Klinik-Atlas geht an den Start Was kann "mein" Krankenhaus?

Ein Schild weist den Weg zu einer Klinik.

Der bundesweite Klinik-Atlas soll heute online gehen. Das Verzeichnis des Bundesgesundheitsministeriums vergleicht Krankenhäuser. Was bietet das Portal - und was ist umstritten?

Tina Handel

Von Tina Handel, ARD Berlin

Wie vergleicht der Atlas die Qualität der Kliniken?

Der sogenannte Bundes-Klinik-Atlas vergleicht die Kliniken einer Region in Bezug auf einen bestimmten Eingriff, etwa eine Darmkrebs-OP: Wie oft wird der Eingriff in der Klinik gemacht? Ist die Klinik für diesen Bereich zertifiziert, in diesem Fall also von der Deutschen Krebsgesellschaft geprüft?

Außerdem gibt es Angaben über die Personalausstattung. "Wie hoch ist der Facharztschlüssel, wie gut ist der Pflegeschlüssel? Das sind hochrelevante Informationen", sagt Gesundheitsminister Karl Lauterbach über sein Projekt.

Ebenso sollen Komplikationsraten aufgeführt werden. Sie können darüber Aufschluss geben, wie oft etwa ein Hüftimplantat falsch liegt oder die Patienten Druckgeschwüre erleiden.

Besonders umstritten ist, dass die Kliniken im Atlas in bestimmte Level eingeteilt werden, die Aufschluss über das Leistungsspektrum geben sollen.

Wo finde ich das Portal, und welche Daten sind schon zum Start verfügbar?

Unter www.bundes-klinik-atlas.de findet sich das Angebot des Gesundheitsministeriums. Dort werden nicht alle Angaben schon zum Start bereitstehen. Die Seite wird schrittweise befüllt. Qualitätssiegel müssen zum Beispiel noch überprüft werden, bevor sie bis 2025 alle online stehen sollen. Auch die umstrittenen Leistungsgruppen sollen noch ergänzt werden.

Bei den Patienten könnte es Verwirrung geben, wenn sie das neue Portal des Gesundheitsministeriums von anderen Angeboten unterscheiden wollen - zumindest, wenn sie einfach nur per Google-Suche unterwegs sind. Es gibt etliche gewerbliche Seiten mit ähnlichen Namen, etwa Klinikradar oder Klinikatlas. Auch die Krankenhausgesellschaft betreibt mit dem Deutschen Krankenhausverzeichnis schon ein Angebot.

Was sind Level und Leistungsgruppen?

Als Leistungsgruppen werden im Portal 65 Bereiche der Medizin definiert, etwa die Herzchirurgie, Augenheilkunde oder Geburtsmedizin. Jedes Krankenhaus wird danach bewertet, welche dieser Leistungen es anbietet.

Daraus ergibt sich, welche Versorgungsstufe, genannt Level, das Krankenhaus erfüllt. Level 1 sind Basisversorger. Sie bieten wichtige Notfallversorgung an, sind aber nicht so breit aufgestellt. Kliniken auf Level 2 bieten schon mehr an, etwa mindestens zwei chirurgische Bereiche. Für Level 3 müssen Kliniken ein großes Spektrum vorhalten.

Warum ist das umstritten?

Die Leveleinteilung sage "nichts über die Qualität der Behandlung aus", kritisiert die Krankenhausgesellschaft. "Es wird vielmehr dazu führen, dass vermeintliche Sternekategorien, also Level, die Patientinnen und Patienten fehlleiten." Sie könnten fortan die große Uniklinik vorziehen. Die hochspezialisierte Fachabteilung einer kleineren Klinik könnte im Transparenzportal untergehen, so die Befürchtung.

Auch die Bundesländer sehen das kritisch und als Eingriff in ihre Krankenhausplanung: Eigentlich soll erst im Rahmen der von Lauterbach geplanten Krankenhausreform genau definiert werden, was Leistungsgruppen sind und welche Versorgungsstufen sich daraus ergeben.

Die Reform, die Mitte Mai das Kabinett passiert hat, soll Kliniken bei der Spezialisierung helfen. Nun teilt das Gesundheitsministerium die Kliniklandschaft selbst schon in bestimmte Gruppen ein, ohne abzuwarten, bis die ganze Reform im Bundestag diskutiert und in Kraft gesetzt wird.

Woher kommen die Daten?

Im Gesetz ist festgeschrieben, dass die Kliniken vierteljährlich Daten melden müssen. Sie kritisieren den hohen Aufwand. Von einem "weiteren Bürokratieschub" spricht der Ärzteverband Marburger Bund.

Gesammelt werden die Daten beim Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIQ). Es erhält neben Klinikdaten auch Angaben von Zertifizierungsstellen oder Krankenkassen. Es prüft zum Beispiel die Aussagekraft von Qualitätssiegeln und Zertifikaten und entscheidet darüber, was veröffentlicht werden soll.

Wie wird sichergestellt, dass die Daten aktuell sind?

Experten gehen davon, dass die Daten im Portal immer etwa zwei Jahre alt sein werden: "Im Jahr 2024 stehen etwa als neueste Daten die von 2022 zur Verfügung", heißt es in einer Studie von Reinhard Busse, Professor für Gesundheitsmanagement an der TU Berlin. Es brauche eben Zeit, Fälle zu erheben und zu prüfen.

Für Busse ist das aber kein Grund, an der Aussagekraft der Zahlen zu zweifeln. Er hat untersucht, wie es Patienten nach einer Hüft-OP oder einem Herzinfarkt ging und ob die Kliniken zwei Jahre später ähnlich gute oder schlechte Ergebnisse vorweisen. Sein Fazit: Wer einmal gut abschneidet, hat auch später "im Behandlungsgebiet um 30 bis 79 Prozent bessere Ergebnisse".

Das heißt: Die älteren Daten sagen den Behandlungserfolg immer noch gut voraus. Ebenso gibt es dort verstärkt Komplikationen, wo es schon vor zwei Jahren mehr Probleme gab.

Bei welchen Erkrankungen lohnt sich der Klinikvergleich?

Bei vielen Krebsarten macht es einen großen Unterschied, ob Patienten in einer spezialisierten Klinik behandelt werden. Das hat 2023 eine Analyse der Regierungskommission für Krankenhausversorgung ergeben. Vor allem bei Brustkrebs und Darmkrebs erreichen zertifizierte Zentren bessere Ergebnisse.

Für Schlaganfallpatienten sei es nicht nur wichtig, schnell behandelt zu werden. Entscheidend sei auch, dass die Klinik über eine so genannte Stroke Unit verfügt. So könnten 5.000 Patienten mehr das erste Jahr nach einem Schlaganfall überleben, heißt es in der Studie.

Wer einen Hüft- oder Kniegelenkersatz braucht, sollte ebenfalls darauf achten, wie oft eine Klinik diesen Eingriff durchführt. Denn erfahrene Behandler sind häufiger bei der ersten OP erfolgreich. Jährlich könnten Hunderte Nachfolge-OPs vermieden werden, wenn Patienten gleich eine Klinik wählen, deren Ärzte bei diesen Hüft- oder Knie-Operationen viel Routine haben. Auch das zeigt die Analyse.

Sind Krankenhäuser bisher so intransparent?

Wer sich informieren will, braucht zumindest viel Zeit. Krankenhäuser stellen bislang Qualitätsberichte online, die oft über 1.000 Seiten lang sind. Darin steht beispielsweise, wie hoch der Verbrauch an Desinfektionsmitteln auf bestimmten Stationen ist oder wie viele Ergotherapeuten es dort gibt.

Gesundheitsminister Lauterbach verspricht, dass eine bessere Übersichtlichkeit und Vergleichbarkeit ein Vorteil seines Portals seien: "Sie sehen dann, wie die Häuser A, B oder C im Vergleich zueinander stehen. Diese Information ist derzeit nicht vorhanden." Auch die Komplikationsraten, die viele Patienten besonders interessieren dürften, seien derzeit nicht so einfach verfügbar und vergleichbar.

Was sagen Patientenschützer zum neuen Angebot?

Sie sind skeptisch und haben Sorge, dass künftig Kliniken ihre Patienten vorsortieren, um sich im Portal als besonders erfolgreich zu präsentieren. Ältere Patienten mit Mehrfacherkrankungen würden oft längere Therapien brauchen, die am Ende trotzdem seltener erfolgreich sind. "Das kann schnell zu einer bevorzugten Aufnahme von jüngeren, erfolgsversprechenden Patienten und einer entsprechenden stationären Ausrichtung führen", sagt Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz. Dementsprechend könnten ältere und chronisch kranke Menschen diskriminiert werden, fürchtet er.

Das Gesundheitsministerium weist solche Befürchtungen zurück. Es würden "Methoden der Risikoadjustierung angewendet", heißt es etwas technokratisch in einer Antwort auf eine Parlamentarische Anfrage dazu. Das heißt: Alter oder Vorerkrankungen könnten bei der Datenauswertung besonders berücksichtigt und Verzerrungen vermieden werden. Das Ministerium verspricht einen "fairen Vergleich".

Patientenschützer Brysch kritisiert auch, dass das Portal vieles außen vor lässt, was den Patientenalltag prägt: lange Wartezeiten, fehlende Ansprechpartner oder die Verschiebung von Untersuchungen seien ebenso wichtige Faktoren. Doch solche Erfahrungen könnte man wohl nur durch Patientenbefragungen einbeziehen. Sich im Bekanntenkreis umhören - das wird also wohl weiter die Entscheidung für oder gegen eine Klinik beeinflussen.

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