Ausrüstung von Textilien: Wie gesundheitsschädlich sind Chemikalien in unseren Kleidern?
Praktisch jedes Textil, das wir am Körper tragen, beinhaltet Stoffe, die es optisch verschönern, länger haltbar oder wasserresistent machen. Sieben Fragen zur Gesundheitsverträglichkeit – beantwortet von Umweltnaturwissenschaftlerin Nina Bachmann (40).
Wie gesundheitsschädlich sind Chemikalien in unseren Kleidern?
Welche Chemikalien werden für Kleidung am häufigsten verwendet?
«Die Bandbreite ist riesig. Bei Kleidung kommen häufig Fette, Öle, Wachse, Säuren und Kunstharze zum Einsatz. Oder Paraffin – eine chemische Zusammensetzung aus gesättigten Kohlenwasserstoffen. Es wird zum Grossteil als Abfallprodukt in der Erdölindustrie gewonnen und ist von öliger Konsistenz. Der Sammelbegriff für all diese Verfahren heisst Ausrüstung oder Appretur.»
Was bewirken die Chemikalien?
«Fette, Öle, Wachse und Paraffine sind Weichmacher. Das heisst, dass sie Textilien geschmeidiger werden lassen. Sollen sie wasserabweisend sein, kommen unter anderem Silikone zum Einsatz. Für öl- und schmutzabweisende Kleidung sind es fluorierte Kohlenwasserstoffe. Optische Aufheller verhindern, dass Stoffe vergilben beziehungsweise vergrauen. Polyamid-Derivate wiederum machen synthetische Fasern saugfähiger und werden zum Beispiel bei Nylonstrümpfen oder Miederwaren eingesetzt, damit sie beim Schwitzen trocken bleiben.»
Welche Chemikalien bergen gesundheitliche Risiken?
«Gesundheitsbedenkliche Chemikalien dürfen auf Textilien in der Schweiz und der EU gar nicht mehr eingesetzt werden. Unternehmen werden kontrolliert und es werden regelmässig Stichproben durchgeführt. In Ländern ausserhalb Europas gelten allerdings nicht überall die gleich strengen Gesetze und nicht alles, was bei uns auf den Markt kommt, wird flächendeckend kontrolliert. Es kann also schon passieren, dass zum Beispiel ein Kleidungsstück bei uns im Verkauf landet, das in seiner Färbung Schwermetalle in Konzentrationen enthält, die bei uns verboten sind.»
Welche andere Stoffe können die Gesundheit beeinträchtigen?
«Auch natürliche Inhaltsstoffe können zu allergischen Reaktionen und Atemwegsproblemen führen. So kann das Protein Sericion, das in Rohseide vorkommt, starke allergische Reaktion auslösen. Deshalb wäscht man es bei der Vorbehandlung aus. Die häufigsten negativen Reaktionen sind jedoch physikalischer Art. Etiketten oder die Beschaffenheit von Wolle können empfindliche Haut so reizen, dass im schlimmsten Fall Ekzeme entstehen.»
Welche Alternativen gibt es?
«Im Bereich der sogenannten ‹green chemistry› werden ständig neue innovative Alternativen entwickelt, wie beispielsweise Farbstoffe aus Schalen von Randen oder von Zwiebeln, wie man das vom Eierfärben her kennt. Die Herausforderung ist, bei grossen Mengen eine gleichbleibende, lichtbeständige Farbqualität zu erreichen. Die Textilindustrie macht in diesem Bereich grosse Fortschritte.»
Wie ist der Umgang mit Chemikalien in Kleidern geregelt?
«In der Schweiz sind Textilien als Gegenstände mit Hautkontakt im Lebensmittelrecht geregelt. Dort wird die Verwendung bestimmter Chemikalien verboten oder eingeschränkt, wobei die Verbotslisten mit der EU abgestimmt werden. Eine Deklarationspflicht besteht nicht, die Lebensmittelinspektorate der Kantone müssen den Markt überwachen und dafür sorgen dafür, dass die Gesetzte eingehalten werden.»
Wie erkenne ich, welchen Chemikalien ein Kleidungsstück enthält?
«Dafür gibt es zahlreiche private Gütesiegel. Eines der bekanntesten ist der Oekotex 100 Standard, bei dem Textilien so, wie sie in den Laden kommen, von externen Labors schadstoffgeprüft werden. Generell lohnt es sich, zu prüfen, ob Kleidermarken eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen. Bei einem Brand, der T-Shirts für einen Neupreis von weniger als 4 Franken verkauft, ist das eher unwahrscheinlich.»