Ukraine-Krieg: Charkiw-Offensive kommt nicht voran – Dämpfer für Putins Russland

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Wladimir Putin verzeichnet hohe Verluste an der Front.

Die russische Invasion der Ukraine ist endgültig in der Phase des Abnutzungskrieges angelangt. Denn ungeachtet schwerer Verluste konnte Russland über die vergangenen Wochen weder an der Charkiw-Front noch an anderen Abschnitten der über 1.200 Kilometer langen Frontlinie bis auf Eroberung weniger kleiner Ortschaften nennenswerte Erfolge verzeichnen.

Den ukrainischen Verteidigungskräften gelingt es unter hoher Opferzahl, die gesamte Front weitgehend erfolgreich zu halten. Gleichzeitig werden aber ernstzunehmende Schwächen in der Verteidigung offenbar. Letztere gelingt es Moskau aber nur begrenzt zu nutzen. Gleichzeitig konnte Kyjiw über die vergangenen Wochen auch einzelne punktuelle Offensiverfolge verbuchen.

Von einer erfolgreichen Gegenoffensive der Ukraine kann allerdings angesichts zunehmender Rekrutierungsprobleme nicht die Rede sein. Doch auch Russland begegnet trotz eines ungleich größeren Rekrutierungspotentials einem zunehmenden Personalmangel, der erfolgreiche Offensivoperation verunmöglicht. Im Herbst könnten die angekündigten weiteren Lieferungen moderner Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot zudem die Lage an der Front dramatisch zugunsten der Ukraine wenden.

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Ukrainer schießen auf russisches Militär in der Nähe von Donetsk.

Über sieben Wochen dauert die Charkiw-Offensive russischer Streitkräfte bereits an. Unmittelbar nach ihrem Beginn gegen Ende der zweiten Maiwoche wurden in den Telegram-Kanälen der russischen Kriegsberichterstatter drei ambitionierte Ziele angekündigt.

1.     Tiefer Vorstoß in Richtung Charkiw und Vorrücken bis zur zweiten ukrainischen Verteidigungslinie;

2.     Schaffung einer Pufferzone in der Region Charkiw, um Artillerieangriffen gegen Ziele in der Region Belgorod vorzubeugen;

3.     Eine operative Verlängerung der Front zur Schwächung ukrainischer Verteidigung durch erzwungene Truppenverlegungen und Herauslocken der Reserven entlang der über 1.200 Kilometer langen Frontlinie

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Russische Bomben flogen auf eine Poststation in Charkiw.

Bis auf Einzelerfolge beim dritten Ziel sind diese ambitionierten Ziele nicht erreicht worden. Überhaupt kam die russische Offensive an der Charkiwer Front nach wenigen Wochen faktisch zum Erliegen. Der russische Militärblogger Alexander Kots spricht angesichts der Opferzahlen auf russischer Zeit von einem „Fleischwolf“. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj behauptet gar, dass die russischen Verluste bei der Charkiw-Offensive bis zu achtmal höher als die Verluste der Ukraine seien. Ob dieser Vergleich den Tatsachen entspricht, lässt sich aktuell nicht verifizieren. Allerdings scheinen Russlands Erfolge entlang der gesamten über 1.200 Kilometer langen Frontlinie trotz schwerer Verluste überschaubar zu bleiben.

Die wesentlichen russischen Erfolge bleiben aktuell auf die Zerstörung des ukrainischen Brückenkopfes bei Krynky am linken Ufer des Dnipro in der Region Cherson, der sieben Monate lang ständigem Beschuss und Angriffen der russischen Streitkräfte standgehalten hatte, sowie auf zwei Einbrüche in die ukrainische Verteidigungslinie nahe der russischen Grenze im Norden Charkiws beim Dorf Lypzi und im Nordosten bei der Kleinstadt Wowtschansk beschränkt.

Vor allem die nur wenige Kilometer von der russischen Grenze liegende ukrainische Kleinstadt Wowtschansk gilt als eine Schlüsselstadt für den Erfolg der Charkiw-Offensive. Ungeachtet der völligen Zerstörung Wowtschansks durch Artilleriebeschuss und erschreckender Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung in den besetzten Stadtteilen gelingt es den ukrainischen Verteidigungskräften, die russischen Besatzungstruppen an der Einnahme der Stadt weitgehend zu hindern. Mittlerweile häufen sich Meldungen über russische Misserfolge bei Wowtschansk, auch sollen bis zu 400 russische Soldaten auf einem Fabriksgelände eingekesselt worden sein. Letzteres weckt Erinnerungen an die brutale Eroberung der Stadt Mariupol. Die britische Tageszeitung The Daily Telegraph berichtete unter Verweis auf ukrainische Militärquellen über einen teilweisen Truppenabzug der Russen bei Wowtschansk zur Vorbereitung der Sommeroffensive im Donbas.

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In Charkiw in der Ukraine werden immer wieder Wohnhäuser bei russischen Angriffen von Fliegerbomben getroffen und beschädigt.

Vergangene Woche rückten russische Truppen nämlich entlang des Frontabschnitts Kupjansk–Swatowe–Kreminna vor. Das aktuell zentrale Ziel Russlands in der Region Donezk ist die strategisch wichtige Kleinstadt Tschassiw Jar. Die Einnahme des heftig umkämpften Ortes wäre für Moskau ein bedeutender Durchbruch in Richtung der Stadt Kramatorsk, ein wesentlicher Schritt zur Eroberung der stark ausgebauten Verteidigungsstellungen bei Kramatorsk und Slowjansk und damit der Kontrolle über Donbas.

Doch auch wenn es den ukrainischen Verteidigungskräften gelingt, die gesamte Front weitgehend erfolgreich zu halten, wurden ernstzunehmende Schwächen in der Verteidigung offenbar, welche in hohe und wohl vermeidbare Verluste gipfelten. Die öffentliche Kritik führte zur Absetzung des für die östlichen Frontabschnitte zuständigen Generalleutnants Juri Sodol. Sein Nachfolger Brigadegeneral Andrij Gnatow war einer der Verantwortlichen für die erfolgreiche Verteidigung Mykolajiws und leitete die zunächst erfolgreiche Verteidigung von Bachmut.

Nach Ansicht von westlichen Militärexperten würde allerdings ein ernstzunehmender russischer Durchbruch an einem Frontabschnitt in eine Tiefe von 50 bis 70 Kilometer zumindest 100.000 Mann an Truppenstärke erfordern. Die Freiwilligenmeldungen dürften den Bedarf der russischen Streitkräfte schon lange bei weitem nicht mehr decken. Gleiches scheint auch für die Rekrutierung in den russischen Gefängnissen zu gelten. Angesichts der gegenwärtigen Truppenverteilung sowie laufender Verluste auf russischer Seite sind große Offensivoperationen ohne eine weitere Mobilmachungswelle wohl kaum durchführbar. Letzteres birgt allerdings innenpolitisch Sprengkraft und dürfte vom Kreml als die allerletzte Option gezogen werden. Währenddessen scheint sich in der strategisch wichtigen Frage der von der Ukraine dringend benötigten Flugabwehrsysteme der Kriegsnebel zu lichten.

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Wolodymyr Selenskyj

Seit Frühjahrsbeginn intensivierte Russland die Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine, so insbesondere das ukrainische Energiesystem. Durch konsequente russische Angriffe bleiben beispielsweise in der Region Charkiw zehntausende Menschen ohne Strom. Auch die russischen Angriffe gegen zivile Objekte halten seit Wochen an. Mit dem gezielten Terror gegen die ukrainische Bevölkerung (denn anders können diese Angriffe Russlands vom objektiven Standpunkt aus betrachtet keinesfalls bezeichnet werden) versucht der Kreml, den Verhandlungsdruck auf die ukrainische Führung sowie auch den Westen zu erhöhen.

Doch wie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj völlig zutreffend darlegte, bedürfe es zu einem weitgehend wirksamen Schutz des ukrainischen Luftraumes fünf bis sieben weiterer Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot. Denn dieses US-amerikanische System eignet sich hervorragend zum Abschuss russischer ballistischer Raketen vom Typ Iskander, S-300, S-400, kann selbst modernste Raketen vom Typ Zirkon abfangen und auch gegen russische Flugzeuge, die schwere Bomben abwerfen, eingesetzt werden. Damit könnte eine wirksame Verteidigung von Städten sowie von Objekten kritischer Infrastruktur sichergestellt werden.

Aktuell verfügt die Ukraine über insgesamt vier Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot: zwei aus den USA und zwei aus Deutschland. Im April stellte die deutsche Bundesregierung zudem eine zeitnahe Lieferung eines weiteren Patriot-Flugabwehrsystems in Aussicht. Aber auch die USA sowie die Niederlande planen jeweils ein weiteres System zu schicken. Aus Italien soll ein vergleichbares System kommen. Rumänien möchte demnächst sogar die neueste Variante Patriot PAC-3 (Patriot Advanced Capability-3) liefern, welche gegen Marschflugkörper mit Tarnkappentechnik eingesetzt werden kann. Vergangene Woche wurde zudem bekannt, dass aktuell mit Israel Verhandlungen über die Lieferung von bis zu acht im April 2024 außer Dienst gestellten Patriot-Flugabwehrsystemen geführt werden. Wie Handelsblatt zutreffend festhält, würde dieser Schritt nicht nur die Luftverteidigung der Ukraine deutlich stärken, sondern einen deutlichen Wandel in der israelischen Position zum Krieg in der Ukraine sowie auch Russland gegenüber bedeuten. Bislang hielt sich Israel mit offener Kritik an der russischen Invasion zurück, versuchte im Frühjahr 2022 als Vermittler zu agieren und beteiligte sich lediglich an internationalen Hilfslieferungen, nicht jedoch an Waffenlieferungen. Auf diese Weise könnte die Ukraine noch im September bis zu sieben Patriot-Systeme einsetzen, damit der erfolgreichen russischen Vormarschtaktik des vergangenen Winters Einhalt gebieten und die Lage auf dem Schlachtfeld erheblich zu eigenen Gunsten verändern.

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