Auftragsvergabe in Millionenhöhe - Filz-Vorwürfe gegen Faeser-Beamten - Ministerium untersucht den Fall
Nancy Faeser (SPD). dpa
Einem Top-Beamten im Bundesinnenministerium wird eine fragwürdige Nähe zu einem Berater vorgeworfen. Interne Untersuchungen sollen klären, ob die persönliche Beziehung bei der Vergabe von Millionen-Aufträgen eine Rolle spielte.
Ernst Bürger ist Schlüssel-Beamter im Bundesinnenministerium von Nancy Faeser. Bürger ist für die Digitalisierung zuständig. Dafür holt sich das Ministerium viele Berater ins Haus. Wie eine Recherche des „Spiegel“ zeigt, ist es bei Auftragsvergaben seiner Abteilung zu Ungereimtheiten gekommen.
Filz-Vorwürfe gegen Top-Beamten im Innenministerium
Bürger soll demnach einem ehemaligen Berater von McKinsey, der im Ministerium an Digitalisierungsprojekten arbeitete, nahestehen. Prüfer sollen in einer Untersuchung klären, ob die persönliche Beziehung zwischen den beiden bei millionenschweren Auftragsvergaben an McKinsey eine Rolle spielte.
Die Beraterfirma McKinsey setzte bereits vor rund vier Jahren eine Compliance-Untersuchung in Gang. Das zeigen interne Dokumente, die dem „Spiegel“ vorliegen. Es geht um private Nachrichten, Essen in teuren Restaurants und Treffen zwischen den Ehefrauen Bürgers und des Beraters. Bürgers Frau arbeitet auch im Innenministerium und hatte ebenfalls mit McKinsey zu tun.
Bürger soll dem McKinsey-Berater unter anderem ein Angebot eines Konkurrenzunternehmens weitergeleitet haben. „Hast du eine andere/bessere Idee wie man hier digitalisieren könnte?“, soll er dazu bemerkt haben. Das könnte ein Verstoß gegen die Vergabeordnung gewesen sein. Bürger soll außerdem nicht öffentliche Dokumente und E-Mails weitergeleitet haben. Laut einem internen Dokument von McKinsey stand darauf etwa „vertraulich“ oder „auf keinen Fall weiterleiten!!!“. Einmal sollen sich die beiden über private Kanäle über zusätzliche Milliarden aus einem Corona-Konjunkturpaket ausgetauscht haben – und wie man sie für die Digitalisierung der Verwaltung verwenden könne.
Vertrauliche Nachrichten zwischen Beamten und Berater
Bei einer Auftragsvergabe an McKinsey kam es zu ungewöhnlichen Konditionen – zum Vorteil der Firma. So mussten die Berater ihre Zeiten nicht erfassen. Das sorgte auch für Nachfragen im Innenministerium. In einem „Kurzcheck“ wurde das Vergütungsmodell als intransparent bezeichnet, wie „Spiegel“ berichtet. Daraufhin beendete das Ministerium die Zusammenarbeit mit McKinsey – was wiederum zu den Untersuchungen seitens McKinseys führte. Dabei stieß die Firma auf die vertraulichen Nachrichten zwischen Bürger und dem Berater. McKinsey kündigte im März 2021 dem Mitarbeiter fristlos. Dieser wehrte sich gegen die Vorwürfe, es kam zum Vergleich. Die Beziehung zu Bürger sei „rein geschäftlich“ gewesen.
Doch der Berater dockte rund ein Jahr später wieder am BMI an – als Mitgründer einer neuen Firma. Und wohl „auf expliziten Wunsch des Kunden BMI“. Wer den Wunsch im Ministerium äußerte, ist nicht bekannt. Das werde derzeit geprüft. Das Unternehmen kassierte insgesamt 1,5 Millionen Euro.
Ernst Bürger und seine Frau weisen gegenüber dem „Spiegel“ die Vorwürfe zurück. Das Innenministerium hat die Interne Revision eingeschaltet, nachdem der „Spiegel“ dazu angefragt hatte.