Afghanistan: Das lange Warten auf ein Visum
Afghanen 2023 im pakistanischen Peschawar. Allein in Pakistan warten 3000 Menschen mit Aufnahmezusage auf ihre Weiterreise nach Deutschland.
Mit einem eigenen Aufnahmeprogramm will die Bundesregierung jeden Monat bis zu 1000 vom Taliban-Regime bedrohten Afghanen Zuflucht gewähren. Neue Zahlen zeigen: Bisher sind nur ganz wenige tatsächlich eingereist.
Das lange Warten auf ein Visum
Knapp drei Jahre nach Machtübernahme der Taliban in Afghanistan bleibt es für vom Regime bedrohte Menschen trotz Hilfszusagen der Bundesregierung schwer, nach Deutschland zu gelangen. Das Bundesaufnahmeprogramm, das solchen gefährdeten Afghaninnen und Afghanen Zuflucht gewähren soll, hat nach neuesten Zahlen nur wenigen von ihnen die Einreise ermöglicht.
Demnach sind über dieses Programm seit dessen Start im Oktober 2022 lediglich 399 Menschen aus Afghanistan eingereist. Vorgesehen war, dass jeden Monat bis zu 1000 gefährdete Afghanen und ihre Angehörigen nach Deutschland kommen könnten. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.
Viele müssen jahrelang warten, bis sie überhaupt einen Visumsantrag stellen können
Das Bundesaufnahmeprogramm stellte jenen Afghanen die Aufnahme in Aussicht, die weder bereits als Ortskräfte registriert waren, weil sie für die Bundeswehr oder deutsche Hilfsorganisationen gearbeitet hatten, noch auf einer ersten Menschenrechtsliste für besonders gefährdete Personen standen. Von den 45 000 Menschen auf diesen Listen sind inzwischen 33 000 eingereist. Nach dem Bundesaufnahmeprogramm hingegen haben bislang nur 2208 Menschen eine Aufnahmezusage erhalten.
Für den schleppenden Fortgang gibt es mehrere Gründe. Da die deutsche Botschaft in Kabul geschlossen ist, benötigen Afghanen teure Visa, um zu den Vertretungen in Pakistan oder Iran zu gelangen. Dort sind die Wartelisten lang. Allein in Pakistan warten 3000 Menschen mit Aufnahmezusage auf ihre Weiterreise, und das kann dauern – auch aufgrund der aufwendigen Sicherheitsüberprüfungen: Seit September 2023 hat die Botschaft insgesamt knapp 3000 Visa für gefährdete Afghanen ausgestellt.
Ähnlich sieht es beim Nachzug von Familienangehörigen aus: Mehr als 17 000 Anträge betroffener Afghanen auf einen Termin stapeln sich in den Botschaften in Islamabad und Teheran, von Anfang 2023 bis März 2024 haben diese aber nur 3300 Familiennachzugsvisa vergeben. Als “bürokratisches Monstrum” bezeichnet die Linken-Abgeordnete Bünger das Programm und als “ungeheuerlich”, dass Menschen mit Recht auf Familiennachzug “Jahre warten müssen, um überhaupt einen Visumsantrag stellen zu können”.