Angriff auf Matthias Ecke: Innenminister prüfen härtere Strafen für Übergriffe gegen Politiker
Nancy Faeser fordert ein »deutliches Stopp-Signal«: Nach dem Angriff auf den SPD-Politiker Ecke dringen die Innenminister von Bund und Ländern auf Konsequenzen. Härtere Strafen stehen im Raum.
Angriff auf Matthias Ecke: Innenminister prüfen härtere Strafen für Übergriffe gegen Politiker
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen Politiker und Ehrenamtliche in den anstehenden Wahlkämpfen mithilfe der Polizei und einer möglichen Verschärfung des Strafrechts besser vor Gewalt schützen. Um hier »ein ganz deutliches Stopp-Signal« zu senden, sei neben den Sicherheitsbehörden auch die Justiz mit schnellen und konsequenten Verfahren und Strafen gefordert, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach einer Videokonferenz mit ihren Amtskolleginnen und -kollegen aus den Ländern. Diese war nach dem brutalen Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke in Dresden anberaumt worden. Wenn dafür das Strafrecht weiter verschärft werden müsse, werde sie darüber das Gespräch mit Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) suchen, so Faeser.
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Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), sagte, die Ressortchefs unterstützten zwei entsprechende Bundesratsinitiativen aus Bayern und Sachsen. Das sächsische Kabinett beschloss am Dienstag eine Bundesratsinitiative zur Strafverschärfung bei Angriffen auf Politiker und Wahlhelfer. Damit sollen Entscheidungsträger gerade auch auf kommunaler Ebene vor bedrohlichen Übergriffen auf ihr Privatleben geschützt werden.
Die Innenminister fordern das Bundesinnenministerium auf, sich für eine zügige Behandlung einer Bundesratsinitiative Bayerns zum strafrechtlichen Schutz gemeinnütziger Tätigkeit einzusetzen. Damit sollen Übergriffe auf politisch engagierte Menschen stärker bestraft werden. In dem gemeinsamen Beschluss der Ministerinnen und Minister wird die Justizministerkonferenz auch gebeten zu prüfen, ob »die bewusste Verbreitung von Desinformation mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung oder Gewalteskalation strafwürdiges Unrecht darstellen«.
Angriffe auf Abgeordnete nehmen zu
Die Ressortchefs verurteilten »jegliche Angriffe auf politisch engagierte Menschen, die sich für eine gelebte Demokratie in Deutschland einsetzen und dafür höchste Anerkennung, Respekt und Schutz verdienen, auf das Schärfste«, wie es im Beschluss heißt.
Matthias Ecke, der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl in Sachsen, war am Freitag von vier jungen Männern im Alter von 17 und 18 Jahren zusammengeschlagen worden, als er Wahlplakate anbringen wollte. Er erlitt bei dem Angriff einen Jochbeinbruch und eine gebrochene Augenhöhle. Das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen rechnet zumindest einen der Angreifer dem rechten Spektrum zu. Kurz vor der Prügel-Attacke auf Ecke hatte laut Polizei mutmaßlich dieselbe Gruppe in der Nähe einen Grünen-Wahlkampfhelfer verletzt.
Im Jahr 2023 gab es laut Faeser 2710 Straftaten gegen Mandatsträger, 53 Prozent mehr als im Vorjahr. Sie betonte: »Auch Angriffe gegen AfD-Politiker sind nicht hinnehmbar.« Sie sprach von einer »Eskalation antidemokratischer Gewalt«. Die Ministerin sagte: »Wir müssen die Mitverantwortung derer auch sehr deutlich benennen, die vor allem vom rechten Rand aus immer hemmungsloser und skrupelloser« Menschen anfeindeten und diffamierten. Diese Spirale von Hass und Gewalt müsse gestoppt werden.
Innenminister fordern Unterstützung der Bevölkerung
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) rief Bürgerinnen und Bürger auf, der Polizei Hinweise zu geben, auch auf die Zerstörung von Wahlplakaten. Die Verschärfung von Gesetzen habe zwar nicht den Schwerpunkt der Beratungen gebildet, es könne aber sein, »dass wir auch das gesetzliche Schutzniveau noch einmal betrachten«. Nächstmöglicher Termin dafür ist die Innenministerkonferenz im Juni.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ermunterte Betroffene, sich frühzeitig an die Polizei zu wenden. Er sagte, niemand müsse sich Beleidigungen und Bedrohungen gefallen lassen. Laut Herrmann haben die Ressortchefs vereinbart, bei der nächsten regulären Innenministerkonferenz im Juni darüber zu sprechen, ob es zusätzlicher Anstrengungen bedarf, um die Menschen rund um die anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst zu schützen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte den zeitnah verabschiedeten Maßnahmenkatalog der Innenministerkonferenz. Es sei »gut, dass die Politikerinnen und Politiker dabei erkennen, dass die Polizei nicht alles allein richten kann und es sich ganz klar um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt«, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke.