AfD-Anhänger in der Kirche: Sie sehen den Teufel am Werk

afd-anhänger in der kirche: sie sehen den teufel am werk

Kandidiert als Parteiloser auf der AfD-Liste: Pfarrer Michaelis

Das ohnehin miserable Verhältnis zwischen der AfD und den Kirchen verschlechtert sich zurzeit noch einmal kräftig. Nachdem die sachsen-anhaltische AfD-Fraktion im Februar „alle wahrhaften Katholiken“ per Pressemitteilung zum Austritt aus ihrer Kirche aufrief, sieht der religionspolitische Sprecher der Magdeburger AfD-Fraktion, Hans-Thomas Tillschneider, inzwischen sogar den Teufel am Werk: In der Wut der Kirchen auf die AfD zeige sich „die Wut des Widersachers“, schreibt Tillschneider und behauptet, die AfD vertrete nicht bloß „als einzige Partei überhaupt noch christliche Werte“, sondern sei sogar „christlicher als die Kirche selbst“.

Tillschneider, der als stellvertretender Landes- und Fraktionsvorsitzender in Sachsen-Anhalt zu den führenden Köpfen der ostdeutschen AfD zählt, reagierte mit seinen Äußerungen auf einen Beschluss der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Deren Synode hat eine Mitgliedschaft oder Unterstützung der AfD als unvereinbar mit Ämtern und Aufgaben in der Kirche bezeichnet. „Bannfluch um Bannfluch“ werde gegen die AfD geschleudert, klagt Tillschneider, denn zuletzt haben andere Landeskirchen Ähnliches verlautbart. Die Kirchenleitungen hatten sich schon in früheren Jahren regelmäßig klar gegen Rechtsextremismus positioniert, aber noch nicht so unverblümt die AfD benannt und eine Unvereinbarkeit mit kirchlichen Ämtern gefordert.

Für die Nachschärfung dieser Position gibt es mehrere Gründe: Die vom Verfassungsschutz bestätigte weitere Radikalisierung der AfD zählt ebenso dazu wie die Berichte über Remigrations-Pläne. Der Beschluss der katholischen Bischöfe, die Ende Februar eine Unvereinbarkeit von Christentum und völkischem Nationalismus feststellten und dies explizit gegen die AfD richteten, mag die evangelischen Kirchen zusätzlich bestärkt haben. Und nicht zuletzt dürfte es auch die Erkenntnis sein, dass die AfD auf Dauer eine handfeste Herausforderung in der kirchlichen Praxis sein wird.

Es gilt das Mäßigungsgebot

Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Wochen der Fall des Pfarrers Martin Michaelis aus Quedlinburg. Der Theologe teilte seiner Landeskirche mit, dass er bei der bevorstehenden Kommunalwahl in Sachsen-Anhalt am 9. Juni als Parteiloser auf der AfD-Liste für den Stadtrat antreten werde. Der Kirchenkreis Egeln entzog Michaelis daraufhin zunächst seine Beauftragung für den Pfarrbereich Gatersleben. Dann beschloss die Leitung der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) die Einleitung eines Disziplinarverfahrens.

Michaelis ist einer von mehreren Theologen im Osten, die unter dem Eindruck von Flüchtlingskrise, Pandemie und Krieg in der Ukraine nach rechts rückten und dabei immer weniger Berührungsängste zu Extremisten zeigen. Vor einem Jahr sprach Michaelis auf einer Querdenker-Demonstration in Magdeburg das Vaterunser und die Segensworte „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über euch“, während ihm der Rechtsex­tremist Sven Liebich das Mikrofon hielt. Michaelis behauptet, den mehrfach verurteilten und durch fortlaufende Berichterstattung der Regionalpresse weithin bekannten Straftäter nicht zu kennen.

„Ich weiß nicht, wer Herr Liebig ist“, erzählt Michaelis treuherzig am Telefon. Der Pfarrer erkennt auch kein Problem darin, auf der Liste einer Partei anzutreten, die vom sachsen-anhaltischen Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft wird. Michaelis hält den Verfassungsschutz für eine „weisungsgebundene Behörde“, die „offensichtlich genutzt wird, um auf Wahlentscheidungen Einfluss zu nehmen“.

Auftritt bei Kundgebung mit Rechtsextremisten

Brisant wird der Fall dadurch, dass Michaelis jahrelang eine herausgehobene Stellung in der Pfarrerschaft hatte. Er war fast zwei Jahrzehnte lang Vorsitzender des Thüringer Pfarrvereins, führte die Pfarrergesamtvertretung der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands und gehörte der dienstrechtlichen Kommission der EKD an. Michaelis war sogar an der Erarbeitung des neuen Pfarrdienstgesetzes der EKD beteiligt, auf dessen Grundlage seine Landeskirche nun gegen ihn vorgeht.

Mit solchen Disziplinarverfahren hat Michaelis auch schon selbst Erfahrungen gemacht: Zunächst ging es dabei bloß um Scharmützel innerhalb der kirchlichen Gremien. Während der Pandemie verlor der Pfarrer dann seine Funktionen als Vertreter der Pfarrerschaft. Michaelis lehnt die Corona-Impfung klar ab – „wer auch immer die finanziert haben mag“, raunt er. Wegen eines Auftritts bei einer Kundgebung gegen die Corona-Maßnahmen, an der auch Rechtsextremisten teilnehmen, gibt es ein weiteres Disziplinarverfahren.

Vor der jüngsten Eskalation hatte der mitteldeutsche Landesbischof Friedrich Kramer versucht, in einem längeren Telefongespräch mäßigend auf Michaelis einzuwirken. Vergeblich. Der Bischof habe ihn massiv unter Druck gesetzt und ihm vorgeworfen, dass er faul sei, erzählt Michaelis. Der Pfarrer wirkt fest entschlossen, den Konflikt mit seiner Kirchenleitung auszufechten, und verteidigt sein Querdenker-Weltbild mit ähnlicher Inbrunst wie weiland Luther seine 95 Thesen.

Die Kriterien sind „verzwickt“

Michaelis distanziert sich nicht einmal von der Behauptung des AfD-Politikers Tillschneider, dass hinter den Kirchenleitungen die Kräfte des Teufels stehen. In der Apokalypse des Johannes gebe es Aussagen, die für manche Leute hilfreich bei der Interpretation der aktuellen Lage seien, deutet Michaelis vielsagend an. Erst vor einigen Tagen hat er zusammen mit Tillschneider ein einstündiges Video für die AfD-Fraktion gedreht.

Nach dem vorläufigen Entzug der Ordinationsrechte betreibt Michaelis in seinem Fachwerkhaus in Quedlinburg nun „Verkündigung im privaten Raum“, wie er das nennt. Er habe dort ein großes Wohnzimmer, in dem auch eine private Hausorgel stehe. Dem Ausgang des Disziplinarverfahrens blickt Michaelis mit Zuversicht entgegen. Die AfD sei schließlich nicht verboten, und ein parteipolitisches Engagement der Pfarrer wird vom Dienstrecht ausdrücklich erlaubt. Die evangelische Kirche wird daran auch nicht rütteln, zumal nicht in Ostdeutschland, wo Pfarrer während der Friedlichen Revolution und beim Aufbau der demokratischen Parteien eine bedeutende Rolle spielten.

Nach dem Dienstrecht unterliegen die Pfarrer jedoch auch bei ihrem politischen Engagement einem Mäßigungsgebot. „Bei der AfD ist wegen ihrer politischen Ziele die Unverträglichkeit mit dem Dienst früher erreicht als bei anderen Parteien“, erklärt der Hallenser Kirchenrechtler Michael Germann. Die Pfarrer seien auch verpflichtet, ihr Leben so zu führen, dass eine „glaubwürdige Ausübung des Amtes nicht beeinträchtigt wird“. Nach Auffassung des Professors verfügt die Landeskirche so über Ansatzpunkte, um gegen Michaelis vorzugehen. Der Ausgang des Verfahrens sei gleichwohl schwer abzuschätzen. „Die Kriterien, über die wir hier sprechen, sind alle verzwickt“, sagt Germann.

AfD-Unterwanderung befürchtet

Was aber, falls es nicht um einen Kirchenbeamten wie Michaelis ginge, sondern um einen Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis, der für die AfD agitiert? Die großen Wohlfahrtsträger der Kirchen beschäftigen Hunderttausende von ihnen. „Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen“, kündigte der neue Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch erst kürzlich im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe an. Das ist aus Sicht von Rechtswissenschaftlern eine äußerst vollmundige Ankündigung. „Sofern die Partei nicht verboten ist, liegt der Fall bei Angestellten ziemlich einfach: Man kann da wenig machen“, sagt der Bochumer Arbeitsrechtler Jacob Joussen. Bei einem Chef eines kirchlichen Verbands, der öffentlich auftritt, könne man eventuell eingreifen. Aber selbst beim Leiter eines Krankenhauses sei die Kirche als Arbeitgeberin machtlos, erklärt Joussen, der selbst Mitglied im EKD-Rat ist. Insbesondere die bloße Parteimitgliedschaft reiche nicht.

Noch größer ist die Gruppe derer, die gar nicht von der Kirche bezahlt werden, sondern Ehrenämter wie Prädikant, Lektor oder Kirchenvorstand bekleiden. Das Bistum Trier hat erst kürzlich den AfD-Landtagsabgeordneten Christoph Schaufert aus dem Verwaltungsrat seiner Kirchengemeinde im saarländischen Neunkirchen entfernt. Schaufert wehrt sich nun mit einer Beschwerde.

Grundsätzlich gebe es deutlich mehr Möglichkeiten, AfD-Mandatsträger aus den kirchlichen Strukturen zu entfernen, wenn diese nicht durch das Arbeitsrecht geschützt seien, erklärt Joussen. Der Rechtswissenschaftler erkennt gleichwohl auch bei Ehrenamtlichen zahlreiche Unwägbarkeiten. „Das beginnt schon mit der Frage: Wo klagt man gegen eine solche Maßnahme? Vermutlich zunächst vor einem kirchlichen Gericht.“

Mitteilungen suggerieren Eindeutigkeit

Der Hallenser Kirchenrechtler Germann sagt, in den Ordnungen der evangelischen Kirche treffe man noch häufiger auf Restbestände der Kirchenzucht, mit der einst die öffentliche Moral befördert werden sollte. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten hätten SA-Trupps Schlange gestanden, um wieder in die Kirche einzutreten und dann bei den Kirchenwahlen für die Deutschen Christen zu stimmen. „Aus dieser Erfahrung speisen sich die Kirchenzuchtregeln der Nachkriegszeit“, erklärt Germann. „Aber dieses Schwert liegt rostig und verstaubt in der Ecke.“ Und es sei völlig offen, ob es heute gegen die AfD eingesetzt werden könne.

Die Kirche verschickt dennoch weiter Pressemitteilungen mit Überschriften wie „EKBO beschließt Unvereinbarkeit christlicher Verkündigungsarbeit mit rechtsextremen Menschenbild“, die große Eindeutigkeit suggerieren. Bei genauerem Hinsehen handelte es sich bei dem Synodenbeschluss nämlich bloß um einen Auftrag an die Kirchenleitung, Rechtsänderungen herbeizuführen. „Was keine Gesetzesform hat, ist auch rechtlich nicht bindend“, bemerkt der Kirchenrechtler Germann dazu.

Die Synode der mitteldeutschen Landeskirche hat jüngst beschlossen, den Begriff der Kirchenfeindlichkeit in Richtung der AfD zu präzisieren. Künftig solle jeder, der „antisemitische, fremdenfeindliche oder sonst menschenverachtende Positionen vertritt oder sich in entsprechenden Organisationen betätigt“, nicht mehr in einen Gemeindekirchenrat gewählt werden dürfen. Bewerber sollen vor einer Kandidatur zudem künftig folgenden Satz unterschreiben: „Ich erkläre, in keiner extremistischen oder kirchenfeindlichen Partei oder Gruppierung mitzuwirken.“ Mit solchen Mitteln soll eine Unterwanderung kirchlicher Strukturen durch die AfD erschwert werden.

Demoskopische Untersuchungen kamen zwar immer wieder zu dem Ergebnis, dass der Anteil der AfD-Wähler mit steigender Kirchennähe der Befragten sinkt. In der kirchennahen Bevölkerung trifft man auch seltener auf fremdenfeindliche oder antisemitische Einstellungen. Dennoch bestehe die Gefahr, dass das Christentum vom Rechtspopulismus „gekapert“ werde, warnte eine sozialwissenschaftliche Untersuchung im Auftrag der EKD bereits vor zwei Jahren. Das schwindende Wissen in der Gesellschaft über den Bedeutungsgehalt der christlichen Symbole könne solche Prozesse begünstigen, fürchten Experten.

Das gemeinsame Video von Hans-Thomas Tillschneider mit Pfarrer Michaelis bietet dafür Anschauungsmaterial: Der neurechte AfD-Politiker, immerhin ein promovierter Islamwissenschaftler, breitet darin die These aus, dass die christliche Nächstenliebe nicht universal sei, sondern sich lediglich auf den Nahbereich beziehe. Tillschneider verkürzt damit die christliche Ethik, damit sie nicht mehr im Widerspruch zu seiner völkischen Ideologie steht. Die Kirchenleitungen treten solchen Umdeutungen christlicher Kernbegriffe schon lange entgegen. Ihre Möglichkeiten gegen AfD-Vertreter in den eigenen Reihen sind jedoch begrenzt.

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