Wirtschaft: IWF korrigiert Russlands Wachstumsaussichten erneut nach oben
ARCHIV – Ein Mann zählt russische Rubel, aufgenommen am 10.06.2009 in Moskau. Russlands Wirtschaft s data-portal-copyright=
Russlands Wirtschaft soll laut IWF in diesem Jahr deutlich stärker wachsen als bislang gedacht. 2025 soll das Wachstum aber an Schwung verlieren. So erklärt sich diese Entwicklung.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat die Wachstumsprognose für Russland erneut nach oben korrigiert. Das geht aus dem Weltwirtschaftsausblick (World Economic Outlook, WEO) hervor, den die Institution an diesem Dienstag veröffentlichte.
Demnach soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr um 3,2 Prozent steigen, 2025 aber nur noch um 1,8 Prozent. Im vergangenen Weltwirtschaftsausblick, der im Oktober 2023 erschien, war der IWF noch von einem Plus von 1,1 Prozent für 2024 ausgegangen. In der Zwischenzeit hatte die Institution in anderen Publikation aber bereits höhere Werte angegeben, im Februar zuletzt ein Plus von 2,6 Prozent.
Das erwartete Wachstum für 2024 machen die IWF-Experten unter anderem am Ölpreis fest. „Russisches Öl, hauptsächlich nach China und Indien exportiert, lag seit der zweiten Hälfte des Jahres 2023 größtenteils über der Preisobergrenze der G7“, heißt es in dem Bericht.
Außerdem könnten eine weitere Eskalation in Nahost sowie verstärkte Angriffe auf die russische Ölinfrastruktur die Preise weiter in die Höhe treiben. Das russische Finanzministerium gab sich in diesem Punkt zuletzt optimistisch, man beobachte einen „stabilen positiven Trend“.
Alfred Kammer, IWF-Direktor für Europa, sagte dazu, die russische Wirtschaft habe noch im vergangenen Jahr von der Aufrechterhaltung des Ölexportvolumens und den gestiegenen Preisen profitiert. Zudem habe der Staat viele Investitionen getätigt, was „bis zu einem gewissen Grad die Investitionen in die Verteidigung“ widerspiegele.
Russlands Wachstum soll 2025 an Schwung verlieren
Tatsächlich führen Ökonomen den Anstieg des russischen BIP seit Beginn der vollumfänglichen Invasion in der Ukraine vor allem auf Investitionen in militärische Produktionsstätten zurück.
Dass das Wachstum 2025 allerdings an Schwung verlieren soll, liegt laut dem Bericht daran, dass die Effekte der hohen Investitionen und des robusten privaten Verbrauchs verblassen werden, unterstützt durch Lohnanstiege auf dem derzeit so angespannten Arbeitsmarkt.
Auch IWF-Europachef Kammer weist auf einen „sehr heißen Arbeitsmarkt“ hin. Die Realeinkommen stützten den Konsum, so Kammer, außerdem würden Staatsausgaben zu Russlands Wachstum beitragen. „Kurzfristig ist das ein Wachstumstreiber, längerfristig besteht eine viel größere Unsicherheit für das Wachstum in Russland“, so der Ökonom.
Die Weltbank warnt, wie andere Ökonomen auch, sogar offen vor einem Überhitzen der russischen Wirtschaft. Auch sie hatte ihre Prognose für Russlands Wirtschaftswachstum zuletzt von 1,3 Prozent auf 2,2 Prozent für 2024 angehoben.
Die Bank betonte in ihrem Bericht die damit verbundene Sorge vor einer lang anhaltenden Phase hoher Inflation im Land, da das Wachstum wie schon 2023 in großen Teilen dadurch bedingt sei, dass ein Anstieg der Staatsausgaben höhere Sozialausgaben, Löhne und Investitionen unterstütze – „insbesondere in Industrien mit Bezug zur Verteidigung“. Das wiederum kurbele die Wirtschaftsaktivität im Baugewerbe und im verarbeitenden Gewerbe an.
Einige Ökonomen, darunter beispielsweise Vasily Astrov vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche, formulierten jüngst sogar die Vermutung, dass Russlands Wirtschaftsentwicklung so massiv vom Weiterführen des Krieges gegen die Ukraine abhänge, dass eine militärische Deeskalation auch aus ökonomischen Gründen vermieden werden könne.
In Russland herrscht derzeit eine Arbeitslosigkeit von unter drei Prozent, da viele Männer in der Armee dienen oder aus Angst vor der Einberufung das Land verlassen haben. Der IWF geht davon aus, dass dieser Wert in den kommenden Jahren nicht maßgeblich ansteigen wird. Für 2026 macht der IWF-Bericht bislang keine Angaben.