Wenn bei Habeck die Schlagfertigkeit versagt
Kleinlauter Minister: Robert Habeck (rechts) mit Matthias Lapp.
Der Baugrund, der den sonst so schlagfertigen Wirtschaftsminister Robert Habeck aus der Fassung bringt, liegt in Ludwigsburg neben der Autobahn 81. Ein Bagger und eine Planierraupe stehen am Dienstag in der gleißenden Sonne. Die Erdarbeiten neben der Logistikhalle des Stuttgarter Kabelspezialisten Lapp ruhen an diesem Vormittag. Grund ist der feierliche Spatenstich für die Erweiterung des Logistikzentrums, die für das Unternehmen so wichtig ist. Unternehmer Matthias Lapp hat dem Tag entgegen gefiebert und mehr als drei Jahre darauf gewartet, dass die Bagger baggern.
Die schwerfälligen Behörden und die ausbleibenden Genehmigungen haben Lapp Nerven gekostet. „Wegen der Rahmenbedingungen wird dieses Projekt das vorerst letzte Projekt von uns in Deutschland sein. Da sind wir uns in der Familie einig“, fasste Lapp im Februar seinen Ärger im Gespräch mit der F.A.Z. zusammen. Mit genau diesem Ärger wandte sich der 41-Jährige vor wenigen Tagen auf der Hannover Messe an Habeck, als der am Stand des Stuttgarter Traditionsunternehmens vorbeischaute.
Mehr als drei Jahre Warten auf Genehmigungen
Nach einer kurzen herzlichen Begrüßung ließ sich der Grünen-Politiker versichern, dass die Energiewende in Deutschland nicht an fehlenden Kabeln scheitern werde. Er zeigte sich erleichtert. Bevor Habeck aber mit seinem Tross weiterziehen konnte, ergriff der Enkel des Unternehmensgründers die Gelegenheit und machte seinem Ärger über die Zustände im Lande Luft. Die Politik müsse unbedingt die Rahmenbedingungen in der EU und in Deutschland nachschärfen, sagte Lapp. Wie so viele Unternehmer in diesen Tagen wies er auf die lähmende Bürokratie hin. In der kommenden Woche begehe man in Ludwigsburg den Spatenstich für ein Logistikzentrum – dreinhalb Jahre nach Planungsbeginn. Gleichzeitig habe man ein ähnliches Gebäude in den USA in Angriff genommen. „Dort liefern wir seit einem halben Jahr aus“, sagte Lapp.
Dem Raunen der Menge versuchte Habeck mit einer flapsigen Bemerkung über den endlosen Bau des Bahnhofs Stuttgart 21 zu begegnen. Aber niemand lachte wirklich. Also schaltete der Berufspolitiker in den Verständnismodus um. „Sie haben recht“, sagte er, „wir brauchen eine gedankliche Umkehr.“
Für Lapp ist das Logistikzentrum die größte Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte mit einem Volumen im zweistelligen Millionenbereich. „Man hat als Unternehmer das Gefühl, dass in anderen Ländern einen stärkere Willkommenskultur herrscht“, sagte der Lapp-Chef anlässlich des Spatenstichs. „Auch in Deutschland stoßen neue Investitionen auf Interesse, doch dann kommt das große Aber und es folgenden Regularien und viel Bürokratie.“ Etwa die Hälfte der globalen Lapp-Kunden erhalten in Zukunft Ware aus Ludwigsburg. Der Neubau wird ähnlich organisiert wie das Logistikzentrum in Brownsburg nahe der amerikanischen Stadt Indianapolis, das schon seit Herbst 2023 Kabel zuschneidet und an Kunden schickt.