Frankreich-Wahl: Macron zockt weiter – Le Pen folgt Mission

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Emmanuel Macron ist der Verlierer des ersten Parlamentswahlgangs. Doch er zeigt sich recht unbeeindruckt. Das Bild zeigt ihn am 29. Juni mit seiner Frau Brigitte beim Strandspaziergang.

Das „Rassemblement National“ (RN) von Marine Le Pen hat im ersten Durchgang der Parlamentswahlen 33 Prozent der Stimmen erzielt – Rekord für die Rechtsnationalen. In der Nationalversammlung werden die Lepenisten wegen des Mehrheitswahlrechts fast die Hälfte aller Sitze belegen, vielleicht auch mehr. Vor fünf Jahre wäre das noch schlicht unvorstellbar gewesen. Dass der Aufschrei im „republikanischen“ Gegenlager am Montag nicht größer war, hat einzig damit zu tun, dass sich die Franzosen langsam an die Idee einer Präsidentin Le Pen oder einer Regierung Bardella – so heißt ihr Parteichef – gewöhnen. Die Umfrageinstitute rechneten mit dem Wahlresultat, das insofern keine Überraschung darstellt. Welche Schlüsse kann man aus dem ersten Wahlgang ziehen und wie geht es jetzt weiter? Ein Überblick.

Hat das Wahlergebnis in Frankreich historische Bedeutung?

Ja, über die Jahre betrachtet ist der Vormarsch des RN historisch. Nicht nur wahlarithmetisch, sondern auch ideell: Die französische Devise der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wird von Le Pens Losung der „nationalen Priorität“ vor Ausländern gleichsam auf den Kopf gestellt. Le Pen gibt sich heute republikanisch, schließt Rassisten aus der Partei aus und verteidigt Israel und die französischen Juden, wenn sie in den Vorstädten Opfer antisemitischer Attacken werden. Ob sie das aus Opportunismus oder aus Überzeugung tut, ist fraglich, aber letztlich sekundär: Tatsache ist, dass sie ihrem Ziel, 2027 in den Elysée-Palast einzuziehen, ihr gesamtes politisches Programm unterordnet. Le Pens Thesen lösen die der Menschenrechtsnation langsam aber sicher ab. Vor allem, wenn sie in einer Woche an die Regierungsmacht kommen sollte.

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Wie geht es nun in Frankreich weiter?

Nach dem Erfolg der Lepenisten im ersten Wahlgang formiert sich in Frankreich eine „republikanische Front“ gegen die RN-Kandidaten. Das bedeutet konkret, dass sich einzelne schlecht platzierte „republikanische“ Kandidaten in ihrem Wahlkreis zugunsten eines „republikanischen“ Gegenspielers zurückziehen, wenn dieser dadurch den RN-Kandidatin besiegen könnte. Die linken, grünen oder Mitte-Parteien erlassen feierliche Appelle an die Wähler, nicht für das RN, sondern eine „republikanische“ Partei einzulegen. So auch Macrons Premierminister Gabriel Attal.

Der sozialdemokratische Europawahl-Listenführer Raphaël Glucksmann erklärte: „Wir haben eine Woche, um eine Katastrophe zu verhindern.“ Nötig sei ein strikter „cordon sanitaire“, eine Brandmauer gegen das RN. Alle halten sich nicht daran: Konservative Republikaner sind zum Teil abgesprungen und haben sich unter Führung ihres Parteichefs Eric Ciotti den Lepenisten angeschlossen. Politologen glauben, dass die Brandmauer in Frankreich kaum mehr funktioniert.

Die Lage ist zudem in jedem Wahlkreis anders. Das Mehrheitswahlrecht bringt es mit sich, dass in jedem Wahlkreis unabhängig abgestimmt wird. Im zweiten Wahlgang sind noch die – meist zwei, drei oder vier – Bewerber dabei, die im ersten Wahlgang 12,5 Prozent oder mehr gemacht haben.

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Was, wenn Le Pen die absolute Mehrheit erringt?

Die große Frage ist, ob das RN im zweiten Wahlgang in einer Woche in der 577-köpfigen Nationalversammlung die absolute Mehrheit von 289 Sitzen erringen wird. Die Umfrageinstitute sagen ihr zwischen 230 und 280 Sitze voraus. Das würde ihr also nicht genügen. Doch diese Vorhersagen sind nicht sehr zuverlässig. Wenn das RN die absolute Mehrheit erreicht, kommt es unweigerlich zu einer „Cohabitation“ zwischen einem Präsidenten und einem Premier unterschiedlicher Parteiherkunft. Präsident Macron müsste RN-Parteichef Jordan Bardella mit der Regierungsbildung betrauen.

Kommt Bardella an die Macht, will er als erstes die Energiepreise und die Mehrwertsteuer senken und Lohnerhöhungen subventionieren. Später sollen Maßnahmen gegen die Immigration und Macrons Rentenreform folgen. Dagegen würde es Straßenproteste linker Organisationen geben. Im Bildungssektor haben Beamte passiven Widerstand angekündigt.

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Und wenn nicht?

Wenn sich das RN zum Beispiel mit 250 Sitzen begnügen muss, verpasst es die Regierungsmehrheit von 289 Sitzen. Gut möglich, dass Macron trotzdem Bardella zum Premier ernennen muss – denn das RN wird die Nationalversammlung auf jeden Fall dominieren. Mit 250 oder 280 Sitzen würde es dem RN aber schwer fallen, gerade die umstrittensten Anti-Migrations-Gesetze durchzubringen. Bardella hatte deshalb vor dem ersten Wahlgang erklärt, er würde das Premier-Amt nicht annehmen, wenn er im Parlament keine Mehrheit habe. Am Wahlabend schloss er aber die Möglichkeit nicht mehr aus – möglicherweise, weil er hinter den Kulissen mit weiteren Konservativen Absprachen eingegangen ist, die ihm zu einer Mehrheit in der Nationalversammlung verhelfen sollen.

Macron könnte allerdings auch versuchen, eine Mitte-Koalition von gemäßigten Republikanern, Macronisten und Sozialdemokraten zu bilden. Allerdings prüfte auch die linke „Volksfront“, die mit 28 Prozent der Stimmen ein gutes Resultat erzielt hat, ob sie nicht umgekehrt linke Macronisten in ihr Boot holen könnte, um eine „Gegenregierung“ zu Le Pen auf die Beine zu stellen. Sehr konkret sind diese Pläne aber bisher nicht gediehen.

Wie geht es jetzt weiter, Président Macron?

Emmanuel Macron ist der Verlierer des ersten Parlamentswahlgangs. Seine Partei „Renaissance“ und ihr Mitte-Verbund haben nur gut 20 Prozent Stimmen erzielt. Vor allem schrumpft ihre bereits magere Sitzzahl in der Nationalversammlung auf möglicherweise unter 100 Sitze – bei 577 Abgeordneten. In anderen Demokratien müsste ihr Parteichef oder Staatspräsident den Hut nehmen. In Frankreich, wo der Präsident qua Verfassung eine sehr starke Stellung hat, kann sich Macron bis auf weiteres im Elysée-Palast halten. Er hat durch seine Sprecher schon vor einer Woche verlauten lassen, ein Rücktritt käme für ihn nicht in Frage. Wie es scheint, hat er das Ausmaß seiner persönlichen Niederlage bis heute nicht erkannt: Als wäre nichts, hat er am Sonntagabend nach Bekanntwerden der Resultate einen feierlichen Appell an alle politischen Kräfte abgesehen vom RN erlassen, eine „demokratische und republikanische“ Front gegen die Lepenisten zu bilden. Dass er dem RN mit der unüberlegten Ansetzung von Neuwahlen selber der Macht näherbringt, blieb in dem Appell unerwähnt.

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Der 46-jährige Staatschef wird versuchen, sich gegenüber einer RN-Regierung als Hüter republikanischer Werte in Szene zu setzen und damit Sympathien zurückzugewinnen. Er kann sich zum Beispiel weigern, ein von der Nationalversammlung erlassenes Gesetz gegen Migranten zu unterschreiben, womit es nicht in Kraft treten kann. Ein institutioneller – und sehr politischer – Konflikt wäre die Folge. Nicht auszuschließen ist, dass er dank seines langjährigen Umgangs mit bereits drei Premierministern weiß, wie er eine RN-Regierung aus politischen Amateuren ins Leere laufen lassen könnte.

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Auf welche Folgen müssen sich Deutschland und Europa einstellen?

In Deutschland fürchtet Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Wahlergebnis, wie es weitergehen kann. „Wir arbeiten eng und vertrauensvoll mit Frankreich, unserem wichtigsten Partner in Europa, zusammen“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin. „Und so soll es nach unseren Vorstellungen auch bleiben.“ Weiter wollte Hebestreit das Wahlergebnis nicht kommentieren. Die Bundesregierung warte jetzt ab, was der zweite Wahldurchgang ergebe, sagte er. „Dann sind wir in einer Woche klüger“.

In Brüssel ist, wie die Zeitung „Le Parisien“ schreibt, den Eurokratinnen am Sonntagabend der „kalte Schweiß“ ausgebrochen. Frankreich war noch nie ein einfacher Kunde, und mit einer euroskeptischen RN-Regierung in Paris würde das Gründungsmitglied der EU nicht nur unberechenbar, sondern zu offener Feindschaft gegen Brüssel mutieren. Le Pen will nicht mehr wie früher aus der EU austreten oder die Eurozone verlassen. Hingegen plant sie, die Beitragszahlungen Frankreichs an das EU-Budget von sich zu senken. Das wäre ein casus belli. Sorgen macht man sich in Brüssel, weil die Staatschuld Frankreichs heute über 3000 Milliarden Euro beträgt, mehr als in jedem anderen EU-Land, wenn man in absoluten Zahlen rechnet. Noch vor den Wahlen hat Brüssel ein Defizitverfahren gegen Paris eröffnet. Le Pen und ihr Premier Bardella würden sich in Sachen Budgetdisziplin noch weniger an die EU-Vorgaben halten als Macron. Statt drei Prozent würden sie in diesem Jahr eher das Doppelte einfahren. Zwischen Paris und Brüssel sind knallharte Konflikte absehbar.

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