unter anderem Miete, Betreuungskosten, Krankenkassenprämien und Integrationspauschalen.
Am Mittwoch hat der Bundesrat nun erste Massnahmen zur Kenntnis genommen. Er spricht von «substanziellen Einsparungen». Tatsächlich tönen Jans’ Pläne ambitioniert: Bis ins Jahr 2028 möchte er total 700 Millionen Franken einsparen. Das grösste Potenzial sieht er bei Geflüchteten aus der Ukraine. Ende April waren 24 Prozent der Ukrainerinnen erwerbstätig. Diese Quote möchte der Bundesrat bis Ende Jahr auf 40 Prozent erhöhen. Der Spareffekt: 650 Millionen Franken bis 2028.
Die Sparmassnahmen im restlichen Asylbereich fallen vorerst bescheiden aus. So will der Bundesrat den Berg an liegengebliebenen erstinstanzlichen Asylgesuchen abarbeiten und so weitere 54 Millionen Franken einsparen. Bis Ende 2026 soll die Zahl dieser Gesuche von 14 000 auf 5800 sinken. Um das zu schaffen, hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) im laufenden Jahr jedoch für 26 Millionen Franken 60 weitere Vollzeitstellen geschaffen. Daher reduziert sich das Sparpotenzial von 80 Millionen Franken auf 54 Millionen Franken.
«Es braucht straffere Rückführungen»
Im Parlament fallen die Reaktionen gemischt aus. Balthasar Glättli (Grüne) begrüsst den Abbau der Pendenzen. Die Schutzquote der Asylgesuche lag im Jahr 2023 gemäss SEM-Statistik bei 54,4 Prozent. Zählt man die Gesuche derjenigen Menschen ab, für welche die Schweiz nicht zuständig ist, da sie bereits in einem anderen Dublin-Staat ein Gesuch gestellt haben, sind es laut Glättli rund 80 Prozent. Es sei wichtig, Schutzbedürftige so schnell wie möglich zu integrieren, sagte der Nationalrat.
Auch der Finanzpolitiker Benedikt Würth begrüsst die Stossrichtung. Schnelle Asylentscheide und ein tiefer Pendenzenstand seien «die wichtigsten Massnahmen». Denn solange Menschen im Asylsystem seien, verursachten sie Kosten. Ist der Entscheid da, kann man sie bei abgelehntem Gesuch rasch in ihr Heimatland zurückschicken.
Doch Würth wünscht sich in diesem Bereich ein ambitionierteres Sparziel: «54 Millionen Franken sind zu wenig.» Sparpotenzial sieht er bei den Rückführungen, auch diese möchte er beschleunigen. «Es braucht eine einheitlichere, straffere Praxis in den Kantonen.» Allerdings ist das die Aufgabe der Kantone, nicht des Bundes. Würth war daher massgeblich beteiligt an einer Motion der Finanzkommission des Ständerats. Sie fordert unter anderem, dass der Bund die Kantone stärker in die Pflicht nimmt. «Es geht nicht, dass gewisse Kantone nach gefallenem Entscheid die Rückführung verzögern oder gar sistieren», sagt Würth. Der Ständerat hat die Motion überwiesen, als Nächstes ist der Nationalrat daran.
Der Gesamtbundesrat hat bereits signalisiert, dass er bereit sei, im Rahmen der Sparbemühungen gewisse Aufgaben zwischen Bund und Kantonen neu aufzuteilen. Jans hat dieses Ansinnen am Mittwoch noch einmal bekräftigt. In den kommenden Jahren fehlen dem Bund bis zu 4 Milliarden Franken pro Jahr. Bürgerliche fürchten um die Schuldenbremse, während Linke ihre Chance sehen, sie aufzuweichen.
Alle Departemente müssen deshalb sparen. Und offenbar war der Bundesrat noch nicht zufrieden mit den anvisierten 700 Millionen Franken des EJPD. Die Regierung habe das Departement damit beauftragt, bis Ende 2024 weitere Vorschläge für Kostensenkungen zu machen, heisst es im Communiqué. Ein definiertes Sparziel gebe es aber noch nicht, sagte Jans. Der Bundesrat warte jetzt zuerst einmal die Arbeit der von der Regierung eingesetzten Expertengruppe unter der Leitung von Serge Gaillard ab. Sie soll bis Ende Spätsommer einen Strauss an Sparvorschlägen über alle Departemente vorstellen.
Für die SVP könnten diese im Asylbereich deutlich weiter gehen. Sie schlägt beispielsweise vor, Personen mit Schutzstatus S gar keine Sozialhilfe mehr zu geben, sonst sei es «zu attraktiv, nicht zu arbeiten».