Eben noch Kaiser, jetzt Transfrau

eben noch kaiser, jetzt transfrau

Eine Münze trägt das Porträt von Elagabal

Wenn der Abgang droht, wird das Ego noch einmal groß. Nicht nur bei manchen Theaterleitern, die kurz vor ihrem Ende ein letztes Mal ihre Monomanie unter Beweis stellen – siehe das absurde Gebahren des scheidenden Wiesbadener Intendanten (F.A.Z. vom 15. November) –, sondern auch bei andersartigen Machthabern.

Als der römische Kaiser Elagabal ahnte, dass seine Herrschaft enden könnte, versuchte er einen Mordanschlag auf seinen designierten Nachfolger und veranstaltete Feste für das Volk. Es nutzte ihm nichts mehr – er, dessen Eltern aus Syrien stammten und der zum Schrecken der traditionalistischen Oberschicht Roms beschnitten war, hatte die Unterstützung des Militärs und seiner Prätorianergarde verloren. Am 1. März des Jahres 222 n. Chr. zerrten ihn Legionäre aus einer Latrine, ermordeten ihn und warfen seinen geschändeten Leichnam in den Tiber. Die Nachwelt hatte für den jugendlichen Kaiser nur Abscheu übrig.

Als Prostituierte verkleidet

Zu den Negativdarstellungen seines Lebensstils gehörten Berichte über sein ausschweifendes Sexualleben. Der Kaiser soll sich als weibliche Prostituierte verkleidet und Sex mit Männern gehabt haben. Die Vorliebe Elagabals für Kleidung aus Seide wird ebenfalls als weiblicher Zug gedeutet. Das Darstellungsziel der Chronisten ist durchsichtig: Dem Kaiser sollte jegliche Männlichkeit und damit auch virtus abgesprochen werden. Zeitgenössische Quellen behaupten außerdem, Elagabal habe von seinen Ärzten gefordert, ihm eine Gebärmutter einzusetzen und eine Geschlechtsumwandlung vorzunehmen. Die römische Oberschicht reagierte nach seinem Tod mit einer damnatio memoriae, also mit der entehrenden Auslöschung des Namens in öffentlichen Monumenten.

Respektvoll und sensibel

Jetzt, rund 1800 Jahre nach seinem Tod, erfährt Elagabal eine späte Rehabilitierung. Wie das britische North Hertfordshire Museum mitteilen ließ, wolle man den verfemten Kaiser fortan als Transfrau einordnen und zu seiner Bezeichnung nur noch weibliche Pronomen verwenden. Denn man wolle „respektvoll und sensibel sein, wenn es darum gehe, Menschen zu identifizieren“, so ein Sprecher des Museums. Anders als Stefan George, der den Jungkaiser 1892 in seinem Gedichtband „Algabal“ zu einem weltabgewandt-unmoralischen Ästheten stilisiert hatte, geht es heutigen verschworenen Kreisen um die Eingemeindung ins genderfluide Fortschrittslager.

Elagabals überlieferter Ausruf: „Nenne mich nicht Herr, denn ich bin eine Dame!“ reicht dafür als Zutrittsberechtigung aus. Was Elagabal unter einer Dame verstand und vor allem, wie er sie behandelt wissen wollte, möchten wir lieber nicht wissen.

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