Ukraine rekrutiert in Straflagern neue Soldaten

Region Dnipropetrowsk. Der Ukraine gehen die Soldaten aus. So wendet sie sich denn einem bislang ungenutzten Potenzial zu: Männern, die im Gefängnis sitzen. Das Interesse hat laut Justizministerium die Erwartungen übertroffen.

ukraine rekrutiert in straflagern neue soldaten

Ein ukrainischer Straftäter, der sich als Soldat rekrutieren ließ, bei der Militärausbildung in der Region Dnipropetrowsk im Juni 2024.

In einer ländlichen Strafkolonie im Südosten der Ukraine stehen mehrere Häftlinge vor einem Stacheldrahtzaun und hören einem militärischen Rekrutierer zu, der ihnen ein Angebot macht: Ihr könnt auf Bewährung freikommen, wenn ihr euch dem Kampf gegen die russischen Invasoren anschließt. „Ihr könnt dieses hier beenden und ein neues Leben beginnen“, sagt der Mann, der einem Freiwilligen-Angriffsbataillon angehört. „Die Hauptsache ist euer Wille, denn ihr werdet das Mutterland verteidigen. Ihr werdet nicht mit 50 Prozent Erfolg haben, ihr müsst 100 Prozent von euch selbst geben, sogar 150 Prozent.“

Russlands Angriffskrieg dauert bereits mehr als zwei Jahre, und die Ukraine braucht dringend mehr Kräfte auf dem Schlachtfeld. Nun sollen Hunderttausende zusätzliche Männer zum Dienst eingezogen werden, und erstmals wendet sich die Ukraine bei ihrer Rekrutierung auch einem bislang ungenutzten Potenzial zu: inhaftierten Straftätern. Zwar gibt es keine offiziellen Angaben über die Zahl der eingesetzten ukrainischen Soldaten oder Opfer. Aber Kommandeure an der Frontlinie räumen offen ein, dass sie es mit ernsten Personalproblemen zu tun haben, zumal die Russen ihre Truppen in der Ostukraine verstärken und sich schrittweise in Richtung Westen vorschieben.

Bereits mehr als 3000 Häftlinge für Kriegsdienst auf Bewährung frei

Mehr als 3000 Häftlinge sind bereits auf Bewährung freigelassen und militärischen Einheiten zugeordnet worden, nachdem das Parlament im Mai diese Art der Rekrutierung im Rahmen eines kontroversen Mobilisierungsgesetzes gebilligt hatte, wie die ukrainische Vizejustizministerin Olena Wysozka der Nachrichtenagentur AP sagte. Nach Schätzungen des Ministeriums könnten ungefähr 27 000 verurteilte Straftäter für das neue Programm in Frage kommen. Wysozka zufolge ist es für viele potenzielle Anwärter ein treibendes Motiv, „als ein Held nach Hause zurückzukehren anstatt aus dem Gefängnis“.

Ernest Wolwatsch möchte das Angebot annehmen. Der 27-Jährige wurde wegen Raubes zu zwei Jahren in der Strafkolonie in der Region Dnipropetrowsk verurteilt. Er arbeitet dort in der Küche, füllt Schüsseln mit Essen. „Es ist dumm, hier zu sitzen und nichts zu tun“, sagt Wolwatsch, der sich nach eigenen Angaben seit dem Beginn des Krieges gewünscht hat, „etwas für die Ukraine zu tun“ und die Gelegenheit zu haben, sich beim Militär einzuschreiben. Jetzt habe er eine Chance dafür.

Für ukrainische Soldaten im aktiven Dienst gilt für gewöhnlich, dass aus Sicherheitsgründen nur ihr Vorname oder ein Rufname genannt wird. Viele der Insassen in der Strafkolonie baten darum, ebenfalls nur mit Vornamen identifiziert zu werden, um Probleme im Fall ihrer Militärdienste zu vermeiden. Dazu zählt der 30-jährige Wolodymyr, der in einer Werkstatt des Straflagers Metallbolzen anfertigt. Er will sich, wie er sagt, freiwillig den Streitkräften anschließen, wenn er seine Strafe in einem Jahr verbüßt hat, aber nicht jetzt, denn unter dem Bewährungsprogramm gebe es keinen Heimaturlaub.

Nicht jeder Strafgefangene bekommt Angebot für Kriegsdienst

Vor einer etwaigen Freilassung werden die Häftlinge befragt und medizinisch untersucht. Und wer wegen Vergewaltigung, andere sexuelle Übergriffe, Mordes an zwei oder mehr Menschen oder Verbrechen gegen die nationale Sicherheit verurteilt worden ist, kommt nicht für das Programm in Frage.

Ukrainische Offizielle sind darauf bedacht, dass zwischen ihrem Angebot und der russischen Rekrutierung von Gefängnisinsassen für die berüchtigte Söldnergruppe Wagner unterschieden wird. Jene Kämpfer seien gewöhnlich in die tödlichsten Schlachten geschleust worden, aber das ukrainische Programm ziele darauf ab, die Freigelassenen in reguläre ukrainische Einheiten an der Frontlinie zu integrieren.

Laut der EU zugeleiteten Regierungsstatistiken sind in der Ukraine etwa 42.000 Menschen inhaftiert. Während jüngste Reformen die Zahl der Insassen reduziert und die Bedingungen in einigen Einrichtungen verbessert haben, gibt es aber weiter Kritik von außen am Umgang mit manchen Gefangenen. So sprach das US-Außenministerium in seinem Menschenrechtsbericht 2023 von glaubwürdigen Berichten über „entwürdigende Behandlung oder Bestrafung“ durch Gefängnisbehörden.

Interesse von Häftlingen an Rekrutierung größer als erwartet

Wer sich für eine Freilassung auf Bewährung qualifiziert hat, wird rasch in Lager geschickt, wo er den Umgang mit der Waffe und andere wesentliche Kampfgrundlagen lernt. Die Ausbildung wird später, nach der Eingliederung in individuelle Einheiten, ergänzt und abgeschlossen.

Der freigelassene Mychajlo hat einen Angriffskurs absolviert und sagt, dass es schwer gewesen sei, den physischen Anforderungen zu entsprechen - nach Monaten relativer Inaktivität im Gefängnis in gepanzerte Personentransporter zu klettern und dann wieder heraus und Hindernisparcours zu bewältigen. „Ich habe mich dafür entschieden, mich in die ukrainische Freiwilligenarmee einzuschreiben, denn ich habe eine Familie daheim, Kinder, Eltern“, erzählt der 29-Jährige und muss dabei den Lärm von einem nahe gelegenen Schießstand übertönen. „Ich werde im Krieg nützlicher sein.“

Vizejustizministerin Wysozka sagt, dass das Interesse am Bewährungsprogramm die Erwartungen übertroffen habe. Es könne bis zu 5000 neue Rekruten bescheren, und „das würde definitiv helfen“.

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