Schwerwasserreaktor im Iran data-portal-copyright=
Der Iran hat aus Sicht eines Experten mindestens eine Atombombe entwickelt. Zum Einsatz kann diese noch nicht kommen, doch das Atomprogramm des Regimes macht offenbar Fortschritte.
Der Iran treibt die Pläne für die Entwicklung einer Atombombe voran. Severin Pleyer von der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität sagt dem Handelsblatt: „Das nötige Wissen und das benötigte Uran sind da – und auch die Möglichkeit, das Material anzureichern.“
Die Entwicklungen im Nahen Osten verfolgt der Experte voller Sorge. Pleyer beschäftigt sich mit den Strategien und dem möglichen Einsatz von Nuklearwaffen. Der Iran dürfte weiter sein als allgemein angenommen, sagt Pleyer: „Wir müssen davon ausgehen, dass es eine iranische Bombe bereits gibt.“
Der Generalsekretär der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, hatte bereits im Dezember erklärt, dass der Iran Uran mit einer Reinheit von 60 Prozent habe und es auf 90 Prozent anreichern könnte. Das wäre für einen Einsatz in Nuklearwaffen nötig. Experte Pleyer glaubt, dass Teheran die Schwelle von 90 Prozent schon erreicht haben dürfte.
Über mindestens eine, womöglich sogar zehn Bomben könnte das Regime nun verfügen, sagt der Experte. „Die Frage ist allerdings: Wie sieht diese Bombe konkret aus?“ Derzeit nämlich dürfte diese zu groß sein, damit sie auf einer Rakete montiert abgefeuert werden könnte.
Das bedeutet: Der Iran kann einen atomaren Sprengsatz zur Zündung bringen, diesen aber nicht als Waffe gegen seine selbst erklärten Gegner einsetzen. „Sie haben definitiv keine Atomwaffen, um Israel anzugreifen“, sagt Pleyer.
Naher Osten: Der Iran attackiert erstmals israelisches Territorium
Mit dem Abschuss von Drohnen und ballistischen Raketen in der Nacht auf Sonntag hatte der Iran erstmals selbst israelisches Territorium direkt attackiert. Die Gefahr einer Ausbreitung des Konflikts im Nahen Osten ist damit gestiegen – mit hohen Risiken.
Israel ist in der Region militärisch zwar die stärkste Macht, allerdings verfügt Teheran über ein großes und umfangreiches Arsenal an Raketen. Laut früheren Angaben der US-Regierung haben die Militärs Zugriff auf rund 3000 ballistische Raketen.
Falls der Iran irgendwann in der Lage sein sollte, eine Atombombe einsetzen zu können, wäre Israel vorbereitet. Der Staat verfügt über eine gut funktionierende Luftabwehr, wie sich am vergangenen Wochenende gezeigt hat – den „Iron Dome“. Von den 300 herabfliegenden Drohnen und Raketen seien 99 Prozent abgeschossen worden, erklärten die israelischen Streitkräfte im Nachgang des Angriffs.
Die meisten wurden demnach abgewehrt, bevor sie den israelischen Luftraum erreicht hatten. Mit dem Luftabwehrsystem könnte Israel auch eine nuklearbestückte Rakete abfangen, wäre einem Angriff also nicht schutzlos ausgeliefert.
Atommacht Iran: Diese Sorge prägt den Nahen Osten seit Jahrzehnten
Trotzdem prägt die Sorge über eine iranische Atombombe schon seit Jahrzehnten die Sicherheitsdebatte in der Region. Das islamistische Regime im Iran hatte das atomare Entwicklungsprogramm zwischenzeitlich zurückgefahren und dafür vom Westen eine Lockerung der Sanktionen zugesagt bekommen.
Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte eine entsprechende Vereinbarung indes im Jahr 2018 aufgekündigt. Daraufhin nahm der Iran sein Programm wieder auf, wie die Internationale Atomenergiebehörde erklärte.
Mit der Anreicherung des Spaltmaterials auf 90 Prozent haben die iranischen Techniker einen entscheidenden Entwicklungssprung gemacht. Um die Bombe einsetzen zu können, müsse sie nun miniaturisiert, also verkleinert werden, damit sie an Raketen angebracht werden kann. „Wenn der Iran diese Schwelle nimmt, dann wird sich das Regime sicherlich öffentlich dazu bekennen“, sagt Pleyer von der Helmut-Schmidt-Universität dazu.
Wenn das passieren sollte, würde sich das Sicherheitsgefüge im Nahen Osten unwiederbringlich verändern. Israel ist zwar nach übereinstimmenden Angaben von Sicherheitsexperten Atommacht und verfügt nach deren Einschätzung über rund 200 Nuklearsprengköpfe, die Regierung hält sich allerdings zu dem Thema bedeckt. Solange die Existenz des Staats nicht bedroht ist, spielt die eigene Atomwaffe keine Rolle, lautet die Strategie.
Kriege wie nun gegen die Terrorgruppe Hamas in Gaza führt das Militär demnach konventionell. Da eine Atombombe vom Iran vor allem für einen Einsatz gegen Israel entwickelt wird, dürfte Jerusalem seine Strategie anpassen und sich offen als Atommacht zu erkennen geben.
Nach Einschätzung von Pleyer könnten sich dann andere Staaten unter Zugzwang gesetzt sehen. Mit seinen Terrorablegern Hisbollah, Hamas, Huthis und Islamischer Dschihad trägt der Iran schon jetzt zur Destabilisierung der Region bei.
Bedroht sieht sich davon auch Saudi-Arabien, das schon zuvor Ziel von iranischen Angriffen geworden war. „Wenn nun der Iran Atommacht wird, dann könnte die Regierung in Riad selbst ein Atomprogramm starten“, schätzt Experte Pleyer.
Mehr: Das Waffenarsenal des Irans – Israels größte Bedrohung
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