Supreme Court: Ein Geschenk für Donald Trump

Es ist kein Freibrief, aber bessere Wahlkampfhilfe kann sich Trump nicht wünschen: Das Oberste Gericht stärkt seine Immunität – gegen das Votum der liberalen Richter.

supreme court: ein geschenk für donald trump

Donald Trump am 6. Januar 2021 in Washington: Wenig später stürmen seine Anhänger das Kapitol.

Die Richter des Supreme Court hoben sich das wohl weitreichendste Urteil des Jahres bis kurz vor ihrer Sommerpause auf. Wer in den USA überhaupt noch Muße hat, über Politik zu diskutieren und sich nicht längst abgewendet hat, wird über dieses Urteil debattieren, wenn das Land am 4. Juli seine Unabhängigkeit und damit gemeinhin auch die Verfassung der USA feiert. Denn es wird nicht nur Einfluss auf die Strafverfahren gegen Donald Trump haben, sondern auch auf alle künftigen Präsidentschaften.

In der Frage, ob Trump als Präsident "absolute präsidentielle Immunität" vor Strafverfolgung genießt, gewährt der Oberste Gerichtshof dem Ex-Präsidenten zwar keinen Freibrief für alles. Aber eben doch für sehr vieles. Weshalb Trump das Urteil in seinem Präsidentschaftswahlkampf enorm helfen wird.

Und wieder einmal wurde die ideologische Linie deutlich, die sich durch die Richterbank zieht: Die sechs konservativen Richterinnen und Richter vertreten die Mehrheitsmeinung, die drei liberalen Richter widersprechen.

In Trump versus United States (hier als PDF) befinden die Richter, dass für Präsidenten zumindest für offizielle Amtshandlungen Immunität gilt. Dann schränken sie ein: Für privates Verhalten, schreibt Chief Justice John Roberts in seiner Mehrheitsmeinung, gilt diese Immunität nicht.

Im Kern bedeutet es, dass auch ein Donald Trump nicht mit allem davonkommen kann. "Der Präsident genießt keine Immunität für seine inoffiziellen Handlungen, und nicht alles, was der Präsident tut, ist offiziell. Der Präsident steht nicht über dem Gesetz", heißt es in dem Urteil.

Die Frage aber, was eine private und eine offizielle Handlung in den Fällen war, für die Trump vor Gericht gestellt werden soll, beantworten die Richter nicht explizit. Sie geben den Fall zurück an die untere Instanz.

Trump ist in Washington, D. C., im Zusammenhang mit seiner Rolle beim Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 wegen Verschwörung und versuchten Wahlbetrugs angeklagt. Dort muss nun die zuständige Richterin Tanya S. Chutkan entscheiden, welche Handlungen innerhalb dieser Anklagen in offizieller oder privater Funktion erfolgten. Sowohl sie als auch ein Berufungsgericht hatten Trumps Forderung nach "absoluter präsidentieller Immunität" abgelehnt, weshalb der Fall vor dem Obersten Gerichtshof gelandet war.

Dass die Richter vor Monaten überhaupt entschieden hatten, sich des Falles anzunehmen und ihn im April anhörten, war ein erster Rettungsanker für Trump gewesen bei seinem Versuchen, die Verfahren gegen ihn zu verschleppen.

Mit diesem Teilsieg kommt Trump seinem Ziel immerhin näher. Denn es scheint äußerst unwahrscheinlich, dass das Verfahren gegen ihn in Washington, D. C., noch vor der Präsidentschaftswahl am 5. November überhaupt beginnen wird. Auch die anderen Verfahren, die gegen Trump noch laufen, dürften von diesem Urteil tangiert werden. In Georgia ist Trump wegen versuchten Wahlbetrugs angeklagt. In Florida wird ihm die mutmaßlich gesetzeswidrige Aufbewahrung von Geheimdokumenten vorgeworfen.

Auf seiner Plattform Truth Social reagierte Trump nach dem Urteil, das ihm in der lästigen Frage der Strafverfahren so hilft, entsprechend euphorisch und gewohnt in Versalien: "EIN GROSSER SIEG FÜR UNSERE VERFASSUNG UND UNSERE DEMOKRATIE. STOLZ, EIN AMERIKANER ZU SEIN!"

Das Wahlkampfteam von Biden veröffentlichte eine Stellungnahme. "Das heutige Urteil ändert nichts an den Tatsachen … Donald Trump ist durchgedreht, nachdem er die Wahl 2020 verloren hatte, und ermutigte einen Mob, die Ergebnisse einer freien und fairen Wahl zu stürzen."

Wie befangen sind die Richter?

Trump hatte während seiner Präsidentschaft das Gericht personell entscheidend geprägt. Drei der derzeitigen sechs als konservativ geltenden Richter konnte Trump benennen. Das hat den ideologischen Schwerpunkt des Gerichts, das eigentlich als unabhängige dritte Instanz neben Präsidentenamt und Kongress agieren soll, weit nach rechts verschoben.

Zuletzt gab es außerdem Debatten um die Richter Clarence Thomas und Samuel Alito. Thomas' Frau Virginia war aktiv in dem Versuch involviert, den Wahlsieg von Biden 2020 zu kippen. "Biden und die Linke versuchen den größten Raub unserer Geschichte", schrieb Virginia Thomas etwa in einer SMS an Mark Meadows, den damaligen Stabschef von Trump. Vor den Häusern von Alito wurden Flaggen gesichtet, die unter Trumps Anhängern als Symbol für den vermeintlichen Wahlbetrug gelten. Beide Richter lehnten es ab, sich aus der Entscheidung bezüglich Trumps Immunität zurückzuziehen.

Michael Dorf, Juraprofessor an der Cornell University, sagte der New York Times nach einer Anhörung im April bereits, dass "der offensichtliche Mangel an Selbsterkenntnis einiger konservativer Richter verblüffend war".

Wie weit seine Immunität reicht, müssen nun andere Gerichte klären. Trumps Anwälte hatten bei der Anhörung im April argumentiert, dass alles, also auch der Sturm aufs Kapitol, Amtshandlungen waren. Die Staatsanwaltschaft hatte genau das Gegenteil argumentiert: dass der Versuch, die Wahl zu beeinflussen, nicht zu offiziellen Aufgaben des Präsidenten gehören.

Die Verfassung sagt nichts explizit über die Immunität von Präsidenten. Es ist ein Präzedenzfall. Was die Verfassung festlegt, ist, dass Staatsoberhäupter, die durch ein Amtsenthebungsverfahren ihres Amtes enthoben werden, weiterhin "haftbar sind und nach dem Gesetz angeklagt, verurteilt und bestraft werden können". Gegen Trump wurde zweimal ein Amtsenthebungsverfahren angestrengt, beide scheiterten.

supreme court: ein geschenk für donald trump

Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Racine im US-Bundesstaat Wisconsin im Juni 2024

Die Richter geben aber durchaus einen Hinweis darauf, was alles unter die Immunität offizieller Handlungen fallen könnte. Laut dem Urteil gilt die Immunitätsvermutung auch für Handlungen, die in den "äußeren Rahmen" der offiziellen Pflichten eines Präsidenten fallen.

Um es konkret zu machen, schreibt der Vorsitzende Richter Roberts zum Beispiel, dass er skeptisch sei, dass Trump für seine Rede vom 6. Januar 2021 oder seine Tweets an diesem Tag strafrechtlich verfolgt werden könnte. "Die meisten öffentlichen Mitteilungen eines Präsidenten fallen wahrscheinlich bequem in den äußeren Rahmen seiner offiziellen Verantwortung." Gleichzeitig lassen die Richter aber die Möglichkeit offen, dass Trump für seine Worte angeklagt werden könnte, wenn er sie als "Kandidat für ein Amt" abgegeben hat.

Trumps Fall stützt sich zum großen Teil auf ein Gerichtsurteil aus dem Jahr 1982, das Richard Nixon betraf. Damals urteilten die Richter, dass Präsidenten für Handlungen, die sie im Rahmen ihrer Pflichten vornehmen, immun gegen zivilrechtliche Haftung sind – also gegen Klagen von Privatpersonen. Mit dem jetzigen Urteil weiten die Richter diese Immunität in Teilen auch auf strafrechtliche Fragen aus.

Richter Roberts argumentiert, dass das allen Präsidenten einen gewissen Schutz geben könne. "Ein Präsident, der geneigt ist, aus Gründen des öffentlichen Interesses eine Maßnahme zu ergreifen, kann sich stattdessen für eine andere entscheiden, weil er befürchtet, dass er bei seinem Ausscheiden aus dem Amt strafrechtlich verfolgt werden könnte."

Die drei liberalen Richter sehen das anders. Richterin Ketanji Brown Jackson schrieb in ihrer abweichenden Meinung, dass die Entscheidung der Mehrheit "neues und gefährliches Terrain" betrete, indem sie Immunität dem mächtigsten Menschen der Regierung gewähre. Damit würde der seit Langem geltende Grundsatz der Nation, dass niemand über dem Gesetz stehe, verworfen werden. Die Frage, ob ein Präsident für Mord, Betrug oder jede andere mögliche Straftat Immunität genießt, würde nun "immer und unweigerlich lauten: Es kommt darauf an".

"Absurd und gefährlich"

Es könnte Trump, der in den vergangenen Monaten immer wieder darüber gesprochen hat, dass er an Feinden und politischen Gegnern Rache verüben werde, sollte er noch einmal Präsident werden, enormen juristischen Spielraum verschaffen. Sonia Sotomayor wurde in ihrer Gegenmeinung noch deutlicher und beschrieb ein solches Szenario. "Lasst den Präsidenten gegen das Gesetz verstoßen, lasst ihn die Vorzüge seines Amtes für persönlichen Gewinn ausnutzen, lasst ihn seine offizielle Macht für böse Zwecke einsetzen. .... Das ist die Botschaft der Mehrheit heute."

In einer Umfrage von ScotusPoll (hier als PDF), einem Wissenschaftsprojekt von drei Universitäten, darunter Harvard, waren vor dem Urteil 74 Prozent der Befragten der Meinung, dass Präsidenten keine Immunität bezüglich strafbarer Handlungen während ihrer Amtszeit haben sollten. Das deckt sich mit einer Politico-Umfrage vom März, in der 70 Prozent dieser Ansicht sind.

Das Urteil sei "absurd und gefährlich", schrieb Eric Holder, der unter Barack Obama Generalstaatsanwalt war, auf X. Der Oberste Gerichtshof lasse den Präsidenten künftig freie Hand, Verbrechen zu begehen, solange sie im Rahmen ihrer "verfassungsmäßigen Befugnisse" handelten.

Der Präsidentschaftshistoriker Tim Naftali sagte CNN, die Entscheidung würde es dem amerikanischen Volk sehr viel schwerer machen, sich vor einem korrupten Präsidenten zu schützen.

Nimmt der Supreme Court seine ihm von der Verfassung zugeschriebene Rolle noch wahr? Oder prägt das Gericht mit seinen ideologisch gefärbten Urteilen längst weit über die eigentlichen Parameter nicht nur Gesellschaft, sondern auch Politik des Landes?

Das jüngste Urteil ist ein weiteres Indiz dafür, dass auch durch die Parteien, die die politische Besetzung der Richterposten seit Jahrzehnten für sich nutzen, etwas ins Rutschen gekommen ist, was kaum noch aufzuhalten ist. Eine Reform des Gerichts, etwa die Amtszeit der auf Lebenszeit ernannten Richter zu begrenzen, ist unrealistisch. Solange die Republikaner ihre Macht am Supreme Court haben, haben sie keinerlei Interesse daran.

Traditionell unterschreiben die Richterinnen und Richter, die einem Urteil widersprechen, ihre Meinungen mit "respektvoll". Sonia Sotomayor konnte sich dazu an diesem Tag nicht hinreißen. Sie unterschrieb mit einem Satz, der allen, die um die Zukunft der US-amerikanischen Demokratie fürchten, große Sorgen machen sollte. "Aus Angst um unsere Demokratie widerspreche ich."

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