Wolodymyr Selenskyj kritisiert Joe Biden und Donald Trump
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj hat der amerikanischen Tageszeitung The Philadelphia Inquirer ein Interview gegeben. Darin drückt er seine Enttäuschung aus, dass die USA die Ukraine nicht sofort in die Nato aufnehmen wolle.
Er kommentierte auch die Entscheidung der USA, der Ukraine zu erlauben, russische Ziele auf russischem Territorium aus Verteidigungsgründen zu beschießen. Er bat darum, auch weiter entfernt liegende Ziele, wie etwa Flughäfen, angreifen zu können.
Wenn Präsident Joe Biden der Ukraine gestatten würde, US-Langstreckenraketen wie die kürzlich gelieferten ATACMS zu benutzen, um Flughäfen in Russland zu treffen, dann könnten Angriffe gegen die Ukraine verhindert werden, sagte Selenskyj dem Philadelphia Inquirer. Bislang wurde diese Erlaubnis jedoch nicht erteilt. Die selbst hergestellten ukrainischen Langstreckendrohnen greifen aktuell diese Flughäfen an, haben aber nicht die Durchschlagskraft von Raketen. Biden genehmigte kürzlich den Einsatz von US-Raketen mit kürzerer Reichweite jenseits der ukrainischen Grenze, wo sich russische Truppen sammelten, was die russische Offensive auf Charkiw stoppte. „Aber das löst unsere Probleme nicht“, sagte Selenskyj. „Es sind taktische, nicht strategische Manöver.“
Die Journalistin vom The Philadelphia Inquirer wollte von Selenskyj wissen, ob er daran glaubt, dass Joe Biden die Ukraine siegen sehen möchte. Selenskyj sagte, dass Joe Biden dies wolle, aber „Sieg“ müsse immer anders interpretiert werden. „Der Westen wollte Putin die Möglichkeit verwehren, die Ukraine vollständig zu besetzen und den Aggressor in seine Schranken zu weisen. Ich denke, für den Westen ist das bereits der Sieg“, sagte Selenskyj.
Dem ukrainischen Präsidenten reicht das aber nicht aus. Er wolle die ganze Ukraine zurückgewinnen, das sei er seinem Volk schuldig. Joe Biden hätte aber kein Interesse daran. Ein Sieg für Selenskyj sei außerdem, wenn die Ukraine in die EU und in die Nato aufgenommen werden würde. Es gehe um Sicherheitsinteressen und eine Garantie, dass Russland die Ukraine nicht noch einmal angreift.
Selenskyj befürchtet, dass der Westen – insbesondere die Vereinigten Staaten – noch immer nicht auf einen echten Sieg drängen würde. „Jeder hat immer noch Angst, dass Russland auseinanderbrechen könnte, jeder hat Angst davor, was mit Russland ohne Putin passieren wird und ob es so bleibt, wie es ist, oder noch schlimmer wird.“
Selenskyj kritisierte sowohl Joe Biden als auch Donald Trump in dem Interview. Trump würde einen Waffenstillstand bevorzugen und bei einem Sieg beide Präsidenten, Putin und Selenskyj, an einen Tisch setzen wollen. Ein Waffenstillstand würde aber nur Putin helfen. Er könnte so Kraft sammeln und einen neuen Angriff planen. Biden sei wiederum dafür verantwortlich, die Ukraine nicht schnell in die Nato aufnehmen zu wollen. Amerika hätte Angst vor Russland.
Der bevorstehende 75. Nato-Jubiläumsgipfel, der vom 9. bis 11. Juli in Washington stattfinden wird, wird der Ukraine voraussichtlich keinen klaren Weg zur Mitgliedschaft weisen, so der ukrainische Präsident.
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