Zinshoffnungen stimmen Europas Anleger optimistisch
ARCHIV: Das DAX-Logo ist im Handelssaal der Börse in Frankfurt, Deutschland, am 29. Dezember 2017 zu sehen. REUTERS/Ralph Orlowski
Frankfurt (Reuters) – Die Anleger in Europa setzen wieder verstärkt auf Zinssenkungen der großen Notenbanken und greifen bei Aktien zu. Dax und EuroStoxx50 kletterten am Montag jeweils um rund ein Prozent auf 18.195 beziehungsweise 4968 Punkte.
Auch an der Wall Street deuteten die US-Futures auf einen freundlichen Handelsstart hin.
Die Aktienmärkte profitierten dabei weiter von überraschend schwachen US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag. In den USA sind im April deutlich weniger Stellen geschaffen worden als erwartet, was die Hoffnungen auf sinkende Zinsen an den Börsen wiederbelebte. “Die Daten zeugen von einem Arbeitsmarkt, der zwar immer noch angespannt ist, aber nicht mehr so heiß ist wie noch vor ein oder zwei Jahren”, so die Ökonomen von Wells Fargo. “Dies sollte einen weiteren Rückgang der Inflation im Laufe des Jahres unterstützen, selbst wenn die Verbesserung nur nach und nach voranschreitet.” Seit Jahresbeginn hatten sich die Erwartungen an eine Zinssenkung der US-Notenbank Fed an den Börsen merklich abgekühlt.
Unterstützt wurde die positive Stimmung durch Kommentare des EZB-Chefvolkswirt Philip Lane, denen zufolge die nachlassende Inflation bei den Dienstleistern die Argumente für eine Zinssenkung der Europäischen Zentralbank im Juni verstärke. Sowohl die Daten zur Teuerung im April als auch die für das Wirtschaftswachstum im ersten Quartal “bestärken mich in meiner Zuversicht, dass die Inflation rechtzeitig zum Ziel zurückkehren wird”, sagte Lane der spanischen Zeitung “El Confidencial”. Die Inflationsrate im Euroraum liegt aktuell bei 2,4 Prozent und damit in der Nähe der angepeilten Zielmarke von zwei Prozent.
ÖLPREISE IM AUFWIND
Zu den größten Branchengewinnern gehörte der Energiesektor. Treiber waren vor allem die wieder steigenden Ölpreise, angeheizt durch Preiserhöhungen in Saudi-Arabien und die schwindenden Hoffnungen auf eine Feuerpause in Gaza. Die Nordsee-Sorte Brent und die US-Sorte WTI verteuerten sich um jeweils rund ein Prozent auf 83,51 und 78,76 Dollar pro Barrel (159 Liter).
Der wichtige Ölproduzent Saudi-Arabien hatte die Preise für Asien, Nordwesteuropa und den Mittelmeerraum für den Monat Juni angehoben und damit die Erwartung einer starken Nachfrage signalisiert. Zudem nahmen die Sorgen rund um die Lage im Nahen Osten zu. “Berichte, dass Israel seine Militäreinsätze auf Rafah ausdehnen will, bergen die Gefahr, dass ein potenzielles Waffenruheabkommen scheitert”, sagte IG-Analyst Tony Sycamore.
POSTNL VERSCHRECKT ANLEGER MIT ROTEN ZAHLEN
Bei den Einzelwerten verschreckte die niederländische PostNL Anleger mit einem überraschend hohen Quartalsverlust. Die Titel büßten in Amsterdam mehr als vier Prozent ein. Der Deutsche-Post-Konkurrentin machten höhere Löhne, die steigende Beliebtheit von Spartarifen mit einem späteren Zustelldatum und ein erhöhter Krankenstand zu schaffen. In Ihrem Sog rutschten die Ex-Dividende gehandelten Papiere der Deutschen Post mit einem Kursverlust von knapp vier Prozent ans Dax-Ende.
Abstand nahmen Anleger auch vom Mainzer Biotechkonzern Biontech. Die Titel gaben um bis zu sieben Prozent nach, nachdem das weggebrochene Corona-Geschäft und höhere Forschungskosten dem Konzern im ersten Quartal einen Verlust eingebrockt haben.
Auf Achterbahnfahrt gingen unterdessen die Titel des französischen IT-Konzerns Atos. Die Titel schossen zunächst um mehr als zehn Prozent in die Höhe, bevor sie um bis zu sechs Prozent in die Tiefe rauschten. Das kriselnde IT-Unternehmen bestätigte, dass es vier verschiedene Angebote von Investoren zur Umstrukturierung seiner Schulden erhalten habe. Die Sanierung werde die Eigentümer-Struktur aber voraussichtlich radikal verändern und die damit einhergehende Kapitalerhöhung den Anteil der bisherigen Aktionäre massiv verwässern, warnte die hoch verschuldete französische Firma.
(Bericht von Stefanie Geiger, Zuzanna Szymanska; redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter [email protected] (für Politik und Konjunktur) oder [email protected] (für Unternehmen und Märkte).)