Ohrfeige mit Ansage für den DFB
Fifa-Entscheid
Ohrfeige mit Ansage für den DFB
Fifa-Präsident Gianni Infantino verkündet beim FIFA-Kongress dass Brasilien als Gastgeber der Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2027 ausgewählt wurde.
Brasilien richtet die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2027 aus. Die Bewerbung von Deutschland mit Belgien und den Niederlanden unterliegt beim Fifa-Kongress deutlich
Als Gianni Infantino den Umschlag in den Händen hielt und vor der Präsentation eines goldenen Zettels süffisant lächelte, war zu erahnen, dass die wichtigste Abstimmung auf dem 74. Fifa-Kongress in Bangkok ganz im Sinne seines allmächtigen Präsidenten ausgegangen war. Nicht die missliebigen Europäer mit der gemeinschaftlichen Bewerbung aus Belgien, den Niederlanden und Deutschland, sondern Brasilien wurde am Freitag zum Ausrichter der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2027 bestimmt. In der zehnten Auflage werden die Weltmeisterinnen erstmals in Südamerika gekürt. Brasilien gewann mit 119:78 Stimmen gegenüber der unter dem Slogan „BNG“ zusammengefassten Bewerbung aus dem Dreiländereck.
Für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und seinem im Fifa-Council sitzenden Präsidenten Bernd Neuendorf ist das ein herber Rückschlag, der eine zweite Ausrichtung nach der Frauen-WM 2011 unrealistisch macht. Es zeichnet sich ab, dass 2031 entweder die wirtschaftlich potente Doppelbewerbung USA und Mexiko oder Südafrika zum Zuge kommen.
Beide hatten diesmal ihre Offerte zurückgezogen. Über einen neuen Anlauf wollte Neuendorf noch nicht sprechen: „Das werden wir in Ruhe beurteilen und bewerten.“ Vorerst blieb dem DFB nichts anderes übrig, als „die Qualität der Bewerbung des brasilianischen Verbandes (CBF) anzuerkennen“ und Glückwünsche auszurichten.
„Fußball ist ein Wettbewerb, dem wir uns immer wieder stellen. Dazu gehört, dass man nicht immer als Sieger vom Platz geht“, sagte Generalsekretärin Heike Ullrich. Dass die von ihr mit viel Herzblut vorangetriebene Kandidatur bei der offenen Abstimmung so deutlich durchfiel, hat natürlich einen sportpolitischen Hintergrund. Insbesondere Infantino soll Südamerikas Konföderation (Conmebol) noch etwas schuldig gewesen sein, weil bei der auf drei Kontinente verteilten Männer-WM 2030 dort nur drei Spiele stattfinden. Vermutet wird, dass der Impresario mit der asiatischen Konföderation und deren zunehmenden Einfluss aus Saudi-Arabien einen Schachzug inszeniert hat, gerade den Deutschen für ihre Katar-Kritik eine schallende Ohrfeige zu verpassen.
CBF-Präsident Ednaldo Rodrigues vergoss nach dem elektronischen Votum beinahe Tränen der Rührung, als er von einem „Sieg für den Frauenfußball“ sprach. Nun würde man erst einmal „zwei Tage lang feiern“.
Angeblich hätten bereits 69 Millionen Landsleute den brasilianischen Fußballerinnen bei der WM 2023 zugeschaut, wo Marta und Co. genau wie die DFB-Frauen sich in der Vorrunde blamierten. Dennoch würde der Frauenfußball nirgendwo in Südamerika so stark wachsen wie in dem vielfältigen Land, wo laut Selbstauskunft bereits 840 000 Frauen und Mädchen kicken sollen. Fünf Ministerinnen versprachen im Video die volle Unterstützung. 215 Millionen Einwohner und davon fast die Hälfte unter 35 Jahren bieten riesige Chancen – und für Diversität steht dieses Volk ohnehin.
DFB-Chef Neuendorf und Sportdirektorin Nia Künzer hatten in ihren Reden im Queen Sirikit National Convention Center vergeblich für das „kompakteste Turnier“ aller Zeiten geworben. Auch DFB-Kapitänin Alexandra Popp stellte im Video heraus, dass die kurzen Reisezeiten in Bus oder Bahn ja auch für die Spielerinnen günstig seien.
Doch mit Nachhaltigkeit hat bei der Fifa noch niemand gepunktet. Analog zur Männer-WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko sind auch bei der vermutlich vom 24. Juni bis 25. Juli 2027 terminierten Frauen-WM riesige Distanzen in unterschiedlichen Zeit- und Klimazonen zurückzulegen. Gespielt wird nämlich im heißen Norden (Recife, Salvador) wie im kühlen Süden (Porto Alegre), in der Hauptstadt (Brasilia), im Zentrum (Cuiaba), in den Metropolen (Rio de Janeiro und São Paulo) und im Amazonasbecken (Manaus).