AfD: Wieso Führungskräfte nicht schweigen dürfen

Was bringen Werte wie Diversity, Teamgeist und Nachhaltigkeit, wenn Sie an der Tür Ihres Unternehmens enden? Führungskräfte dürfen nicht schweigen, wenn es um Politik geht.

afd: wieso führungskräfte nicht schweigen dürfen

AfD: Wieso Führungskräfte nicht schweigen dürfen

Was würden Sie tun, wenn eine Mitarbeiterin in Ihrem Team andere beschimpft, bedroht und versucht, Kollegen aus einem Projekt zu drängen? Sie würden eingreifen, darauf würde ich sogar einen hohen Geldbetrag wetten. Denn egal, was Sie persönlich von so einem Auftreten halten – als Führungskraft können Sie es nicht durchgehen lassen. Es ist Ihr Job, den Rahmen zu setzen. Sie sind dafür verantwortlich, dass sich Mitarbeitende an Regeln halten, dass Konflikte besprochen werden und die Zusammenarbeit läuft.

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Wie sind wir eigentlich dem Irrglauben erlegen, dass Führungskräfte aus der Wirtschaft sich bei politischen Fragen besser raushalten sollen? Milton Friedmans Doktrin „The business of business is business“ wird meines Erachtens dahingehend vollkommen falsch interpretiert. (Ob sie jemals erstrebenswert war, müssen wir ein anderes Mal diskutieren.)

Persönlich halte ich es so: Welche demokratische Partei ich wähle, behalte ich für mich. Genauso wenig verlange ich von meinem Umfeld, dass es sich offenbart. Wenn Kolleginnen und Kollegen gegensätzliche Positionen vertreten, zum Beispiel während der Pandemie, betrachte ich es als Teil meiner Rolle, zu moderieren und im Sinne des Unternehmens und aller Teammitglieder eine vernünftige und sichere Lösung zu finden.

Die AfD ist in meinen Augen ein anderer Fall. Die Partei mag sich mit ihren Parteiprogrammen und Positionspapieren ein Tarnmäntelchen überziehen – damit hat sie es lange geschafft, zu Talkshows eingeladen zu werden und Diskurse zu verschieben. Doch spätestens die Recherchen von Correctiv über den Plan von Rechtsextremen und AfD-Politikern, Millionen Menschen zu vertreiben, haben überdeutlich gemacht, dass die Partei längst jenseits der Verfassung steht. (Dazu hat meine Kollegin Melanie Amann, stellvertretende Chefredakteurin des SPIEGEL, einen klugen Kommentar geschrieben.)

Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke bedrohen unsere Demokratie und unser Grundgesetz – und damit den Rahmen, den wir alle uns gegeben haben und auf dem unsere Bundesrepublik gebaut wurde. Wir alle tragen deshalb Verantwortung, diesen Rahmen zu schützen – auch und insbesondere als Führungskräfte. Denn was bringen Werte wie Diversity, Teamgeist und Respekt, wenn Sie an der Tür Ihres Unternehmens enden? Wollen wir unseren Kolleginnen und Kollegen ernsthaft signalisieren: „Meine Verantwortung endet an dieser Türschwelle!“?

Wir müssen nichts Neues sagen

Auch ich habe lange gezögert, in sozialen Netzwerken und hier über Politik zu schreiben. Schließlich beschäftige ich mich als Journalistin vor allem mit Führung, Strategie und Management. Der Rahmen, in dem wir alle uns bewegen, erschien mir zu selbstverständlich. Ich ließ mich von Unsicherheit abhalten. Könnte ich der Debatte etwas Geistreiches oder Neues hinzufügen? Was soll man eigentlich zu etwas sagen, zu dem eigentlich schon alles gesagt wurde? (Mit diesem Satz begann Michel Friedman im vergangenen Herbst eine sehr hörenswerte Rede.)

In diesen Tagen ist mir bewusst geworden: Es geht nicht um etwas Neues. Faschismus, Rassismus und spaltendes populistisches Gedankengut sind nicht neu. Aber wir müssen erneut – und immer wieder – für unsere Werte kämpfen. Wir müssen zusammenrücken, Stellung beziehen und für eine vielfältige, offene Gesellschaft einstehen. Weil wir mit unserem Schweigen den Angriff dulden würden. Sie würden es ja auch in Ihrem Büro nicht durchgehen lassen, wenn eine Mitarbeiterin einen Kollegen rassistisch beleidigt.

Es ist nicht zu spät. Aber es ist höchste Zeit.

­Herzliche Grüße

Antonia Götsch

Chefredakteurin Harvard Business manager

PS: Schreiben Sie mir, was Sie gerade umtreibt. Sind Sie unsicher, wie Sie am besten Haltung zeigen? Gibt es unterschiedliche Meinungen im Unternehmen dazu? Oder haben Sie Ideen, die Sie mit mir teilen können? Wir bereiten gerade einige Beiträge vor, und ich wäre dankbar für Ihre Rückmeldung.

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