Ein Fußball-Sommermärchen: Wie sich zwei Brüder ihren EM-Traum erfüllen
16.000 Freiwillige machen Deutschlands großes Fußballfest möglich. Zwei Brüder aus der Oberlausitz kommen dabei ihren Idolen ganz nah.
Warten auf den Zug am Bahnhof Dresden-Neustadt: Die Brüder Dario und Lennart Franke (r.) aus Demitz-Thumitz sind Euro-Volonteers in Leipzig und dort regelmäßig im Einsatz, © Jürgen Lösel
Demitz-Thumitz. Sie sind schon von weitem gut zu erkennen: Im saftig-grünen Sportklamotten warten Lennart und Dario Franke am Bahnhof Dresden-Neustadt. „Volunteer“ steht in großen Buchstaben auf dem Stoff – und zeichnet die beiden Brüder besonders aus. „Freiwilliger“ heißt die Übersetzung – und in dieser Funktion sind die beiden Demitz-Thumitzer quasi das freundliche Gesicht des Gastgeberlands Deutschland bei der derzeitigen Europameisterschaft. Die Studenten gehören zum Team der UEFA-Botschafter in Leipzig, die für ein reibungsloses und gastfreundliches Turniererlebnis für alle am Stadion und in der ganzen Stadt sorgen.
Die Geschichte vom gemeinsamer Brüder-Sommermärchen beginnt bereits vor über einem Jahr. „Unser Vater hatte den Volunteer-Aufruf in unsere Familien-WhatsApp-Gruppe gestellt“, sagt Lennart Franke. Das Angebot klingt verlockend für die sportbegeisterten Brüder: hautnah dabei sein bei einem der größten Sportereignisse im Land. Die Bewerbung ist schnell geschrieben. Auf die mehr als 1.600 Plätze in Leipzig kommen knapp 8.000 Interessierte zwischen 18 und knapp 90 Jahren. Insgesamt werden für alle zehn Gastgeber-Städte 16.000 Volunteers gesucht.
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Nah dran an Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger
Mindestens zwei der 16.000 kommen aus der Oberlausitz. Für Lennart und Dario Franke heißt das zurzeit ein Leben zwischen Studium, Sport und Botschafter-Tätigkeit. Die Kombination ist zumindest dem 22-jährigen Lennart bestens bekannt. In der 9. Klasse absolvierte der Linksverteidiger der zweiten Mannschaft des Bischofswerdaer FV08 ein Praktikum beim Sportbund.
Seitdem ist der Student für Produktionstechnik unter anderem im Sport-Promotion-Team im Landkreis Bautzen unterwegs. Er sorgt dafür, dass das Sportbundmaskottchen bei allen Veranstaltungen dabei ist. Aktiv ist er auch als zweiter Vorsitzender der Sportjugend und im Juniorteam der Sportjugend Sachsen (SJS). „Das ist eine Vernetzung junger Menschen aus Sachsen, die sich eigenverantwortlich engagieren und mit ihren Ideen die Arbeit mitgestalten können. Wenn uns zum Beispiel das Thema Inklusion interessiert, können wir mithilfe des Juniorteams solche Projekte auf den Weg bringen“, sagt der Demitz-Thumitzer, der ein ganz kleines bisschen für Lionel Messi schwärmt. Der Argentinier ist für ihn der „beste Fußballspieler der Welt“.
Ein paar Armlängen entfernt von einem nahezu ebenso bekannten Fußballer war Lennart Franke schon bei einem seiner Freiwilligen-EM-Einsätze in Leipzig. „Im Hotel für die UEFA-Funktionäre stand EM-Turnierdirektor Philipp Lahm zwei Meter entfernt von mir.“ Auch Weltmeister und ARD-Kommentator Bastian Schweinsteiger konnte er schon aus der Nähe erleben. Jedoch ist es nicht seine Aufgabe, nach prominenten Fußballspielern Ausschau zu halten, Fotos zu machen oder Autogrammen hinterherzujagen. Stattdessen ist er als Springer an unterschiedlichsten Orten im Einsatz.
Denn ohne Ehrenamtliche wie die Franke-Brüder wäre eine Veranstaltung wie die EM gar nicht möglich. Sie begrüßen Besucher am Flughafen und am Hauptbahnhof. Sie sind Betreuer und Ansprechpartner für Fans. Sie fahren offizielle Gäste ins Stadion, helfen im Ticket-Center bei Problemen, bei Dopingtests oder bei den Akkreditierungen und einige sind auch auf dem Spielfeld – im Hintergrund – dabei.
In insgesamt 25 Bereichen werden Freiwillige eingesetzt. Der 19-jährige Dario – er studiert Wirtschaftsingenieurwesen in Dresden – gehört zu den Kontakt-Leuten in der Fanzone am Leipziger Augustusplatz. 15.000 Plätze sind laut Stadt Leipzig für Public Viewing zwischen Oper, Uni und Gewandhaus vorhanden. Wer rechtzeitig kommt, darf rein. Der Eintritt ist frei.
Fußballspiele in der Mediathek statt auf dem Platz
Lennart Franke dagegen ist dort im Einsatz, wo er gebraucht wird. „Ich habe schon eine Stadionführung übernommen, war bei einer Pressekonferenz dabei. Ich kann in jede beliebige Position springen. Ich würde mich jederzeit wieder als Volunteer bewerben. Alle kommen hier mit einem Lachen auf dem Gesicht zu ihrer Arbeit, es sind tolle Menschen jeden Alters, die dieses Fußballfest möglich machen. Wir sind alle dabei, um dieses Fest mitzuerleben“, sagt der Freiwillige.
Nur einen kleinen Wermutstropfen hat seine aktuelle Tätigkeit. Wenn er im Dienst der UEFA ist, kann er die Spiele nicht live am Fernseher verfolgen. Ab wozu gibt es schon Zusammenfassungen und eine Mediathek?
Mit dem Achtelfinalspiel am 2. Juli (Österreich gegen die Türkei) gehen für die Brüder zweieinhalb spannende Wochen zu Ende. Und wer so nah dran war, hat da garantiert auch einen Tipp für den Gewinner des Turniers. „Deutschland wird Europameister. Mit der Euphorie im Rücken bin ich überzeugt, dass das was wird“, sagt Lennart Franke.
Nach dem Freiwilligen-Einsatz will er noch eine Woche Zelturlaub in Dänemark machen. Danach geht’s an den Schreibtisch zum Schreiben der Diplomarbeit. Aber vielleicht schweifen die Gedanken ja hin und wieder mal ab in Richtung Fußballsommermärchen 2024.
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