Immobilien: Hier sind Mieter deutlich im Vorteil
In Berlin ist Mieten deutlich günstiger als Kaufen. Foto: dpadata-portal-copyright=
Das Institut der deutschen Wirtschaft hat berechnet, wo kaufen günstiger ist als mieten. In knapp einem Drittel der deutschen Städte und Landkreise zahlen Eigentümer demnach weniger. Doch die Unterschiede sind enorm.
Der Kauf einer Immobilie ist vor allem ein emotionales Thema. Bei der Besichtigung denken viele Interessenten lieber an entspannte Abenden im Garten als an trockene Kosten-Nutzen-Rechnungen. Die Frage, ob der Erwerb eines Hauses oder einer Eigentumswohnung auch unter rein ökonomischen Gesichtspunkten die klügere Wahl ist, stellt sich für die allermeisten Kaufinteressenten eher weniger. Der Hauskauf ist ein Wert an sich.
Klar, Eigentümer bilden Vermögen, ihnen gehört nach der letzten Ratenzahlung ein ordentlicher Vermögenswert. Anders bei Mietern, die allerdings mehr Geld zur Verfügung haben, um es rentierlich anzulegen. Was aber lohnt sich unter dem Strich mehr? Viele Faktoren beeinflussen die Betrachtung – Kaufpreise, Mietpreise, Zinsentwicklung.
Nun haben das Institut der Wirtschaft (IW) Köln und das Immobilienunternehmen Accentro in ihrem jährlichen Wohnkostenreport berechnet, wo kaufen und wo mieten günstiger ist. Die Studie liegt der WirtschaftsWoche exklusiv vor und bezieht sich immer aufs Vorjahr, in dem Fall also 2023. Das Ergebnis: In 127 von insgesamt 401 deutschen Landkreisen und kreisfreien Städten sind Käufer gegenüber Mietern im Vorteil. Das entspricht einem Anteil von 31,7 Prozent. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor lohnte sich der Kauf demnach noch in 328 oder 81,8 Prozent der Landkreise und Städten mehr.
„Die Selbstnutzerkosten stiegen im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr noch einmal an“, sagt Michael Voigtländer vom IW Köln. Bundesweit liegt das Plus bei durchschnittlich 30 Prozent. Der Grund: die gestiegenen Zinsen. Während 2022 die Finanzierungskosten vom Niedrigzinsniveau kommend immer weiter stiegen, lagen sie dann konstant ziemlich knapp und teilweise über der Vier-Prozent-Marke.
In den Metropolen sind Mieter im Vorteil
In seiner Berechnung ging das IW Köln nun von einem Hypothekenzins von 3,8 statt 2,65 Prozent aus – eine Zunahme um 42,4 Prozent. Zwar gingen auch die Immobilienpreise zurück, in der Studie wird ein Rückgang um 5,2 Prozent angesetzt. Doch der Preisverfall konnte die gestiegenen Zinsen nicht kompensieren. Bei Neuvertragsmieten geht das IW Köln von einer Steigerung von 5,3 Prozent aus, diese beziehen sich auf die von neu einziehenden Bewohnern zu zahlenden Mieten.
Ob sich Kaufen oder Mieten eher lohnt, ist vor allem eine Frage des Standorts. In den sieben Metropolen zum Beispiel sind durchweg Mieter im Vorteil, der immer noch hohen Kaufpreise in Kombination mit den gestiegenen Zinsen wegen. In Köln und Düsseldorf sind die Unterschiede noch moderat. Hier ist Mieten 1,7 Prozent beziehungsweise 4,7 Prozent günstiger als Kaufen.
Deutlicher ist die Lage etwa in Berlin, Hamburg und München. In der Bundeshauptstadt liegen die Kosten für Selbstnutzer der IW-Studie zufolge 56,8 Prozent über den Mietkosten, in Hamburg sind es 40,4 Prozent und in München 33,5 Prozent. Ökonom Voigtländer relativiert diese Zahlen jedoch ein wenig: „Lokal gibt es auch noch große Differenzen. Je weiter man sich von den Zentren der Metropolen entfernt, umso kleiner wird der Kostenvorteil vom Mieten.“
Der Wohnkostenreport identifiziert vor allem zwei Gegenden, wo Mieter deutlich im Vorteil sind: im Landkreis Haßberge in Bayern und im nordrhein-westfälischen Hagen. Wegen des niedrigen Mietniveaus vor Ort wäre Kaufen hier doppelt beziehungsweise fast doppelt so teuer. In vielen ostdeutschen Gegenden wie dem thüringischen Sömmerda, Oder-Spree in Brandenburg und Bautzen in Sachsen lohne sich dagegen der Eigenheimerwerb im Vergleich zur Miete. Die Kaufpreise dort sind tendenziell niedrig. Diese Betrachtung gilt für Selbstnutzer: Weil es gerade in der ostdeutschen Provinz hohe Leerstandsquoten gibt und die Vermietung schwierig werden kann, bergen Immobilien zur Kapitalanlage dort größere Risiken. Diese drücken sich auch in relativ hohen Mietrenditen aus.
Steigende Zinsen machen Kauf unattraktiv
Weil der Wohnkostenreport sich auf Daten aus dem Vorjahr bezieht, dient er vor allem als Blick in den Rückspiegel. IW-Experte Voigtländer geht davon aus, dass im laufenden und kommenden Jahr eine Trendumkehr eintreten und sich wieder in mehr Landkreisen und Städten Kaufen gegenüber dem Mieten rechnen wird. „Ursächlich dafür sind die weiterhin steigenden Neuvertragsmieten, die eher sinkenden Fertigstellungszahlen sowie die Stabilisierung der Zinsentwicklung.“ Auch Accentro-Chef Jörg Neuß sagt: „Die Kaufpreise haben sich nach einem leichten Rückgang stabilisiert, gleichzeitig steigen die Mieten stetig aufgrund der immensen Wohnraumnachfrage.“
Für die Berechnung, ob sich Kaufen oder Mieten eher lohnt, hat das IW Köln einige Annahmen getroffen. So wird beispielsweise vorausgesetzt, dass der Mieter das alternativ beim Kauf aufzubringende Geld – beispielsweise Kaufnebenkosten sowie Zinskosten und den Eigenkapitalanteil am Kaufpreis – zu 4,22 Prozent Zins pro Jahr anlegt. Diese Annahme basiert auf der Umlaufrendite von Inhaberschuldverschreibung von Unternehmen und ist letztlich eine Art Kompromisslösung. Würden Mieter ihr Erspartes nämlich quasi zinslos auf dem Girokonto parken, sähe der Vergleich für sie nachteiliger aus. Würden sie es stattdessen langfristig am Aktienmarkt investieren, wäre es tendenziell vorteilhafter.
Diese Zinseinnahmen entgehen dem Eigentümer, da sein Geld in der Immobile gebunden ist. Beim Selbstnutzer als Eigentümer betrachtet das IW Köln vor allem die Zinskosten (wobei der angenommene Kreditanteil 85 Prozent ausmacht) sowie Sanierungs- und Instandhaltungskosten oder eine zu erwartende Wertminderung. Außerdem berücksichtigen die Ökonomen zu erwartende Wertzuwächse der Immobilie durch Preissteigerungen. Diese taxieren sie auf 2,5 Prozent pro Jahr.
In der Studie berücksichtigt das IW Köln bei den Kaufnebenkosten nur die entgangenen Zinserträge, die Mieter auf dieses Geld – anders als Selbstnutzer – erzielen können. Der Umstand, dass die Kaufnebenkosten nicht der Vermögensbildung dienen, findet keinen Einfluss. Während dem Kaufpreis der Immobilie selbst ein Gegenwert gegenübersteht, sind die Kaufnebenkosten hingegen verlorene Ausgaben. Bei einem späteren Verkauf würde der Käufer nicht mehr zahlen, nur weil die Kaufnebenkosten ursprünglich sehr hoch waren. Das spielt vor allem bei einer begrenzten Zeitspanne von einigen Jahren in der Immobilie eine Rolle. „Je länger Eigentümer in dem Haus leben, umso irrelevanter werden die Kaufnebenkosten“, sagt IW-Experte Voigtländer.
Anders gesagt: Für den typischen Selbstnutzer, der auch noch im Rentenalter in der Immobilie leben möchte, ist diese Betrachtungsweise passend. Wer hingegen nur über 10 oder 15 Jahren in der Immobilie wohnen möchte, für den stellt die Studie den Kauf noch etwas zu gut dar.
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