AfD und BSW: Warum die Idee einer Brandmauer undemokratisch ist
Zahlreiche Menschen nehmen mit Plakaten an der Demonstration eines Bündnisses Wir sind die Brandmauer für Demokratie und gegen Rechtsextremismus teil.
Als „Brandmauern“ bezeichnen Politiker von Union, SPD, Grünen, der FPD und manche Linke ihre Festlegung, nicht mit bestimmten anderen erlaubten Parteien zu koalieren. Die häufigsten Opfer dieses Polit-Mobbings sind derzeit die Alternative für Deutschland (AfD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Das Bild der Brandmauer sagt: Jemand mit überlegener Übersicht über das gesellschaftliche Ganze, seine tragenden Mauern und einsturzgefährdeten Areale, ein Architekt eben, zieht eine spezielle Wand ein, um – ja, wozu eigentlich? Richtig, um Sie und mich vor dem Feuer zu schützen.
Schließlich hat eine Brandmauer nur dann einen Sinn, wenn es in der mit ihr abgeschotteten Gegend entweder bereits brennt oder die Entflammung akut droht. Es geht hier um nicht weniger als die Andeutung des körperlichen Flammentods in einem „Gebäude“, aus dem niemand entkommt, wenn es Feuer fängt: Die eigene Gesellschaft ist gemeint.
Im Sinne der Brandmauer-Rhetorik sind die als potenzielle „Brandstifter“ markierten Mitbürger Totschläger oder Mörder in spe: Totschläger, wenn man ihnen zugesteht, aus Unwissenheit oder Dummheit zu handeln; Mörder, wenn man ihnen kalkulierte Absicht bei der „Brandstiftung“ unterstellt.
Diese Rhetorik kommt immer von jemandem, der genau zu wissen meint, wer uns Sicherheit bringt (seine Regierung nämlich), was unser aller Existenz bedroht (eine Regierung der angeblichen Brandstifter nämlich) – und der sich zudem für den politisch-moralischen Erzieher seiner Mitbürger hält.
Die Botschaft lautet: „Die, die nicht regieren, aber es vielleicht bald könnten, sind böse, wir aber, die heute regieren und weiter regieren wollen, sind gut!“ Was hat es mit dieser ebenso simplen wie harten Demagogie auf sich? Woran bauen die Brandmauer-Architekten da eigentlich?
Das erschließt sich vom Begriff der Republik her. Die Politik einer Republik besteht in der gleichberechtigten Regelung öffentlicher Angelegenheiten – all der Fragen also, die alle auf einem Territorium lebenden Menschen als Kollektiv betreffen.
In Diktaturen aller Art entscheidet nur einer mit seinen Getreuen diese Fragen, alle anderen müssen sich bei Strafe fügen. In Oligarchien sprechen sich wenige ab und steuern korrumpierte Institutionen dann so, wie sie es für nötig halten. Diese und andere unfreie Staatsformen sind keine Republiken, denn es gibt dort keine gemeinsam durch alle Bürger zu gestaltende „öffentliche Sache“. Vielmehr machen wenige Bevorrechtigte (Privilegierte) die Politik.
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ (GG Artikel 20, Absatz 2) bedeutet aber, dass Deutschland eine demokratische Republik zu sein hat, in der es keine per se Privilegierten gibt. Allenfalls kann ein Bürger auf dem demokratischen Weg der Wahl auf Zeit ein Mandat mit bestimmten Vorrechten erhalten.
In jeder anderen Herrschaftsform gibt es Privilegierte, die das Öffentliche nach ihren privaten Interessen regeln. Und genau das wollen die Brandmauer-Architekten tun. Sie wollen die von ihnen gemobbten Parteien von der politischen Macht kategorisch ausschließen.
Damit erklären sie sich selbst zu Gegnern der Republik: Sie wollen eine geschlossene Gesinnungsgemeinschaft ihrer eigenen Anhänger an ihre Stelle setzen. Dieses Projekt widerspricht eklatant dem Demokratieprinzip: Die Wahlstimmen eines bedeutenden Teiles der Bevölkerung für erlaubte Parteien werden für nicht „regierungswürdig“, also für an sich illegitim erklärt. Wer die „Falschen“ wählt, ist demnach Bürger zweiter Klasse. Die Brandmauer-Bauer wollen augenscheinlich die demokratische Republik abschaffen und sich selbst dauerhaft die Macht sichern.
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