„Putin ist der intelligenteste Gentleman“

„putin ist der intelligenteste gentleman“

Der russische Präsident Wladimir Putin (links) und Ex-Außenministerin Karin Kneissl (rechts) pflegen allem Anschein nach eine sehr wohlwollende Beziehung.

Das Schicksal der ehemaligen Außenministerin Karin Kneissl sorgt nicht nur in unseren Breiten immer wieder für Aufsehen. Nun gewährte die 58-Jährige wieder Einblicke in ihr „neues Leben“ – und fühlt sich anscheinend in Russland freier als in ihrer alten Heimat.

„Ich sitze in einem Sankt Petersburger Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert. Auf dem Boden neben meinem Stuhl liegt Winston Churchill. Er schläft tief und fest … Und schnarcht“. Was sich anhört, wie ein skurriler Ausschnitt aus einem Roman, ist wirklich passiert. Es ist der Beginn eines von der britischen Nachrichtenagentur BBC veröffentlichten Interviews mit unserer Ex-Außenministerin. Den stolzen Namen des ehemaligen britischen Staatsmannes trägt niemand geringerer als ihr geliebter Boxer. Der Hund hatte sie gemeinsam mit einer Katze und Ponys bei dem Umzug in den hohen Norden begleitet. „Vielleicht ist es gut, wenn du ihn von Zeit zu Zeit weckst“, erklärte die ehemalige Spitzendiplomatin dem Journalisten.

„Wir hatten einmal einen kleinen diplomatischen Zwischenfall, weil er so schnarcht“, wird Kneissl zitiert. „Ich hatte ein Telefongespräch mit meinem deutschen Kollegen. [Der ehemalige deutsche Außenminister Heiko, Anm.] Maas war auf Lautsprecher und Winston Churchill schnarchte. Wir mussten ihn wecken, um Berlin nicht zu irritieren. Sonst hätten sie womöglich gedacht, dass Wien einschläft, wenn Berlin anruft“, scherzte die heutige Wahlrussin.

So einfach war der BBC-Journalist allerdings nicht von dem majestätisch anmutenden Ambiente zu beeindrucken. Frech fragte er nach, ob nicht die Gefahr bestehe, dass sie mit ihrer äußerst umstrittenen Übersiedlung nach Russland ein Zeichen setze – nämlich, dass sie den blutigen Angriffskrieg auf die Ukraine und die politische Unterdrückung in ihrem neuen Heimatland rechtfertige. Die ehemalige Außenministerin will davon allerdings nichts wissen: „Bisher habe ich keine Repressionen in meinem unmittelbaren Umfeld erlebt.“ Vielmehr könne sie hier in einer akademischen Freiheit arbeiten, die sie in Europa sehr vermisst habe, als sie noch an verschiedenen Universitäten tätig gewesen sei.

Dankbar, in Russland arbeiten zu könnenErst vor wenigen Tagen war in Sankt Petersburg eine junge Frau – Sascha Skotschilenko – zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Sie hatte in einem Supermarkt auf Waren angebrachte Preise mit eigenen Anti-Kriegs-Pickerln überklebt. Es ist nur ein Fall in der gewaltigen Welle von Repressionen, die derzeit das Land erfasst. Davon wollte Kneissl allerdings nichts wissen. „Was habe ich bitte damit zu tun?“, fragte sie den Journalisten demnach. Sie wolle lieber die Dinge auf eine andere Weise betrachten: Warum habe man ihr verboten, zu arbeiten? Wo sei ihr Verbrechen? Sie sei sehr dankbar, dass sie in Russland wieder einer Beschäftigung nachgehen könne.

Kneissl hatte sich in der Vergangenheit immer wieder als „politischen Flüchtling“ bezeichnet und Österreich eine Hexenjagd auf ihre Person vorgeworfen. Aufgrund ständiger Morddrohungen und einem faktischen Arbeitsverbot sei sie gezwungen gewesen, ihrer Heimat den Rücken zu kehren. Sie übersiedelte zunächst nach Frankreich, dann in den Libanon und schließlich nach Russland. Dort leitet sie heute den Thinktank „Gorki-Zentrum“.

Der berühmte Hochzeitstanz mit PutinWährend des Gesprächs konnte es sich der BBC-Journalist nicht verkneifen, sie zu ihrem Hochzeitstanz mit Putin zu befragen. „Das ist so langweilig“, meinte sie demnach dazu. „Das ist alles schon fast sechs Jahre her. Damals war ich als Außenministerin im Amt und habe mit Präsident Putin getanzt.“ Sie habe jedoch auch viele andere Dinge in ihrem Leben gemacht. Als nachgehakt wurde, ob sie bereue, den Kreml-Herrn zu ihrer Feier eingeladen zu haben, wiederholte sie nur: „Es ist langweilig. Und der Hund ist gerade eingeschlafen und schnarcht, weil er das Thema schon kennt.“

Deutlich zugänglicher gab sich die Ex-Politikerin, als sie auf die massenhaft vom Westen gegen Russland verhängten Sanktionen angesprochen wurde. Denn Kneissl zufolge merken mittlerweile viele, dass die Strafmaßnahmen nicht die gewünschten Ergebnisse gebracht hätten. Ein Dorn im Auge ist ihr auch die Art und Weise, wie sich die Führungsspitze in der EU in den vergangenen 18 Monaten verhalten hat. Es sei nicht richtig, einen Regimewechsel in Russland zu fordern. „Wie soll Russland mit Leuten verhandeln, die seine Zerstörung herbeiführen wollen?“, kritisierte die Ex-Diplomatin.

Putins Gesicht schmückt ihr Zimmer

Das Prunk-Zimmer, in dem das Gespräch stattfand, ist mit Fotos geschmückt. Es gibt auch ein Bild, das Kneissl mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zeigt. Besonders sticht jedoch ein Foto mit Putin hervor. Der BBC-Journalist fragte, was für ein Mensch der russische Staatschef sei. Dabei zeigte sich die heute 58-Jährige äußerst offen: „Er ist der intelligenteste Gentleman … Mit dem Fokus auf Gentleman – und ich habe bisher nur wenige getroffen.“

Der BBC-Journalist wollte die Worte nicht unkommentiert lassen und verwies auf die schweren Repressalien in Russland sowie den brutalen Überfall auf die Ukraine: „Es ist schwer, dies als Aktionen eines Gentlemans einzustufen.“ Es gebe aber noch viele andere Politiker, die in Militäraktivitäten verwickelt seien, meinte die Ex-Diplomatin dazu. Wie etwa der frühere britische Premierminister Tony Blair oder der heutige Außenminister David Cameron.

Wird es eine Rückkehr nach Österreich geben?Kneissl baut sich also tatsächlich ein neues Leben in Russland auf. Ob sie jemals in die Alpenrepublik zurückkehren wird? „In Österreich gibt es einige Stimmen, die den Entzug meiner Staatsbürgerschaft fordern, weil ich jetzt an einer Universität in Russland arbeite“, schilderte sie gegenüber dem britischen Fernsehen. Dem Vernehmen nach werden ihr Korruption, Hochverrat und eine 30-jährige Tätigkeit für den russischen Geheimdienst KGB vorgeworfen. „Dieser ganze Schmutz und diese Diffamierung haben mein Leben zerstört“, schilderte sie. Damit sie nach Wien zurückkehre, müsste vieles geklärt und ihr Name wieder reingewaschen werden. Es gebe Leute, die ihr unterstellen würden, ein russischer Spion zu sein. Nachvollziehen kann die Ex-Ministerin das nicht. „Nein, nicht einmal im Geringsten … Es ist nur eine schmutzige Fantasie“, wies Kneissl die Vorwürfe zurück.

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